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Dritter Abschnitt Die Abenteuer der Reise-9
日期:2020-09-03 13:39  点击:275
Ich wurde mit Flinte und Jagdtasche ausgerüstet, und so zog ich mit dem Förster in den Wald, der die Geschichte von dem seltsamen Mönch in folgender Art anfing:
"Künftigen Herbst sind es schon zwei Jahre her, als meine Bursche im Walde oft ein entsetzliches Heulen vernahmen, das, sowenig Menschliches es auch hatte, doch, wie Franz, mein jüngst angenommener Lehrling, meinte, von einem Menschen herrühren mochte. Franz war dazu bestimmt, von dem heulenden Ungetüm geneckt zu werden, denn wenn er auf den Anstand ging, so verscheuchte das Heulen, welches sich dicht bei ihm hören ließ, die Tiere, und er sah zuletzt, wenn er auf ein Tier anlegen wollte, ein borstiges unkenntliches Wesen aus dem Gebüsch springen, das seinen Schuß vereitelte. Franz hatte den Kopf voll von all den spukhaften Jägerlegenden, die ihm sein Vater, ein alter Jäger, erzählt, und er war geneigt, das Wesen für den Satan selbst zu halten, der ihm das Weidhandwerk verleiden oder ihn sonst verlocken wolle. Die anderen Bursche, selbst meine Söhne, denen auch das Ungetüm aufgestoßen, pflichteten ihm endlich bei, und um so mehr war mir daran gelegen, dem Dinge näher auf die Spur zu kommen, als ich es für eine List der Freischützen hielt, meine Jäger vom Anstand wegzuschrecken. – Ich befahl deshalb meinen Söhnen und den Burschen, die Gestalt, falls sie sich wieder zeigen sollte, anzurufen, und falls sie nicht stehen oder Bescheid geben sollte, nach Jägerrecht ohne weiteres nach ihr zu schießen. – Den Franz traf es wieder, der erste zu sein, dem das Ungetüm auf dem Anstand in den Weg trat. Er rief ihm zu, das Gewehr anlegend, die Gestalt sprang ins Gebüsch, Franz wollte hinterdrein knallen, aber der Schuß versagte, und nun lief er voll Angst und Schrecken zu den ändern, die von ihm entfernt standen, überzeugt, daß es der Satan sei, der ihm zum Trutz das Wild verscheuche und sein Gewehr verzaubere; denn in der Tat traf er, seitdem ihn das Ungetüm verfolgte, kein Tier, so gut er sonst geschossen. Das Gerücht von dem Spuk im Walde verbreitete sich, und man erzählte schon im Dorfe, wie der Satan dem Franz in den Weg getreten und ihm Freikugeln angeboten und noch anderes tolles Zeug mehr. – Ich beschloß, dem Unwesen ein Ende zu machen und das Ungetüm, das mir selbst noch niemals aufgestoßen, auf den Stätten, wo es sich zu zeigen pflegte, zu verfolgen. Lange wollte es mir nicht glücken; endlich, als ich an einem neblichten Novemberabend gerade da, wo Franz das Ungetüm zuerst erblickt, auf dem Anstand war, rauschte es mir ganz nahe im Gebüsch, ich legte leise das Gewehr an, ein Tier vermutend, aber eine gräßliche Gestalt mit rotfunkelnden Augen und schwarzen, borstigen Haaren, mit Lumpen behangen, brach hervor. Das Ungetüm stierte mich an, indem es entsetzliche heulende Töne ausstieß. Herr! – es war ein Anblick, der dem Beherztesten Furcht einjagen könnte, ja mir war es, als stehe wirklich der Satan vor mir, und ich fühlte, wie mir der Angstschweiß ausbrach. Aber im kräftigen Gebet, das ich mit starker Stimme sprach, ermutigte ich mich ganz. Sowie ich betete und den Namen Jesus Christus aussprach, heulte wütender das Ungetüm und brach endlich in entsetzliche gotteslästerliche Verwünschungen aus. Da rief ich: >Du verfluchter, bübischer Kerl, halt ein mit deinen gotteslästerlichen Reden und gib dich gefangen, oder ich schieße dich nieder.