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22 Die Geschichte von Karr und Graufell-Der große Krieg gegen die Nonnen
日期:2020-09-10 10:44  点击:298
Im nächsten Frühling ging Karr eines Morgens im Walde spazieren. „Karr, Karr!“ ertönte eine Stimme hinter ihm. Der Hund wendete sich um; er hatte richtig gehört. Ein alter Fuchs stand vor seinem Bau, der hatte ihn angerufen.
 
„Sag mir, ob die Menschen etwas mit dem Walde vorhaben?“ fragte der Fuchs.
 
„Ja, du kannst dich darauf verlassen,“ antwortete Karr. „Sie arbeiten, was das Zeug hält.“
 
„Sie haben mir mein ganzes Geschlecht umgebracht, und jetzt werden sie mich auch totschlagen,“ sagte der Fuchs. „Aber es sei ihnen verziehen, wenn sie nur den Wald retten.“
 
In diesem Jahre streifte Karr nie im Walde umher, ohne daß er gefragt wurde, ob die Menschen den Wald retten könnten. Es war nicht leicht für Karr, darauf zu antworten, denn die Menschen wußten selbst nicht, ob es ihnen gelingen würde, über die Nonnen Herr zu werden.
 
Wenn man bedenkt, wie gefürchtet und berüchtigt der alte Kolmården gewesen war, so war es ein merkwürdiger Anblick, daß jetzt jeden Tag über hundert Männer in den Wald gingen und aus Leibeskräften arbeiteten, ihn vor dem Verderben zu retten. Die am meisten verheerten Strecken wurden geschlagen, das Unterholz gelichtet und die niedrigsten Zweige der großen Bäume abgehauen, damit die Raupen nicht so leicht von Baum zu Baum kriechen könnten. Um [194] den verheerten Wald herum hieben die Männer breite Wege aus und umhegten ihn mit Leimstangen; dadurch hofften sie die Raupen einzusperren und auf ihr jetziges Bereich zu beschränken. Nachdem dies getan war, legten sie Leimringe um die Baumstämme. Auf diese Weise wollte man die Raupen am Herunterkriechen von den schon abgefressenen Bäumen verhindern und sie zwingen, da zu bleiben, wo sie waren, weil sie dann verhungern müßten.
 
Bis spät ins Frühjahr hinein setzten die Menschen diese Arbeit fort. Sie waren voll guter Hoffnung und warteten fast mit Ungeduld auf das Ausschlüpfen der Raupen, denn sie waren fest überzeugt, sie so fest eingesperrt zu haben, daß die meisten Hungers sterben müßten.
 
Mit dem Beginn des Sommers schlüpften dann die Raupen aus, und sie waren jetzt noch viel, viel zahlreicher als im letzten Jahre. Aber die Menschen meinten, das tue nichts, wenn sie nur eingesperrt seien und nicht genug Futter fänden.
 
Aber in dieser Beziehung ging es nicht ganz so, wie man gehofft hatte. Es blieben freilich unzählige Raupen an den Leimstangen hängen, auch mußten große Mengen vor den Leimringen Halt machen und konnten nicht von den Bäumen heruntergelangen; aber trotzdem hätte man nicht behaupten können, daß die Raupen eingesperrt gewesen wären. Sie waren außerhalb und innerhalb der Einfriedigung; sie waren überall: auf den Landstraßen krochen sie hin, auf den Feldmäuerchen, an den Häusermauern hinauf. Sie wanderten aus dem Friedenswald hinaus und in andre Teile des Kolmården hinein.
 
„Sie hören nicht auf, bis der ganze Wald zerstört ist,“ sagten die Menschen, die sich vor Angst fast nicht zu helfen wußten, und denen die Tränen in die Augen traten, so oft sie in den Wald kamen.
 
Karr war das ganze Ungeziefer, das da draußen herumkroch und nagte, so zum Ekel, daß er sich kaum noch entschließen konnte, vors Haus hinauszugehen. Aber eines Tages dachte er, er müsse sich doch wieder einmal nach Graufell umsehen. So schlug er denn den Weg nach dessen Aufenthaltsgebiet ein, und mit der Nase an der Erde lief der Hund rasch vorwärts. Als er an die Baumwurzel kam, wo er im vergangenen Jahre mit dem alten Hilflos zusammengetroffen war, lag dieser wieder in dem Loch und rief ihn an.
 
„Hast du über das, was ich dir bei unserer letzten Begegnung sagte, mit Graufell gesprochen?“ fragte die Natter. Aber Karr bellte nur und versuchte, an sie heranzukommen. „Tu es auf alle Fälle,“ sagte die Schlange. „Du siehst ja, daß die Menschen nichts gegen die Verheerung ausrichten können.“
 
„Ja, und du auch nicht,“ antwortete Karr im Weitereilen.
 
Karr fand Graufell; aber der Elch war in sehr gedrückter Stimmung. Er begrüßte Karr nur ganz flüchtig und begann sogleich von dem Walde zu reden.
 
