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16 Die Krähen-Der tönerne Topf
日期:2020-09-04 11:20  点击:287
In der südöstlichen Ecke von Småland liegt der Bezirk Sunnerbo. Dort ist aber ganz ebner, gleichmäßiger Boden, und wer diesen Bezirk im Winter sieht, kann sich nichts andres denken, als daß sich unter dem Schnee umgepflügte Brachfelder, grüne Roggenäcker und abgemähte Kleewiesen ausbreiten, wie es im Flachland zu sein pflegt. Aber wenn der Schnee in Sunnerbo im Anfang April endlich schmilzt, dann zeigt es sich, daß das, was grün darunter liegen sollte, nichts als trockne, sandige Heiden, nackte Felskuppen und große, sumpfige Moore sind. Wohl gibt es da und dort auch Äcker, aber sie sind so klein, daß man sie kaum bemerkt; und kleine graue oder rote Bauernhütten sind wohl auch da, aber meistens sind sie in einem Buchenwäldchen ganz versteckt, als ob sie Angst hätten, sich zu zeigen.
 
Wo der Sunnerboer Bezirk mit der Grenze von Halland zusammenstößt, liegt eine Sandheide, die so groß ist, daß jemand, der auf der einen Seite steht, nicht bis zum andern Ende sehen kann. Auf der ganzen Ebene wächst nichts als Heidekraut, und man könnte wohl auch schwerlich etwas andres dort zum Wachsen bringen. Zu allererst müßte man dann das Heidekraut ausrotten; denn obgleich dieses nur einen kleinen, verkrüppelten Stamm, kleine verkrüppelte Zweige und trockne, verkrüppelte Blätter hat, bildet es sich doch ein, es sei ein Baum, und beträgt sich demgemäß ganz wie die wirklichen Bäume, breitet sich waldartig über weite Strecken aus, hält treulich zusammen und will nicht leiden, daß andre kleine und große Gewächse in seinen Bereich eindringen.
 
Die einzige Stelle auf der Heide, wo das Heidekraut nicht Alleinherrscher sein kann, ist ein niedriger, steiniger Bergrücken, der sich mitten über das Heideland hinzieht. Da gibt es Wacholderbüsche, Ebereschen und mehrere große, [125] schöne Buchen. Zu der Zeit, wo Nils Holgersson mit den Wildgänsen umherzog, war auch eine Hütte mit einem kleinen Stück gepflügten Landes dort, aber die Leute, die da gewohnt hatten, waren aus dem einen oder andern Grunde weggezogen. Die kleine Hütte stand leer, und die Äcker lagen unbebaut.
 
Beim Verlassen ihrer Hütte hatten die Menschen zwar vorsorglich die Ofenklappe zugemacht, die Fensterhaken angelegt und die Tür verschlossen. Aber sie hatten nicht daran gedacht, daß eine Fensterscheibe zerschlagen und die Öffnung nur mit einem Lappen verstopft war. Nach ein paar tüchtigen Sommerregen war der Lappen verfault und zusammengesunken; und schließlich war es einer Krähe gelungen, ihn wegzupicken.
 
Der Bergrücken auf der Heide war nämlich nicht so einsam, wie man annehmen könnte, sondern er war von einem großen Volke Krähen bewohnt, das aber natürlich nicht das ganze Jahr hindurch seinen Aufenthalt da hatte. Im Winter zogen die Krähen ins Ausland, im Herbst flogen sie von einem Acker zum andern im ganzen Götaland umher und pickten Saatkörner auf, im Sommer zerstreuten sie sich auf die Höfe im Bezirk Sunnerbo und lebten von Eiern, Beeren und jungen Vögeln; aber in jedem Frühling, wenn sie Nester bauen und Eier legen wollten, kehrten sie auf dieses mit Heidekraut bewachsene Heideland zurück.
 
