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37 Stockholm-2
日期:2020-09-16 13:43  点击:283
Wieder sah Klement den Kleinen erwartungsvoll an und hoffte auf das verabredete Zeichen; das Kerlchen aber rührte sich nicht.
 
[330]
 
„Ja, dann muß ich dich eben doch dem Direktor von Skansen zeigen, es bleibt nichts andres übrig,“ sagte Klement. „Du wirst dann in eine Glasflasche gesteckt, und alle Leute aus der großen Stadt Stockholm kommen hierher und gucken dich an.“
 
Dieser Ausspruch schien dem Kleinen Schrecken einzujagen; denn kaum hatte Klement ihn getan, als der Kleine mit dem Kopfe nickte.
 
„So ists recht!“ sagte Klement. Er zog sein Messer heraus, durchschnitt dem Kerlchen die Fessel an den Händen und ging dann hastig zur Tür hinaus.
 
Vor allem andern löste der Junge jetzt die Schnur von seinen Füßen und zog sich den Knebel aus dem Mund. Als er sich dann aber nach Klement Larsson umsah, um ihm zu danken, war dieser schon verschwunden.
 
Klement war noch nicht weiter als nur eben zur Tür hinausgekommen, als er einem schönen alten Herrn begegnete, der nach einem nahegelegenen, herrlichen Aussichtspunkt unterwegs zu sein schien. Klement konnte sich nicht erinnern, den vornehmen alten Herrn schon einmal gesehen zu haben; dieser aber hatte Klement wohl schon öfters bemerkt, wenn er seine Volkweisen spielte, denn er blieb stehen und redete ihn an.
 
„Guten Tag, Klement,“ sagte er. „Wie geht es dir? Du wirst doch nicht krank sein? Du kommst mir seit einiger Zeit etwas abgemagert vor.“
 
Der Herr hatte etwas so unbeschreiblich Leutseliges in seinem Wesen, daß sich Klement ein Herz faßte und ihm erzählte, wie sehr ihn das Heimweh plage.
 
„Wie? Hier in Stockholm hast du Heimweh? Das ist doch wohl nicht möglich!“ sagte der vornehme alte Herr und sah dabei fast ein wenig gekränkt aus. Aber dann fiel ihm ein, daß er ja einen alten Bauern aus Hälsingeland vor sich hatte, und der frühere freundliche Ausdruck trat wieder in sein Gesicht.
 
„Du hast gewiß noch nie gehört, wie Stockholm eigentlich entstanden ist, Klement? Sonst wüßtest du ganz genau, daß du dir das Heimweh nur einbildest. Komm, begleite mich zu der Bank dort drüben, dann will ich dir ein wenig von Stockholm erzählen.“
 
Nachdem der vornehme alte Herr sich auf der Bank niedergelassen hatte, ließ er seinen Blick zuerst einige Augenblicke auf Stockholm ruhen, das sich in seiner ganzen Pracht vor ihm ausbreitete, und er atmete tief auf, wie wenn er die ganze Schönheit der Gegend in sich aufnehmen wollte. Dann wendete er sich an den Spielmann.
 
„Siehst du, Klement,“ begann er und zeichnete, während er sprach, in den Sandweg vor sich eine kleine Landkarte. „Dies hier ist Uppland, und hier gegen Süden schiebt sich eine von vielen Buchten zerrissene Landzunge herein. Und hier schließt sich Sörmland an mit einer zweiten von ebensovielen Buchten zerschnittenen Landzunge, die direkt nach Norden läuft. Und hier von Westen her kommt ein See mit vielen Inseln. Dies ist der Mälar. Und hier von Osten fließt ein andres Wasser herbei, das vor lauter Inseln und Schären kaum vorwärts kommen kann. Das ist die Ostsee. Hier aber, Klement, [331] hier, wo Uppland mit Sörmland und der Mälar mit der Ostsee zusammentreffen, fließt ein kleiner Fluß, der heißt der Norrstrom, und mitten drin im Norrstrom liegen drei kleine Holme.
 
Ursprünglich waren diese Holme nichts weiter als gewöhnliche Inseln mit ein paar Bäumen darauf, die seit undenklichen Zeiten ganz unbewohnt dalagen, wie es heutigentages noch viele hier im Mälar gibt. Sie hatten ganz zweifellos eine recht gute Lage, da sie gerade in der Mitte von zwei Seen und zwei Landschaften lagen, aber das fiel niemand auf. Ein Jahr ums andre verging, die Menschen siedelten sich sowohl an den Mälarufern als draußen auf den Schären an, aber die drei Holme mitten im Norrstrom bekamen keine Bewohner. Nur selten einmal legte ein Seefahrer dort an und schlug sein Nachtlager auf; aber niemand ließ sich dauernd da nieder.
 
Eines Tages nun hatte ein Fischer, der auf der Lidinginsel draußen am Meere wohnte, sein Boot in den Mälar hereingesteuert, und fing da eine solche Menge Fische, daß er ganz vergaß, zu rechter Zeit sein Boot wieder heimwärts zu lenken. Er war nicht weiter gekommen als bis zu den drei Holmen, als auch schon die Nacht hereinbrach. Da dachte der Fischer, er täte gewiß am besten, hier an Land zu gehen und zu warten, bis der Mond aufgegangen wäre, denn der Mond war im Zunehmen.
 
