Bester, nahm ein anderer, wie mir's in meinem Korbe schien, sehr ernsthafter Mann, das Wort, was nennen Sie gemeines Vieh? — Es gibt gar kein gemeines Vieh. Oft in stille Selbstbetrachtung versunken, empfinde ich den tiefsten Respekt vor Eseln und andern nützlichen Tieren. Ich begreife nicht, warum einer angenehmen Hausbestie von glücklichen, natürlichen Anlagen nicht sollte das Lesen und Schreiben beigebracht werden, ja warum sich ein solches Tierlein nicht sollte erheben können zum Gelehrten und Dichter? — Ist denn das so etwas Beispielloses? — An Tausend und Eine Nacht, als der besten, historischen Quelle voll pragmatischer Authentizität, mag ich gar nicht denken, sondern Sie, mein allerliebster! nur an den gestiefelten Kater erinnern, einen Kater, der voll Edelmut, durchdringendem Verstand war, und tiefer Wissenschaft.
Vor Freude über dieses Lob eines Katers, der, wie mir eine deutliche Stimme im Innern sagte, mein würdiger Ahnherr sein mußte, konnt' ich mich nicht enthalten, zwei-, dreimal ziemlich stark zu niesen. — Der Redner hielt inne, und alle schauten sich ganz verschüchtert um nach meinem Korbe.
Contentement mon cher, rief endlich der ernsthafte Mann, der eben gesprochen, und fuhr dann weiter fort: Irre ich nicht, so erwähnten Sie, teurer Ästhetiker, vorhin eines Pudels Ponto, der Ihnen des Katers dichterisches und wissenschaftliches Treiben ver131raten. Dies bringt mich denn auf Cervantes höchst vorzüglichen Berganza, von dessen neuesten Schicksalen in einem gewissen neuen höchst abenteuerlichen Buche Nachricht gegeben wird. Auch dieser Hund gibt ein entscheidendes Beispiel über das Naturell und über die Bildungsfähigkeit der Tiere.
Aber, nahm der andere das Wort, mein teurer, liebster Freund, welche Beispiele führen Sie denn da an? Von dem Hunde Berganza spricht ja Cervantes, der bekanntlich ein Romanschreiber war, und die Geschichte vom gestiefelten Kater ist ja ein Kindermärchen, welches Herr Tieck freilich mit solcher Lebendigkeit uns vor Augen gebracht hat, daß man beinahe die Torheit begehen könnte, wirklich daran zu glauben. Also zwei Dichter allegieren Sie, als wären es ernste Naturhistoriker und Psychologen, nun sind aber Dichter nichts weniger als das, sondern ausgemachte Phantasten, die lauter eingebildetes Zeug ausbrüten und vorbringen. Sagen Sie, wie mag denn aber ein verständiger Mann, wie Sie sich auf Dichter berufen, um das zu bewahrheiten, was wider Sinn und Verstand läuft? Lothario ist Professor der Ästhetik, und es ist billig, daß er als solcher bisweilen etwas weniges über die Schnur haue, aber Sie —
Halt, sprach der Ernste, mein Liebster, ereifern Sie sich nicht. Bedenken Sie fein, daß wenn vom Wunderbaren, Unglaublichen die Rede, man füglich Dichter allegieren darf, denn simple Historiker verstehen den Teufel was davon. Ja, wenn das Wunderbare in Schick und Form gebracht, und als reine Wissenschaft vorgetragen werden soll, wird der Beweis irgendeines Erfahrungssatzes am besten aus berühmten Dichtern entnommen, auf deren Wort man bauen darf. Ich führe Ihnen, und damit werden Sie, selbst ein gelehrter Arzt, zufrieden sein — ja! sage ich, ich führe Ihnen das Beispiel eines berühmten Arztes an, der in seiner wissenschaftlichen Darstellung des animalischen Magnetismus um unsern Rapport mit dem Weltgeiste, um das Dasein eines wunderbaren Ahnungsvermögens unleugbar ins Licht zu stellen, sich auf Schiller und dessen Wallenstein bezieht, welcher sagt: „Es gibt im Menschenleben Augenblicke und dergleichen Stimmen gibts — es ist kein Zweifel“ — und wie es denn weiter heißt. Sie können das Weitere selbst nachlesen, in der Tragödie. — Ho ho! erwiderte der Doktor, Sie springen ab — Sie geraten in den Magnetismus, und sind imstande, zuletzt zu behaupten, daß, nächst allen Wundern, die dem Magnetiseur zu Gebote stehen, er auch den Schulmeister für empfängliche Kater abgeben könnte. —
132Nun, sprach der Ernste, wer weiß, wie der Magnetismus auf Tiere wirkt. Kater, die schon das elektrische Fluidum in sich tragen, wie Sie sich gleich überzeugen können —