Die Krähe, die den Lappen aus dem Fenster herausgepickt hatte, hieß Garm Weißfeder, wurde aber nie anders als Fumle oder Drumle oder schlechtweg Fumle-Drumle genannt, weil sie sich immer dumm und ungeschickt anstellte und zu nichts zu gebrauchen war, als daß man sich über sie lustig machte. Fumle-Drumle war größer und stärker als alle die andern Krähen, aber das half ihr gar nichts, die andern trieben nach wie vor ihren Spott mit ihr. Und auch das half ihr nichts, daß sie aus sehr vornehmem Geschlecht stammte. Von Rechts wegen hätte sie sogar der Anführer der ganzen Schar sein müssen, weil diese Würde von Urzeiten her dem Ältesten der Weißfeder zu eigen gewesen war. Aber lange, ehe Fumle-Drumle zur Welt kam, hatte ihre Familie die Macht verloren, und diese gehörte jetzt einer grausamen wilden Krähe, namens Wind-Eile.
 
Der Herrscherwechsel aber stammte daher, daß die Krähen auf dem Krähenbergrücken beschlossen hatten, ihre Lebensweise zu ändern. Viele werden wohl glauben, alles, was Krähe heiße, lebe auf ein und dieselbe Weise, aber dies ist ganz unrichtig. Es gibt ganze Krähenvölker, die ein ehrenwertes Leben führen, das heißt, sich nur von Samenkörnern, Würmerlarven und schon gestorbenen Tieren nähren. Und es gibt andre, die ein wahres Räuberunwesen treiben; diese fallen über junge Hasen und kleine Vögel her und rauben jedes Vogelnest aus, das sie nur entdecken können.
 
Die alten Weißfeder waren streng und mäßig gewesen; und so lange sie die Anführer waren, hatten die Krähen sich so aufführen müssen, daß ihnen die andern Vögel nichts Böses nachsagen konnten. Aber die Krähen waren sehr zahlreich; es herrschte große Armut bei ihnen, und sie brachten es auf die [126] Dauer nicht fertig, einen so strengen Wandel zu führen. Sie empörten sich deshalb gegen die Weißfeder und gaben die Macht einem Krähenmann namens Wind-Eile, der der schlimmste Räuber und Nestplünderer war, den man sich denken konnte, wenn nicht sein Weib, die Wind-Kåra, schließlich noch schlimmer war. Unter der Anführerschaft dieser beiden hatten sich die Krähen einem solchen Lebenswandel hingegeben, daß sie jetzt mehr gefürchtet waren als Habichte und Eulen.
 
Fumle-Drumle wurde natürlich keine Stimme eingeräumt. Die ganze Schar erklärte einstimmig, er schlage nicht im geringsten seinen Vorfahren nach und passe ganz und gar nicht zum Anführer. Es wäre überhaupt nicht von ihm gesprochen worden, wenn er nicht immer neue Dummheiten gemacht hätte. Einige besonders kluge sagten allerdings bisweilen, es sei vielleicht ein Glück für Fumle-Drumle, daß er ein so unbeholfener Tropf sei, sonst hätten Wind-Eile und Kåra es nicht gewagt, diesen Abkömmling des alten Häuptlingsgeschlechtes in der Schar bleiben zu lassen.
 
Jetzt waren diese beiden im Gegenteil sehr freundlich gegen Fumle-Drumle und nahmen ihn gern mit auf ihre Jagdzüge; da konnten dann alle andern sehen, daß sie viel geschickter und kühner waren als der gute Fumle-Drumle.
 
Keine von den Krähen wußte, daß Fumle-Drumle den Lappen aus der zerbrochenen Fensterscheibe herausgepickt hatte, und wenn sie es gewußt hätten, würden sie sich aufs höchste darüber verwundert haben. Die Keckheit, sich einer menschlichen Wohnung zu nähern, hätten sie Fumle-Drumle nie zugetraut. Fumle-Drumle behielt die Sache auch vollständig für sich, und dazu hatte er seine guten Gründe. Wind-Eile und Kåra behandelten ihn zwar bei Tage und in Gegenwart der andern immer gut, aber in einer sehr dunklen Nacht, als die Krähen schon auf ihren Zweigen aufgesessen waren, war er plötzlich von ein paar Krähen überfallen und beinahe ermordet worden. Von da an begab er sich jeden Abend, nachdem es dunkel geworden war, von seinem gewohnten Schlafplatz in die Hütte hinein.
 
