Es ist mir, als sähe ich ihn vor mir, den Prinzen von Homburg. Er ist in das Kostüm seiner Zeit gesteckt worden, und nun bildet er sich etwas ein auf die Farben, die er trägt, ein scheinbar so eitler Fritze ist er. Übrigens ist er ein Talent, er kann reden, und das ist wiederum etwas, worauf er sich etwas einbildet. Er hat hohe, glänzend gewichste Stiefel an den gespreizten Beinen und, Donnerwetter, ritterliche Handschuhe an den Händen, das hat nicht jeder, ein einfacher Bourgeois zum Beispiel kann das nicht haben. Auf dem Kopf hat er eine Perücke, sein Schnurrbart ist fabelhaft geringelt, das allein bürgt für den künstlerischen Erfolg. Er braucht jetzt nur noch ärgerlich mit seinem Soldatenbein auf den Boden zu stampfen, um alle übelwollenden Kritiken wegzufegen, er tut's, und von diesem Augenblick an ist dieser Herr Prinz von Homburg ein gottbegnadeter Künstler. Übrigens hat er seine Rolle auswendig gelernt, reiner Überfluß, sich die Stellen gemerkt, wo sein ganzes prinzlich homburgisches Wesen zum Durchbruch kommen soll, absoluter Mangel an Kunstunbewußtheit. Er braucht nichts zu können, ja, es ist sogar gut, wenn er nichts kann, der echte Schauspieler ist nicht fürs Lernen, denn er hat's von der Geburt her. Das ist es ja, was diesen hohen Beruf von den übrigen Erdenberufen rühmlich unterscheidet: Man stiefelt einfach in Stiefeln hervor, rasselt mit dem Degen, macht eine Geste und heimst Beifall ein. Das sind keine so einfachen Menschen, die sagen können:
Nun denn auf deiner Kugel, Ungeheures –
So etwas kann ein Arzt, ein Techniker, ein Journalist, ein Buchbinder oder ein Bergebesteiger nicht sagen, hat ja auch, Gott soll mich strafen, keine Veranlassung dazu. Prinz von Homburgs Augen rollen schrecklich, er spricht die Verse mehr mit seinem Augenrollen als mit seinen Lippen. Übrigens spricht er die Verse schlecht, das beweist, daß er ein guter Mensch ist, daß er Seele, Frau und Kind hat, Charakter hat, und es beweist auch, ja, jetzt merke ich es endlich, daß er tief, tief über seine Rolle nachgedacht hat. Dieser Prinz von Homburg ist von einer bezaubernden Naturburschenhaftigkeit, wenn es gilt, zu sagen:
Pah, eines Schuftes Fassung, keines Prinzen.
Ich denk' mir eine andre Wendung aus.
Diese Worte brüllt er womöglich. Und jetzt gewärtigt er Beifall, aber über den Bürger, dessen Beifall er will, fühlt er sich adlig erhaben. Nun, er ist von Adel, er besitzt Güter am Rhein:
Da will ich bauen, will ich niederreißen.
Du liebe Zeit, er geht eben ganz in der Rolle auf. Talent hat der Schuster gehabt, der ihm die Kanonenstiefel angemessen hat, nicht er, das heißt, ja, Talent schon, aber alles das geht ja den einfach geborenen Bürger nichts an.