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Viertes Kapitel. Rettung nach dem Schiffbruch.-3
日期:2020-12-29 11:00  点击:217

Nun gab es alle Hände voll zu thun, um mittels der Segel und etlicher Pfähle ein Zelt zu errichten, und alles, was etwa durch die Witterung Schaden leiden könnte, unter Dach und Fach zu bringen. Ich stellte leere Fässer, Kisten und Tonnen um das Zelt und umgab mich mit einem Wall, so daß ich mich vor einem ersten Angriff oder Überfall von Menschen oder Tieren gesichert glauben durfte. Auch verschloß ich den Eingang mit Brettern, breitete eine der Matratzen auf den Boden, legte zwei Pistolen an das Kopfende, eine geladene Flinte längs der Seite des Lagers und schlief zum erstenmal wieder in behaglicher Weise ungestört bis zum Morgen.

Am dritten Tage begab ich mich wiederum an Bord des Wracks. Diesmal nahm ich alle Taue, Stricke und Schnüre mit, die noch aufzufinden waren, ebenso ein großes Stück Zeug zum Ausbessern der beschädigten Segel sowie das Faß mit dem naß gewordenen Pulver. Natürlich ließ ich auch die Segel nicht zurück, die mir später trefflich zu statten kamen. Die größte Freude verursachte es mir jedoch, als ich eine große Tonne mit Brot, drei Fässer voll Rum, eine Kiste Zucker und eine Tonne mit feinem Mehl entdeckte. Auch diesmal brachte ich meine Ladung unversehrt ans Land.

So unternahm ich regelmäßig meine täglichen Ausfahrten und hatte in zwölf Fahrten alles von dem gestrandeten Schiffe geborgen, was ich auf meinem kleinen Floß fortbringen konnte. Als ich mich zum letztenmal auf dem Schiffe befand, entdeckte ich noch in der Schublade eines kleinen Tisches einige Rasiermesser, über ein Dutzend Tischmesser, Gabeln und Löffel, sowie europäische und brasilische Gold- und Silbermünzen im Werte von 40 Pfund Sterling (800 Mark). Ich konnte mich bei dem Funde eines spöttischen Lächelns nicht erwehren. »Was soll mir doch«, dachte ich zunächst, »dieses glänzende metall nützen? Ein einziges Messer ist mir nützlicher als all das Gold und Silber! Lohnt es sich wohl der Mühe, es nur vom Boden aufzuheben? Ich brauche es nicht; mag es bleiben!« Aber schon nach wenigen Augenblicken besann ich mich eines andern, wickelte das Geld in ein Stück Leinwand und machte mich dann an die Errichtung des Floßes.

Während ich mit dieser Arbeit beschäftigt war, erhob sich ein starker Wind vom Lande her, und den Himmel überzogen schwere, dunkle Wolken. Ich sah wohl ein, daß keine Zeit zu verlieren war, daher sprang ich ins Wasser und erreichte schwimmend glücklich das Ufer. Immer heftiger blies der Wind und immer hohler gingen die Wogen der See; ich aber saß wohlgeborgen in meinem kleinen Zelte – jetzt noch ein Krösus unter meinen Reichtümern. Die ganze Nacht hindurch hatte der Sturm mit solcher Heftigkeit getobt, daß am Morgen von dem gestrandeten Schiffe nichts mehr zu erblicken war. Nur bei tiefstem Wasserstande konnte man dürftige Trümmer des Wracks aus den Fluten emporragen sehen. Zunächst war ich nicht wenig bestürzt; dann aber schlug ich mir das ganze Schiff aus dem Sinne, indem ich mich damit tröstete, die wertvollste Habe, selbst die Tiere, die ich noch lebend gefunden, in mein neues Standquartier gerettet zu haben.