< Da fiel der Mensch wimmernd zu Boden und bat um Erbarmen. Meine Bursche kamen herbei, wir packten den Menschen und führten ihn nach Hause, wo ich ihn in den Turm bei dem Nebengebäude einsperren ließ und den nächsten Morgen den Vorfall der Obrigkeit anzeigen wollte. Er fiel, sowie er in den Turm kam, in einen ohnmächtigen Zustand. Als ich den ändern Morgen zu ihm ging, saß er auf dem Strohlager, das ich ihm bereiten lassen, und weinte heftig. Er fiel mir zu Füßen und flehte mich an, daß ich mit ihm Erbarmen haben solle; schon seit mehreren Wochen habe er im Walde gelebt und nichts gegessen als Kräuter und wildes Obst, er sei ein armer Kapuziner aus einem weit entlegenen Kloster und aus dem Gefängnisse, in das man ihn wahnsinnshalber gesperrt, entsprungen. Der Mensch war in der Tat in einem erbarmungswürdigen Zustande, ich hatte Mitleiden mit ihm und ließ ihm Speise und Wein zur Stärkung reichen, worauf er sich sichtlich erholte. Er bat mich auf das eindringendste, ihn nur einige Tage im Hause zu dulden und ihm ein neues Ordenshabit zu verschaffen, er wolle dann selbst nach dem Kloster zurückwandeln. Ich erfüllte seinen Wunsch, und sein Wahnsinn schien wirklich nachzulassen, da die Paroxysmen minder heftig und seltner wurden. In den Ausbrüchen der Raserei stieß er entsetzliche Reden aus, und ich bemerkte, daß er, wenn ich ihn deshalb hart anredete und mit dem Tode drohte, in einen Zustand innerer Zerknirschung überging, indem er sich kasteite, ja sogar Gott und die Heiligen anrief, ihn von der Höllenqual zu befreien. Er schien sich dann für den heiligen Antonius zu halten, so wie er in der Raserei immer tobte: er sei Graf und gebietender Herr, und er wolle uns alle ermorden lassen, wenn seine Diener kämen. In den lichten Zwischenräumen bat er mich, um Gottes willen ihn nicht zu verstoßen, weil er fühle, daß nur sein Aufenthalt bei mir ihn heilen könne. Nur ein einziges Mal gab es noch einen harten Auftritt mit ihm, und zwar, als der Fürst hier eben im Revier gejagt und bei mir übernachtet hatte. Der Mönch war, nachdem er den Fürsten mit seiner glänzenden Umgebung gesehen, ganz verändert. Er blieb störrisch und verschlossen, er entfernte sich schnell, wenn wir beteten, es zuckte ihm durch alle Glieder, wenn er nur ein andächtiges Wort hörte, und dabei schaute er meine Tochter Anne mit solchen lüsternen Blicken an, daß ich beschloß, ihn fortzubringen, um allerlei Unfug zu verhüten. In der Nacht vorher, als ich den Morgen meinen Plan ausführen wollte, weckte mich ein durchdringendes Geschrei auf dem Gange, ich sprang aus dem Bette und lief schnell mit angezündetem Licht nach dem Gemach, wo meine Töchter schliefen. Der Mönch war aus dem Turm, wo ich ihn allnächtlich eingeschlossen, gebrochen und in viehischer Brunst nach dem Gemach meiner Töchter gerannt, dessen Türe er mit einem Fußtritt sprengte. Zum Glück hatte den Franz ein unausstehlicher Durst aus der Kammer, wo die Bursche schlafen, hinausgetrieben, und er wollte gerade nach der Küche gehen, um sich Wasser zu schöpfen, als er den Mönch über den Gang poltern hörte. Er lief herbei und packte ihn gerade in dem Augenblick, als er die Türe einstieß, von hinten her; aber der Junge war zu schwach, den Rasenden zu bändigen, sie balgten sich unter dem Geschrei der erwachten Mädchen in der Türe, und ich kam gerade in dem Augenblick herzu, als der Mönch den Burschen zu Boden geworfen und ihn meuchlerisch bei der Kehle gepackt hatte. Ohne mich zu besinnen, faßte ich den Mönch und riß ihn von Franzen weg, aber plötzlich, noch weiß ich nicht, wie das zugegangen, blinkte ein Messer in des Mönchs Faust, er stieß nach mir, aber Franz, der sich aufgerafft, fiel ihm in den Arm, und mir, der ich nun wohl ein starker Mann bin, gelang es bald, den Rasenden so fest an die Mauer zu drücken, daß ihm schier der Atem ausgehen wollte. Die Bursche waren ob dem Lärm alle wach worden und herbeigelaufen; wir banden den Mönch und schmissen ihn in den Turm, ich holte aber meine Hetzpeitsche herbei und zählte ihm zur Abmahnung von künftigen Untaten ähnlicher Art einige kräftige Hiebe auf, so daß er ganz erbärmlich ächzte und wimmerte; aber ich sprach: >Du Bösewicht, das ist noch viel zu wenig für deine Schändlichkeit, daß du meine Tochter verführen wollen und mir nach dem Leben getrachtet, eigentlich solltest du sterben.