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Neuntes Kapitel. Robinson entdeckt Spuren von Menschen.-5
日期:2020-12-31 12:47  点击:215

Achtzehn Jahre lebte ich nun schon auf meiner Insel, und noch hatte ich nicht mehr als einen einzigen Fußabdruck im Sande und die Reste einer Blutmahlzeit angetroffen. Ich durfte daher wohl annehmen, daß die Besuche der Wilden auf dem Eilande sehr selten stattfanden und daß ich auch in der Folgezeit unentdeckt bleiben würde. Mein kleines Boot schaffte ich auf die östliche Spitze der Insel in eine durch Felsen geschützte Bucht, wohin die Fremden wegen der widrigen Strömung nicht gelangen konnten. Inzwischen war mein Vorrat an Kohlen zu Ende gegangen, und ich mußte darauf bedacht sein, denselben wieder zu erneuern. Deshalb wanderte ich in jenes Felsenthal, wo meine Ziegenherden untergebracht waren und wo ich in einer Höhle am Fuße eines Berges einen passenden Platz für meine Kohlenbrennerei gewählt hatte. Während ich in der Nähe eines Felsens Äste abhieb, gewahrte ich hinter einem dichten Gebüsch eine dunkle Höhlung in der Bergwand, die sich ziemlich tief in den Berg verlief. Schon hatte ich mir durch das Gestrüpp einen Weg gebahnt, um meine Neugierde zu befriedigen, da funkelten mich gleich flammenden Sternen zwei große mächtige Augen an. Hierdurch vollständig in Verwirrung gesetzt, rang ich längere Zeit nach Fassung; endlich fing ich an, mich über meine Furcht zu schämen. Als ich wieder vor der Felswand stand, nannte ich mich einen Feigling, indem ich mir sagte, daß ein Mensch, der seit fast 20 Jahren allein auf einem öden Eiland gelebt, doch mehr Besonnenheit haben sollte, um nicht vor jedem außergewöhnlichen Anblick wie ein furchtsames Kind zu erzittern. Ich faßte also frischen Mut, nahm einen Feuerbrand und trat in die Grotte ein. Kaum hatte ich jedoch drei bis vier Schritte gethan, als ich erschrocken zurückfuhr, so daß auf meiner Stirn Schweiß stand. – Meine Haare sträubten sich empor, denn aus dem Innern der Höhle klang es wie das Seufzen eines leidenden Menschen, dann folgten ein Stöhnen und tiefes Seufzen.

Ich sammelte alle meine Kräfte und ermutigte mich durch den Gedanken, daß Gott allgegenwärtig sei und mich überall beschützen könne. Noch einmal trat ich mit dem Feuerbrand in die Höhle zurück, und nun erst gewahrte ich, daß es nichts weiter war, als ein großer, alter Ziegenbock, der hier im Sterben lag. Vergebens bemühte ich mich, ihn aufzurütteln, er sank immer wieder in seine vorige Lage zurück. Ich ließ ihn also liegen und sah mir die Höhle etwas genauer an. Sie war ziemlich groß und hoch und offenbar nicht durch Menschenhand, sondern von der Natur selbst gebildet. Im Hintergrunde entdeckte ich eine Öffnung, die noch tiefer in die Erde ging, indes so niedrig war, daß man nur auf Händen und Füßen hineinkriechen konnte. Für heute begnügte ich mich aber mit den gemachten Beobachtungen, brannte meine Kohlen, melkte die Ziegen und kehrte nach meiner Wohnung zurück.

Am andern Tage kam ich mit sechs großen Lichtern an demselben Orte an. Ich muß hier erwähnen, daß ich schon seit mehreren Jahren ganz leidlich Lichter aus Bocksfett herstellte, zu deren Dochten ich teils alte Lumpen oder Tauenden, teils die getrockneten Stengel einer Nesselpflanze verwandte. Der alte Bock hatte sich während meiner Abwesenheit bis an die Öffnung der Höhle geschleppt, wo er auch liegen blieb. Ich schaffte das schwere Tier beiseite und begrub es sogleich. Dann zündete ich zwei Lichter an und trat in die Höhle. Als ich an die enge Öffnung im Hintergrunde kam, duckte ich mich nieder und kroch ungefähr drei Meter weit auf den Händen fort; da erweiterte sich die Öffnung, und meine Augen wurden durch ein prachtvolles Schauspiel gefesselt. Ich befand mich nämlich in einer herrlichen Wölbung, an deren Wänden sich der Strahl der Lichter in tausendfachem Schimmer brach. Waren es Diamanten oder vielleicht Goldkörner, die sich an die Felsenwände kristallisiert hatten? Ich konnte es nicht entscheiden. Der Boden war trocken und eben, mit äußerst feinem Kies bedeckt, und nirgends eine Spur von Feuchtigkeit, schädlichen Ausdünstungen oder widerwärtigen Tieren. Als einzigen Übelstand fand ich die Beschwerlichkeit des Eingangs und die dichte Finsternis. Dennoch freute ich mich über meine Entdeckung, da die Grotte eine sichere Zufluchtsstätte zu bieten versprach; ich beschloß also gleich, diejenigen Gegenstände, die mir am wertvollsten schienen, ohne Zögern hierher zu schaffen.

Vor allem brachte ich meinen Vorrat an Pulver samt meinen beiden Jagdflinten und drei Musketen nach der Grotte. Bei dieser Gelegenheit öffnete ich auch mein letztes Pulverfäßchen, das ich aus der See aufs Trockene gerettet hatte, und bemerkte, daß das Meerwasser ein Stück eingedrungen, das Pulver soweit zu einer harten Schale zusammengebacken, der Rest aber vollständig gut erhalten war. Alles das schaffte ich in die Grotte und behielt für meinen gewöhnlichen Bedarf nur wenig zurück. Auch das Blei, welches ich noch besaß, um daraus Kugeln zu gießen, barg ich nebst andern wertvollen Dingen an diesem von der Natur so geschützten Orte. Ich gewann nun die Überzeugung, daß, wenn mich die Kannibalen auf der Insel auszuspähen versuchten, sie mich hier kaum finden würden; jedenfalls glaubte ich nun vor Angriffen sicher zu sein. Ich kam mir jetzt vor wie einer der Riesen aus der Vorzeit, welche in Höhlen und Felsenklüften lebten, in denen sie unnahbare Zufluchtsstätten fanden.

  

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