Es war im Spätherbst und noch wunderschönes Wetter, obwohl die Abende schon recht dunkel zu sein pflegten. Der Fischer zog also sein Boot an Land, legte sich daneben, bettete seinen Kopf auf einen Stein und versank bald in einen tiefen Schlaf. Als er erwachte, war der Mond schon hoch am Himmel; er stand gerade über dem Fischer und leuchtete gar prächtig mit fast tageshellem Schein.
 
Der Mann sprang auf und wollte eben sein Boot ins Wasser schieben, als er draußen auf dem Norrstrom viele dunkle Punkte sah, die sich hin und her bewegten. Eine große Schar Seehunde schwamm eilig auf den Holm zu, und als der Fischer merkte, daß die Seehunde ans Land kriechen wollten, bückte er sich nach seinem Spieß, den er im Boot liegen hatte. Doch als er sich wieder aufrichtete, sah er keine Seehunde mehr; anstatt der Seehunde standen wunderschöne junge Mädchen am Strande, in grünen, langnachschleppenden, seidenen Gewändern, jede mit einer Perlenkrone auf dem Kopfe. Da wußte der Fischer, wen er vor sich hatte, nämlich die Meerweibchen, die auf den öden Schären weit draußen im Meere wohnten. Sie hatten ihre Seehundgewänder nur übergeworfen, um ans Land zu schwimmen, wo sie sich im Mondschein auf den grünen Holmen zu ergötzen gedachten.
 
Ganz leise legte der Fischer seinen Speer wieder hin, und als die Meerweibchen tiefer in die Insel hineingingen, um zu spielen, schlich er ihnen nach und betrachtete sie. Er hatte gehört, die Meermädchen seien wunderbar schön, wer sie sehe, werde von ihrer Schönheit ganz bezaubert; und er mußte wirklich zugeben, daß nicht zu viel von ihnen behauptet worden war.
 
Nachdem die Meerweibchen eine Weile unter den Bäumen getanzt hatten, [332] ging der Fischer ans Ufer hinunter, nahm eines von den Seehundfellen, die noch dalagen, und versteckte es unter einem Stein. Dann ging er nach seinem Boot zurück, legte sich neben ihm nieder und stellte sich schlafend.
 
Nach kurzer Zeit sah er die Meermädchen an den Strand zurückkehren und ihre Seehundhüllen wieder überwerfen. Im Anfang herrschte eitel Lachen und Scherzen unter ihnen; aber bald verwandelte sich die Freude in lautes Jammern und Klagen, weil eine von ihnen ihr Seehundgewand nicht mehr finden konnte. Alle liefen am Ufer hin und her und halfen ihr suchen, aber kein Seehundfell war zu finden. Während sie noch eifrig suchten, sahen sie, daß sich der Himmel im Osten lichtete und der Tag graute. Da schienen sie nicht länger bleiben zu können, und alle schwammen davon, ausgenommen die eine, die ohne Seehundfell war. Sie blieb am Strand sitzen und weinte bitterlich.
 
Dem Fischer tat das arme Meerweibchen herzlich leid; aber er zwang sich, ganz ruhig liegen zu bleiben, bis es heller Tag war. Da stand er auf, schob sein Boot ins Wasser, und erst als er schon das Ruder aufgehoben hatte, tat er, als ob er sie ganz zufälligerweise wahrnähme.
 
‚Wer bist denn du?‘ rief er. ‚Bist du eine Schiffbrüchige?‘
 
Sie stürzte auf ihn zu und fragte ihn, ob er nicht ihr Seehundfell gesehen habe; aber der Fischer tat, als verstehe er nicht einmal, was sie meinte. Da setzte sie sich wieder nieder und fing aufs neue zu weinen an. Aber jetzt schlug er ihr vor, zu ihm ins Boot zu steigen.
 
‚Komm mit mir in meine Hütte,‘ sagte er, ‚meine Mutter wird sich deiner annehmen. Du kannst doch nicht hier auf dem Holm bleiben, wo du weder ein Bett findest, noch etwas zu essen bekommst.‘ Und er sprach ihr gar freundlich zu, bis sie sich überreden ließ und zu ihm ins Boot stieg.
 
Der Fischer und seine Mutter waren alle beide außerordentlich gut gegen das arme Meerweibchen, und es schien sich auch ganz wohl bei ihnen zu befinden. Mit jedem Tag wurde es fröhlicher, half der Alten bei der Arbeit und war ganz wie ein andres Mädchen, nur viel schöner als alle andern aus der Umgegend. Eines Tages fragte sie der Fischer, ob sie seine Frau werden wolle; da hatte sie gar nichts dagegen und sagte sogleich ja.
 
Nun richtete man die Hochzeit her, und als sich die Jungfrau zur Hochzeit schmücken sollte, zog sie das grünseidene Schleppkleid an und setzte die schimmernde Perlenkrone auf, die sie damals getragen hatte, als der Fischer sie zum ersten Male sah. In jenen Zeiten aber gab es weder eine Kirche noch einen Geistlichen auf den Schären; die Hochzeitsleute setzten sich in ein Boot, fuhren in den Mälar hinein und ließen sich in der ersten Kirche, an die sie kamen, trauen.
 
Der Fischer hatte seine Braut und seine Mutter im Boot, und er steuerte sein Boot so gut, daß es allen andern vorauskam. Als sie jenen Holm sehen konnten, wo er seine Braut gewonnen hatte, die nun glücklich und geschmückt neben ihm im Boot saß, mußte er unwillkürlich lächeln.
 
‚Warum lachst du?‘ fragte die Braut.

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