< – Er heulte vor Angst und Entsetzen, denn die Furcht vor dem Tode schien ihn ganz zu vernichten. Den ändern Morgen war es nicht möglich, ihn fortzubringen, denn er lag totenähnlich in gänzlicher Abspannung da und flößte mir wahres Mitleiden ein. Ich ließ ihm in einem bessern Gemach ein gutes Bette bereiten, und meine Alte pflegte seiner, indem sie ihm stärkende Suppen kochte und aus unserer Hausapotheke das reichte, was ihm dienlich schien. Meine Alte hat die gute Gewohnheit, wenn sie einsam sitzt, oft ein andächtig Lied anzustimmen, aber wenn es ihr recht wohl ums Herz sein soll, muß meine Anne mit ihrer hellen Stimme ihr solch ein Lied vorsingen. – Das geschah nun auch vor dem Bette des Kranken. – Da seufzte er oft tief und sah meine Alte und die Anne mit recht wehmütigen Blicken an, oft flössen ihm die Tränen über die Wangen. Zuweilen bewegte er die Hand und die Finger, als wolle er sich kreuzigen, aber das gelang nicht, die Hand fiel kraftlos nieder; dann stieß er auch manchmal leise Töne aus, als wolle er in den Gesang einstimmen. Endlich fing er an, zusehends zu genesen, jetzt schlug er oft das Kreuz nach Sitte der Mönche und betete leise. Aber ganz unvermutet fing er einmal an, lateinische Lieder zu singen, die meiner Alten und der Anne, unerachtet sie die Worte nicht verstanden, mit ihren ganz wunderbaren heiligen Tönen bis ins Innerste drangen, so daß sie nicht genug sagen konnten, wie der Kranke sie erbaue. Der Mönch war so weit hergestellt, daß er aufstehen und im Hause umherwandeln konnte, aber sein Aussehen, sein Wesen war ganz verändert. Die Augen blickten sanft, statt daß sonst ein gar böses Feuer in ihnen funkelte, er schritt ganz nach Klostersitte leise und andächtig mit gefaltenen Händen umher, jede Spur des Wahnsinns war verschwunden. Er genoß nichts als Gemüse, Brot und Wasser, und nur selten konnte ich ihn in der letzten Zeit dahin bringen, daß er sich an meinen Tisch setzte und etwas von den Speisen genoß sowie einen kleinen Schluck Wein trank. Dann sprach er das Gratias und ergötzte uns mit seinen Reden, die er so wohl zu stellen wußte wie nicht leicht einer. Oft ging er im Walde einsam spazieren, so kam es denn, daß ich ihm einmal begegnete und, ohne gerade viel zu denken, frug, ob er nicht nun bald in sein Kloster zurückkehren werde. Er schien sehr bewegt, er faßte meine Hand und sprach: >Mein Freund, ich habe dir das Heil meiner Seele zu danken, du hast mich errettet von der ewigen Verderbnis, noch kann ich nicht von dir scheiden, laß mich bei dir sein. Ach, habe Mitleid mit mir, den der Satan verlockt hat und der unwiederbringlich verloren war, wenn ihn der Heilige, zu dem er flehte in angstvollen Stunden, nicht im Wahnsinn in diesen Wald gebracht hätte. – Sie fanden mich<, fuhr der Mönch nach einigem Stillschweigen fort, >in einem ganz entarteten Zustande und ahnden auch jetzt gewiß nicht, daß ich einst ein von der Natur reich ausgestatteter Jüngling war, den nur eine schwärmerische Neigung zur Einsamkeit und zu den tiefsinnigsten Studien ins Kloster brachte. Meine Brüder liebten mich alle ausnehmend, und ich lebte so froh, als es nur in dem Kloster geschehen kann. Durch Frömmigkeit und musterhaftes Betragen schwang ich mich empor, man sah in mir schon den künftigen Prior. Es begab sich, daß einer der Brüder von weiten Reisen heimkehrte und dem Kloster verschiedene Reliquien, die er sich auf dem Wege zu verschaffen gewußt, mitbrachte. Unter diesen befand sich eine verschlossene Flasche, die der heilige Antonius dem Teufel, der darin ein verführerisches Elixier bewahrte, abgenommen haben sollte. Auch diese Reliquie wurde sorgfältig aufbewahrt, unerachtet mir die Sache ganz gegen den Geist der Andacht, den die