„Ich wüßte nicht, was ich dafür geben würde, wenn dieses Elend ein Ende nähme!“ sagte er.
 
„Dann müßte ich dir ja wohl mitteilen, daß es den Anschein hat, als [195] könntest du den Wald retten,“ sagte Karr. Und nun richtete er dem Elch den Auftrag der Natter aus.
 
„Wenn dies ein andrer als der alte Hilflos versprochen hätte, würde ich sofort in die Verbannung gehen,“ sagte Graufell. „Aber woher sollte eine arme Natter solche Macht nehmen?“
 
„Es ist natürlich nur eine Großtuerei,“ sagte Karr. „Die Schlangen tun immer, als wüßten sie mehr als andre Tiere.“
 
Als Karr nach Hause gehen mußte, begleitete ihn Graufell eine Strecke. Da hörte Karr eine Drossel, die hoch oben in einem Tannenwipfel saß, rufen: „Da ist Graufell, der an der Verheerung des Waldes schuld ist! Da ist Graufell, der an der Verheerung des Waldes schuld ist!“
 
Karr wollte seinen Ohren nicht trauen; aber im nächsten Augenblick lief ein Hase über den Weg, und als dieser die beiden Daherkommenden sah, blieb er stehen, wedelte mit den Ohren und rief: „Da kommt Graufell, der an der Verheerung des Waldes schuld ist!“ Dann sprang er davon, so schnell er konnte.
 
„Was wollen sie denn damit sagen?“ fragte Karr.
 
„Ich weiß es nicht recht,“ antwortete Graufell. „Aber ich glaube, die kleinen Tiere im Wald sind unzufrieden mit mir, weil ich geraten hatte, daß wir Hilfe bei den Menschen suchen sollten; denn als das Unterholz geschlagen wurde, sind ihnen alle ihre Schlupfwinkel und Behausungen zerstört worden.“
 
Die beiden Freunde gingen eine Strecke weiter, und Karr hörte, wie es von allen Seiten ertönte: „Da ist Graufell, der an der Verheerung des Waldes schuld ist!“ Graufell tat, als höre er es nicht, aber Karr glaubte jetzt zu verstehen, warum der Elch so niedergedrückt war.
 
„Du, Graufell,“ fragte Karr hastig, „was meint denn die Natter damit, wenn sie sagt, du habest ihr ihre liebste Gefährtin umgebracht?“
 
„Wie soll ich das wissen?“ sagte Graufell. „Du weißt doch, daß ich keinem Tiere etwas zuleide tue.“
 
Kurz darauf begegneten sie den vier alten Elchen, Krummrück, Hornkrone, Wirrmähne und Riesenkraft. Still und nachdenklich wanderten sie daher, einer hinten dem andern.
 
„Schön guten Tag!“ rief ihnen Graufell entgegen.
 
„Schön guten Tag!“ antworteten die Elche. „Wir wollten dich eben aufsuchen, Graufell, um mit dir wegen des Waldes zu beraten.“
 
„Die Sache ist die,“ begann Krummrück. „Es ist uns zu Ohren gekommen, daß hier im Walde eine Missetat verübt worden ist, und weil diese nicht geahndet wurde, ist der ganze Wald dem Untergang geweiht.“
 
„Was ist das für eine Missetat?“ fragte Graufell.
 
„Ein Waldbewohner soll ein unschädliches Tier, das er doch nicht verzehren konnte, umgebracht haben. Dies wird im Friedenswalde für eine Missetat gerechnet.“
 
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„Und wer hat denn eine solche Freveltat begangen?“ fragte Graufell.
 
„Ein Elch soll es gewesen sein. Und wir wollen dich jetzt fragen, ob du eine Ahnung hast, wer es sein könnte.“
 
„Nein,“ antwortete Graufell. „Ich habe nie etwas von einem Elch gehört, der ein unschädliches Tier getötet hätte.“
 
Graufell verließ die andern und ging mit Karr weiter. Er war noch schweigsamer als zuvor und schritt mit tiefgesenktem Kopf dahin. Jetzt kamen sie an der Kreuzotter Kryle vorbei, die auf einem Stein lag. „Da ist Graufell, der an der Verheerung des Waldes schuld ist,“ zischte Kryle, gerade wie alle andern. Aber jetzt war Graufells Geduld zu Ende. Er stellte sich vor die Kreuzotter hin und hob ein Vorderbein auf.
 
„Hast du im Sinn, mich auch umzubringen, wie du die Natter, das Weibchen des alten Hilflos, umgebracht hast?“ rief Kryle.
 
„Habe ich eine Natter umgebracht?“ fragte Graufell.
 
„Ja, am ersten Tag, wo du in den Wald herauskamst, hast du das Weibchen von der Natter Hilflos totgetreten.“
 
Graufell wendete sich rasch ab und gesellte sich wieder zu Karr. Plötzlich hielt er an. „Karr,“ sagte er, „ich habe die Freveltat begangen. Ich habe ein unschädliches Tier umgebracht. Ich bin schuld an der Zerstörung des Waldes.“
 
„Was sagst du da?“ unterbrach ihn Karr.
 
