Nun trat ich in das dritte Jahr meines Insellebens. In meine täglichen Beschäftigungen hatte ich eine gewisse Regelmäßigkeit gebracht. Zunächst verwandte ich auf die Erfüllung meiner religiösen Pflichten, insbesondere auf das Lesen in der Bibel täglich eine bestimmte Zeit; dann jagte ich, wenn das Wetter schön war, ungefähr drei Stunden des Morgens. Kam ich nach Hause zurück, so hatte ich die mitgebrachten Lebensmittel wohl aufzubewahren oder zuzubereiten. Die Hitze während der mittleren Tageszeit gestattete keinen Ausflug, und ich überließ mich dann gewöhnlich der Ruhe. Manchmal arbeitete ich auch des Morgens und ging des Abends auf die Jagd.
Ende November war herangekommen, und ich konnte bereits meiner Gersten- und Reisernte entgegensehen. Aber wie groß war mein Schrecken, als ich bei einer Besichtigung meines kleinen Ackerfeldes gewahr wurde, daß die Ziegen alle jungen saftigen Halme abgefressen hatten. Es galt nun, schleunigst weiteren Verwüstungen vorzubeugen. Ich umgab mein Zelt mit einer dichten Umzäunung, worüber ich nahe an drei Wochen zubrachte. Ferner schoß ich auf die Tiere, welche sich am Tage heranwagten, und ließ während der Nacht meinen Hund Wache halten, so daß sich endlich die abgeschreckten Eindringlinge fern hielten.
Gleichwie die behaarten Vierfüßler sich zu den kräftig emporsprossenden Halmen hingezogen fühlten, hatten es die gefiederten Zweifüßler auf die Körner abgesehen. Als ich eines Tages nach dem Stande meiner Feldfrüchte sah, wimmelte die ganze Umgebung von zahlreichen verschiedenartigen Vögeln. Ich schoß unter den dicksten Haufen, und sofort erhob sich mit wirrem Schreien mitten aus dem Kornfeld eine wahre Wolke von Vögeln, die ich vorher gar nicht bemerkt hatte.
Meine Ernteaussichten schienen nach solchen Betrachtungen trostloser Natur zu sein; doch durfte ich um keinen Preis den Rest meines Getreides der Vernichtung überlassen.
Während ich nun neben meinem Felde stand und die Flinte von neuem lud, saßen die durch meinen ersten Schuß aufgescheuchten Vögel auf den nächsten Bäumen und schienen nur auf meine Entfernung zu harren. Als ich mich etwas entfernte, fielen die gefräßigen Tiere von neuem über die Körner her. Ihre für mich so verderbliche Eilfertigkeit versetzte mich derart in einen unverständigen Zorn, daß ich nicht einmal wartete, bis alle herangekommen sein würden, sondern sogleich unter die ersten schoß, wodurch drei der kleinen Räuber getötet wurden. Dann vollführte ich an ihnen eine Art Strafgericht; gleichwie man anderwärts die Diebe aufhängt, so hing ich auch die Vögel auf, damit sie ihren lüsternen Genossen als warnendes Beispiel dienten.
Die Wirkung war auffallend: keines der Tiere wagte sich mehr auf mein Feld, ja sie verließen sogar allesamt jenen Teil der Insel, auf dem es ihnen nicht mehr geheuer zu sein schien. Nach diesem Säuberungszug hatte ich die Freude, gegen das Ende des Dezember, zur Zeit der zweiten Reife, mein Korn einernten zu können. Ich sammelte die abgemähten Ähren in einen großen Korb und körnte sie einzeln mit den Händen aus. Das Liter Samen hatte mir nach oberflächlicher Schätzung zwei Scheffel Reis sowie einen halben Scheffel Gerste eingetragen, und ich beschloß, den ganzen Ertrag an Körnern für die nächste Aussaat aufzubewahren. Inzwischen versuchte ich, zur passenden Umgrabung des Ackerbodens mir einen Spaten zu fertigen, was mich eine ganze Woche Zeit kostete. Ein besonderes Meisterwerk war mir mit diesem Spaten allerdings nicht gelungen, denn er wurde mir vermöge seiner Schwerfälligkeit oft recht unbequem; indes empfand ich doch ein Gefühl der Befriedigung darüber, daß sich meine Einrichtungen abermals um einen Schritt weiter vervollkommnet hatten. Die Getreidekörner wurden auf den geräumigen Feldern ganz nahe an meiner Wohnung in die Erde gebracht, wobei ich für den Reis die feuchteste Stelle aussuchte, da, wie ich bemerkt hatte, derselbe nur auf nassem Boden eine einträgliche Ernte versprach.
Ich umzäunte die Felder mit einem starken Gehege und durfte nun hoffen, am Ende des Jahres eine grüne und schattige Hecke zu haben, welche nur hier und da einmal ausgeputzt zu werden brauchte.
Während der inzwischen eingetretenen Regenzeit hielt ich mich meist im Innern meiner Hütte auf und beschäftigte mich mit mancherlei häuslichen Verrichtungen. Empfand ich hin und wieder das Bedürfnis, mich von meinen anstrengenden Arbeiten zu erholen, dann unterhielt ich mich mit meinem munteren Hausgenossen, dem Papagei, und lehrte diesen sprechen; bald konnte das gelehrige Tier seinen Namen nachplappern und wiederholte mit deutlicher Stimme: »Poll! Poll!« Das war der erste artikulierte, wie von einer Menschenstimme kommende Laut, den ich auf dem Eilande in meiner Einsamkeit, fern von allen menschlichen Wesen, vernahm.