Da geschah es, daß die Krähen, nachdem sie schon ihre Nester auf dem Krähenberge in Ordnung gebracht hatten, einen merkwürdigen Fund machten. Eines Nachmittags waren Wind-Eile, Fumle-Drumle und ein paar andre in ein großes, an dem einen Ende der Heide liegendes Loch im Boden hinabgeflogen. Dieses Loch war nichts weiter als eine Kiesgrube, aber die Krähen konnten sich mit einer so einfachen Erklärung nicht zufrieden geben; sie flogen beständig hinein und drehten jedes Sandkorn um, weil sie gar zu gern gewußt hätten, warum die Menschen diese Grube gemacht hatten. Während sie so eifrig beschäftigt waren, stürzte plötzlich eine Masse Kies von der einen Seite herunter. Die Krähen liefen erregt dorthin, und das Glück wollte es, daß zwischen den herabgestürzten Steinen und dem Kies ein ziemlich großer tönerner, mit einem Holzdeckel verschlossener Topf lag. Sie wollten natürlich wissen, ob etwas darin sei, versuchten auch, ein Loch in den Topf zu hacken und den Deckel aufzumachen; aber keins von beiden gelang ihnen.
 
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Ganz ratlos standen sie um den Topf herum und betrachteten ihn, als sie plötzlich eine Stimme hörten: „Soll ich kommen und euch helfen, ihr Krähen?“ Sie schauten hastig auf, und da, am Rande der Grube, saß ein Fuchs, der zu ihnen herunterschaute. Der Fuchs war, was Farbe und Gestalt betraf, einer der schönsten Füchse, den die Krähen je gesehen hatten. Sein einziger Schönheitsfehler war, daß er ein Ohr verloren hatte.
 
„Wenn du Lust hast, uns eine Gefälligkeit zu erweisen,“ sagte Wind-Eile, „werden wir nicht nein sagen.“ Gleichzeitig aber flog sie aus der Grube heraus, und die andern Krähen folgten ihr eilig nach. Der Fuchs hüpfte an ihrer Statt hinunter, biß an dem Topf herum und zog am Deckel, aber auch er konnte ihn nicht öffnen.
 
„Kannst du dir denken, was darin ist?“ fragte Wind-Eile.
 
Der Fuchs rollte den Topf hin und her und horchte aufmerksam. „Silbermünzen sinds gewiß und wahrhaftig, lauter silberne Münzen sinds!“ sagte er.
 
Das war mehr, als die Krähen erwartet hatten. „Meinst du wirklich, es könnte Silber sein?“ fragten sie, und ihre Augen funkelten vor Begierde; denn so merkwürdig es auch klingen mag, es gibt auf der Welt nichts, was die Krähen mehr lieben, als Silbermünzen.
 
„Hört nur, wie sie klirren!“ sagte der Fuchs und rollte den Topf noch einmal hin und her. „Ich weiß nur nicht, wie wir dazu kommen sollen.“
 
„Nein, das ist wohl unmöglich,“ seufzten die Krähen.
 
Der Fuchs rieb sich den Kopf mit der linken Pfote und überlegte. Vielleicht könnte es ihm jetzt mit Hilfe der Krähen gelingen, diesen Knirps, der ihm immer wieder entging, in seine Gewalt zu bekommen. „Ich wüßte wohl einen, der uns den Topf öffnen könnte,“ sagte der Fuchs schließlich.
 
„Wen? Wen?“ riefen die Krähen, und in ihrem Eifer flatterten sie wieder in die Grube hinab.
 
„Das will ich euch sagen, wenn ihr mir versprecht, ihn mir nachher auszuliefern,“ sagte der Fuchs.
 
Und nun erzählte er den Krähen von Däumling und sagte, wenn sie ihn auf die Heide hier herausbringen könnten, würde der ihnen den Topf sicher öffnen können. Aber als Lohn für diesen Rat verlange er, daß ihm Däumling überlassen werde, sobald er den Krähen die Silbermünzen verschafft hätte. Die Krähen hatten keinen Grund, Däumling zu verschonen, und gingen ohne weitres auf die Bedingung ein.
 
Dies alles war leicht zu vereinbaren gewesen, schwerer aber war es, zu erfahren, wo der Däumling und die Wildgänse sich befanden. Wind-Eile machte sich selbst mit fünfzehn Krähen auf den Weg und sagte, er werde bald wieder zurück sein. Aber ein Tag um den andern verging, ohne daß die Krähen auf dem Krähenhügel auch nur einen Schein von ihm gesehen hätten. 

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