„Sage der Natter Hilflos, Graufell werde heute nacht noch in die Verbannung gehen.“
 
„Niemals werde ich so etwas sagen!“ rief Karr. „Der hohe Norden ist eine sehr gefährliche Gegend für die Elche.“
 
„Meinst du, ich wollte noch hier bleiben, nachdem ich so großes Unheil angestiftet habe?“ erwiderte Graufell.
 
„Übereile dich nicht. Warte bis morgen, ehe du irgend etwas unternimmst!“
 
„Du selbst hast mich gelehrt, daß die Elche eins mit dem Walde seien,“ sagte Graufell; und mit diesen Worten trennte er sich von Karr.
 
Karr ging nach Hause; aber durch die Unterredung unruhig geworden, ging er schon am nächsten Tag wieder in den Wald, den Elch aufzusuchen. Aber Graufell war nirgends zu finden, und der Hund suchte auch nicht lange. Er erriet sogleich, daß Graufell die Natter beim Wort genommen hatte und in die Verbannung gegangen war.
 
Während Karr in solche Gedanken versunken dahinwanderte, erblickte er plötzlich den Waldhüter, der unter einem Baum stand und hinaufdeutete. „Wonach schaust du?“ fragte ein Mann, der neben dem Waldhüter stand.
 
„Unter den Raupen ist eine Seuche ausgebrochen.“
 
Karr verwunderte sich über die Maßen; fast aber noch mehr entrüstete er sich darüber, daß die Natter die Macht gehabt hatte, ihr Wort zu halten. Nun mußte Graufell wahrscheinlich ewig lange fortbleiben, denn diese Natter starb wohl nie.
 
[197]
 
Während Karr noch tiefbetrübt war, kam ihm ein Gedanke, der ihn ein wenig tröstete. „Die Natter braucht vielleicht gar nicht so schrecklich alt zu werden, sie wird ja wohl nicht immer wohlbeschützt unter einer Baumwurzel liegen,“ dachte er. „Wenn sie nur erst die Raupen fortgeschafft hat, dann weiß ich einen, der ihr die Gurgel abbeißt.“
 
Ja, über die Raupen war wirklich eine Krankheit gekommen, aber im ersten Sommer verbreitete sie sich nicht in großer Ausdehnung. Kaum war sie ausgebrochen, da war es für die Raupen Zeit, sich einzupuppen, und aus den Puppen schlüpften dann Millionen von Schmetterlingen. Diese flatterten in jeder Nacht, Schneeflocken gleich, zwischen den Bäumen umher und legten unzählige Eier. Für das nächste Jahr konnte man sich auf noch größere Verheerungen gefaßt machen.
 
Die Verheerung kam, aber nicht allein für den Wald, sondern auch über die Raupen selbst. Die Seuche verbreitete sich rasch von einer Waldstrecke zur andern. Die erkrankten Raupen fraßen nicht mehr; sie krochen in den Gipfel des Baums hinauf und starben da. Unter den Menschen herrschte große Freude, als sie die Raupen sterben sahen; aber noch größere Freude griff unter den Tieren Platz. Der Hund Karr wanderte Tag um Tag in grimmiger Freude umher und dachte nur an den Augenblick, wo er es wagen dürfte, dem alten Hilflos die Gurgel abzubeißen.
 
Die Raupen hatten sich jedoch schon in meilenweitem Umkreis über den Nadelwald ausgebreitet, und auch in diesem Sommer erreichte die Krankheit nicht alle; viele blieben am Leben, die sich einpuppten und Schmetterlinge wurden.
 
Durch Zugvögel erhielt Karr oft Grüße von Graufell, der ihm sagen ließ, er sei noch am Leben, und es gehe ihm gut. Aber die Vögel vertrauten Karr an, Graufell sei wiederholt von Wilderern hart verfolgt worden und ihnen nur mit knapper Not entkommen.
 
Karr verzehrte sich in Sorge und Kummer und Heimweh nach Graufell. Aber noch zwei Sommer hindurch mußte er ausharren. Da erst war es zu Ende mit den Raupen.
 
Kaum hörte Karr den Waldhüter sagen, jetzt sei der Wald außer Gefahr, als er sich auch schon auf die Jagd nach dem alten Hilflos begab. Aber als er in das Dickicht kam, machte er eine entsetzliche Entdeckung: er konnte nicht mehr jagen, konnte nicht mehr rennen, konnte seinen Feind nicht aufspüren, konnte gar nichts mehr sehen. Während der langen Wartezeit war leise das Alter über Karr hereingebrochen; ohne daß er es gemerkt hatte, war er alt geworden. Nicht einmal eine Natter konnte er mehr totbeißen; er war nicht fähig, seinen Freund Graufell von seinem Feinde zu befreien. 

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