Obgleich ich nicht weniger als zwei Jahre mit meinen Schiffszimmerarbeiten zugebracht hatte, so entsprach doch die Größe der Barke nicht dem Zwecke, welchen ich bei Erbauung der ersteren verfolgte, nämlich dem, mit derselben das gegenüberliegende Festland zu erreichen, welches nach meiner Schätzung wohl vierzig englische Meilen entfernt lag. Dennoch empfand ich eine nicht zu beschreibende Freude, als ich mein selbsterbautes Fahrzeug so sicher und leicht auf den Wellen dahingleiten sah, und wenn ich auch auf den Wunsch verzichten mußte, jenes ferne Küstenland zu erreichen, so schien mir mein Boot doch hinlänglich fest, um in demselben eine Rundreise um mein Eiland unternehmen zu können. Zu diesem Zwecke pflanzte ich einen kleinen Mast auf meinen Ruderkahn und brachte ein Segel zustande, das ich aus mehreren Stück Leinwand zusammenschneiderte. Ebenso sorgte ich an beiden Seiten für Kästchen und sonstige Behältnisse, um darin Lebensmittel, Pulver und Blei aufzubewahren und so gegen den Regen und den Gischt des Meeres gesichert zu sein. Im Innern des Bootes machte ich der ganzen Länge nach eine Höhlung, legte meine Flinte hinein und nagelte zum Schutze gegen die Nässe Leinwand darüber. Außerdem befestigte ich noch meinen Schirm am Hinterteile der Barke, zum Schutze gegen die brennenden Sonnenstrahlen, setzte ein Steuerruder sowie einen Anker in Bereitschaft und versuchte mich zunächst in kleinen Lustfahrten in der Nähe meiner Besitzung.
Nachdem ich die Tauglichkeit meines Bootes durch solche Ausflüge auf dem Wasser erprobt hatte, konnte ich doch der Begierde, den ganzen Umfang meines kleinen Königreichs kennen zu lernen, nicht länger widerstehen. Ich brachte in mein Kanoe eine hinlängliche Menge Proviant, nämlich zwei Dutzend Brote oder vielmehr Gerstenkuchen, einen Topf mit Reis, eine Ziegenhälfte und ein Fläschchen Rum; auch nahm ich Pulver und Blei mit, sowie zwei Überröcke, die mir in kühlen Nächten teils als Matratzen, teils als Decke dienen sollten.
So ausgerüstet begab ich mich am 6. November des sechsten Jahres meines Insellebens an Bord und stach in See. Indessen sollte diese Seefahrt eine andre Wendung nehmen, als ich gedacht hatte. Nachdem ich eine Strecke hinausgefahren und an die östliche Küste gelangt war, bemerkte ich eine Kette von Felsen, die meilenweit ins Meer hinausragten und von denen einige Klippen über, andre unter der Wasserfläche vorschoben. Am Ende des Riffs breitete sich noch eine Sandbank von einer halben Stunde in derselben Richtung aus, so daß ich einen großen Umweg zu machen hatte, wenn ich die Spitze umsegeln wollte.
Diese Entdeckung kam mir sehr ungelegen, und da mir die Fahrt denn doch etwas gefährlich schien, steuerte ich in meine Bucht zurück und legte meine Barke vor Anker. Hierauf griff ich zur Flinte, stieg ans Land und erklomm einen Hügel, von wo ich das ganze Felsenriff überschauen konnte.
Ich bemerkte eine heftige Strömung, die in der Richtung nach Osten ganz nahe an der äußersten Spitze der Sandbank hinlief. Dieser Umstand konnte für mich sehr gefährlich werden; denn wenn mich der Strom packte und mit sich fortriß, so mußte ich der Insel vielleicht auf immer lebewohl sagen. Von der Südseite ließ sich ein ähnlicher Strom in der Richtung nach Ost-Nordost wahrnehmen, jedoch in einer größeren Entfernung vom Ufer. Dann sah ich eine ziemlich genau angedeutete Sandbank, die gegen die Küste verlief. Diesen Beobachtungen zufolge mußte ich meinen Kurs so nahe an der ersten Sandbank halten, als es ohne Gefahr, zu stranden, irgend anging.
Ein steifer Wind aus Ost-Südost sauste gerade dem nordöstlichsten Strom entgegen und drängte das Wasser in heftiger Brandung an das Riff und die Spitze der Landzunge. Deshalb konnte ich mich nicht auf das Meer wagen. Wegen der Brandung war es doch zu gefährlich, mich nahe am Lande zu halten, und die Strömung legte mir anderseits die Notwendigkeit auf, mich nicht weit vom Lande zu entfernen. Aus diesem Grunde blieb ich ruhig in meiner Bucht zwei Tage vor Anker liegen.