wahren Reliquien einflößen sollen, und überhaupt ganz abgeschmackt zu sein schien. Aber eine unbeschreibliche Lüsternheit bemächtigte sich meiner, das zu erforschen, was wohl eigentlich in der Flasche enthalten. Es gelang mir, sie beiseite zu schaffen, ich öffnete sie und fand ein herrlich duftendes, süß schmeckendes starkes Getränk darin, das ich bis auf den letzten Tropfen genoß. – Wie nun mein ganzer Sinn sich änderte, wie ich einen brennenden Durst nach der Lust der Welt empfand, wie das Laster in verführerischer Gestalt mir als des Lebens höchste Spitze erschien, das alles mag ich nicht sagen, kurz, mein Leben wurde eine Reihe schändlicher Verbrechen, so daß, als ich meiner teuflischen List unerachtet verraten wurde, mich der Prior zum ewigen Gefängnis verurteilte. Als ich schon mehrere Wochen in dem dumpfen, feuchten Kerker zugebracht hatte, verfluchte ich mich und mein Dasein, ich lästerte Gott und die Heiligen, da trat im glühend roten Scheine der Satan zu mir und sprach, daß, wenn ich meine Seele ganz dem Höchsten abwenden und ihm dienen wolle, er mich befreien werde. Heulend stürzte ich auf die Knie und rief: >Es ist kein Gott, dem ich diene, du bist mein Herr, und aus deinen Gluten strömt die Lust des Lebens.< – Da brauste es in den Lüften wie eine Windsbraut, und die Mauern dröhnten, wie vom Erdbeben erschüttert, ein schneidender Ton pfiff durch den Kerker, die Eisenstäbe des Fensters fielen zerbröckelt herab, und ich stand, von unsichtbarer Gewalt hinausgeschleudert, im Klosterhofe. Der Mond schien hell durch die Wolken, und in seinen Strahlen erglänzte das Standbild des heiligen Antonius, das mitten im Hofe bei einem Springbrunnen aufgerichtet war. – Eine unbeschreibliche Angst zerriß mein Herz, ich warf mich zerknirscht nieder vor dem Heiligen, ich schwor dem Bösen ab und flehte um Erbarmen; aber da zogen schwarze Wolken herauf, und aufs neue brauste der Orkan durch die Luft, mir vergingen die Sinne, und ich fand mich erst im Walde wieder, in dem ich wahnsinnig vor Hunger und Verzweiflung umhertobte und aus dem Sie mich erretteten.< – So erzählte der Mönch, und seine Geschichte machte auf mich solch einen tiefen Eindruck, daß ich nach vielen Jahren noch so wie heute imstande sein werde, alles Wort für Wort zu wiederholen. Seit der Zeit hat sich der Mönch so fromm, so gutmütig betragen, daß wir ihn alle liebgewannen, und um so unbegreiflicher ist es mir, wie in voriger Nacht sein Wahnsinn hat aufs neue ausbrechen können." "Wissen Sie denn gar nicht", fiel ich dem Förster ins Wort, "aus welchem Kapuzinerkloster der Unglückliche entsprungen ist?" – "Er hat mir es verschwiegen", erwiderte der Förster, "und ich mag um so weniger darnach fragen, als es mir beinahe gewiß ist, daß es wohl derselbe Unglückliche sein mag, der unlängst das Gespräch des Hofes war, unerachtet man seine Nähe nicht vermutete und ich auch meine Vermutung zum wahren Besten des Mönchs nicht gerade bei Hofe laut werden lassen mochte." – "Aber ich darf sie wohl erfahren", versetzte ich, "da ich ein Fremder bin und noch überdies mit Hand und Mund versprechen will, gewissenhaft zu schweigen." – "Sie müssen wissen", sprach der Förster weiter, "daß die Schwester unserer Fürstin Äbtissin des Zisterzienserklosters in *** ist. Diese hatte sich des Sohnes einer armen Frau, deren Mann mit unserm Hofe in gewissen geheimnisvollen Beziehungen gestanden haben soll, angenommen und ihn aufziehen lassen. Aus Neigung wurde er Kapuziner und als Kanzelredner weit und breit bekannt. Die Äbtissin schrieb ihrer Schwester sehr oft über den Pflegling und betrauerte vor einiger Zeit tief seinen Verlust. Er soll durch den Mißbrauch einer Reliquie schwer gesündigt haben und aus dem Kloster, dessen Zierde er so lange war, verbannt worden sein. Alles dieses weiß ich aus einem Gespräch des fürstlichen Leibarztes