Darüber konnte ich freilich nicht im Zweifel sein, daß meine Wohnung nur den ersten Anforderungen genüge, denn sie befand sich in der Nähe der Küste auf feuchtem Boden. Aber was sollte ich nun zum Aufenthalt wählen? Ein Zelt oder eine Höhle? – Vielleicht beides! Ich begab mich wiederum auf Entdeckungsreisen und gelangte an einen Hügel, dessen eine Seite eine hohe senkrechte Felsenwand bildete. Diese erschien mir geeignet, Schutz vor feindlichen Menschen und Tieren sowie vor glühenden Sonnenstrahlen zu gewähren. Außerdem bot sich mir von dieser Stelle auch die Aussicht auf das weite Meer, so daß ich jedes vorbeisegelnde Schiff erblicken konnte. Am Fuße der Felswand bemerkte ich eine Vertiefung, die jedoch keine eigentliche Höhle genannt werden konnte. Ihr unmittelbar gegenüber wählte ich meine Wohnstätte auf dem oberen Teile der Fläche. Diese Ebene war ansehnlich breit und dehnte sich noch einmal so lang wie ein grüner Rasenteppich vor meinem Zelte aus. Da sie auf der Nordwestseite des Hügels lag und den kühlenden Winden freien Zutritt gestattete, so sah ich mich auch vor der glühenden Hitze des tropischen Himmels geschützt.

Ehe ich mein Zelt aufschlug, beschrieb ich vor der Höhlung einen Halbkreis, der etwa 9 Meter vom Felsen aus enthielt. In diesen Halbkreis rammte ich, je 16 Zentimeter voneinander, zwei Reihen Pfähle so fest in die Erde ein, daß sie wie Säulen standen; sie ragten anderthalb Meter über den Boden empor und waren oben zugespitzt. Hierauf legte ich die Tauenden, die ich auf dem Schiffe abgeschnitten hatte, zwischen diese beiden Palissadenreihen auf der Spitze übereinander und stemmte von der Seite andre Pfähle dagegen, so daß weder Menschen noch Tiere diesen Zaun zu durchbrechen vermochten.

Der Eingang bestand nicht in einer Thür, sondern ich mußte mit Hilfe einer Leiter darüber klettern. In diese Zaunfestung nun brachte ich mit unendlicher Anstrengung alle meine Reichtümer und errichtete dann ein geräumiges Zelt, das ich doppelt fertigte, indem ich über die untere Zeltdecke noch eine obere spannte. Diese letztere bedeckte ich wiederum mit beteerter Leinwand, welche ich unter dem Segelwerk des Wracks gefunden hatte. Statt auf niederer Erde zu schlafen, wie in meinem ersten Quartier, streckte ich mich jetzt behaglich in derselben Hängematte, in welcher sich früher der Kapitän gewiegt hatte.

Meine nächste Arbeit galt nun der Aufgabe, den Felsen weiter auszuhöhlen, um dort alle jene Lebensmittel und sonstigen Gegenstände unterzubringen, die ich gegen Nässe schützen mußte. Diese Beschäftigung nahm mich mehrere Tage in Anspruch; doch ehe noch alles zustande gekommen war, trat ein Ereignis ein, das mich zu großer Vorsicht mahnte.

Eines Tages stand ein schreckliches Gewitter am Himmel, und der Regen ergoß sich in Strömen auf den Erdboden. Da fuhr plötzlich ein blendender Blitz hernieder und erhellte die Landschaft auf einige Sekunden mit blaurotem Licht. »Mein Pulver, mein Pulver!« dachte ich. Mein Herz pochte mit gewaltigen Schlägen; dann ließ ich alle andern Arbeiten im Stich und beschäftigte mich damit, meinen Pulvervorrat in kleine Pakete zu teilen und in Kistchen und Beuteln wohl zu verwahren. So hatte ich 240 Pfund in etwa hundert verschiedene Päckchen gesondert und jedes derselben vorsichtig so weit von dem andern entfernt gestellt, daß, wenn sich auch unglücklicherweise eines derselben entzündete, doch die übrigen nicht zugleich in die Luft fliegen konnten. 

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