mit einem ändern Herrn vom Hofe, das ich vor einiger Zeit anhörte. Sie erwähnten einiger sehr merkwürdiger Umstände, die mir jedoch, weil ich all die Geschichten nicht von Grund aus kenne, unverständlich geblieben und wieder entfallen sind. Erzählt nun auch der Mönch seine Errettung aus dem Klostergefängnis auf andere Weise, soll sie nämlich durch den Satan geschehen sein, so halte ich dies doch für eine Einbildung, die ihm noch vom Wahnsinn zurückblieb, und meine, daß der Mönch kein anderer als eben der Bruder Medardus ist, den die Äbtissin zum geistlichen Stande erziehen ließ und den der Teufel zu allerlei Sünden verlockte, bis ihn Gottes Gericht mit viehischer Raserei strafte." Als der Förster den Namen Medardus nannte, durchbebte mich ein innerer Schauer, ja die ganze Erzählung hatte mich wie mit tödlichen Stichen, die mein Innerstes trafen, gepeinigt. – Nur zu sehr war ich überzeugt, daß der Mönch die Wahrheit gesprochen, da nur eben ein solches Getränk der Hölle, das er lüstern genossen, ihn aufs neue in verruchten, gotteslästerlichen Wahnsinn gestürzt hatte. – Aber ich selbst war herabgesunken zum elenden Spielwerk der bösen geheimnisvollen Macht, die mich mit unauflöslichen Banden umstrickt hielt, so daß ich, der ich frei zu sein glaubte, mich nur innerhalb des Käfichts bewegte, in den ich rettungslos gesperrt worden. – Die guten Lehren des frommen Cyrillus, die ich unbeachtet ließ, die Erscheinung des Grafen und seines leichtsinnigen Hofmeisters, alles kam mir in den Sinn. – Ich wußte nun, woher die plötzliche Gärung im Innern, die Änderung meines Gemüts entstanden; ich schämte mich meines freveligen Beginnens, und diese Scham galt mir in dem Augenblick für die tiefe Reue und Zerknirschung, die ich in wahrhafter Buße hätte empfinden sollen. So war ich in tiefes Nachdenken versunken und hörte kaum auf den Alten, der nun, wieder auf die Jägerei gekommen, mir manchen Strauß schilderte, den er mit den bösen Freischützen gehabt. Die Dämmerung war eingebrochen, und wir standen vor dem Gebüsch, in dem die Hühner liegen sollten; der Förster stellte mich auf meinen Platz, schärfte mir ein, weder zu sprechen noch sonst mich viel zu regen und mit gespanntem Hahn recht sorglich zu lauschen. Die Jäger schlichen leise auf ihre Plätze, und ich stand einsam in der Dunkelheit, die immer mehr zunahm. – Da traten Gestalten aus meinem Leben hervor im düstern Walde. Ich sah meine Mutter, die Äbtissin, sie schauten mich an mit strafenden Blicken. – Euphemie rauschte auf mich zu mit totenbleichem Gesicht und starrte mich an mit ihren schwarzen, glühenden Augen, sie erhob ihre blutigen Hände, mir drohend, ach, es waren Blutstropfen, Hermogens Todeswunde entquollen, ich schrie auf! – Da schwirrte es über mir in starkem Flügelschlag, ich schoß blindlings in die Luft, und zwei Hühner stürzten getroffen herab. "Bravo!" rief der unfern von mir stehende Jägerbursche, indem er das dritte herabschoß. – Schüsse knallten jetzt ringsumher, und die Jäger versammelten sich, jeder seine Beute herbeitragend. Der Jägerbursche erzählte, nicht ohne listige Seitenblicke auf mich, wie ich ganz laut aufgeschrien, da die Hühner dicht über meinem Kopf weggestrichen, als hätte ich großen Schreck, und dann, ohne einmal recht anzulegen, blindlings drunter geschossen und doch zwei Hühner getroffen; ja, es sei in der Finsternis ihm vorgekommen, als hätte ich das Gewehr ganz nach anderer Richtung hingehalten, und doch wären die Hühner gestürzt. Der alte Förster lachte laut auf, daß ich so über die Hühner erschrocken sei und mich nur gewehrt habe mit Drunterschießen. – "Übrigens, mein Herr", fuhr er fort, "will ich hoffen, daß Sie ein ehrlicher, frommer Weidmann und kein Freijäger sind, der es mit dem Bösen hält und hinschießen kann, wo er will, ohne das zu fehlen, was er zu treffen willens." – Dieser gewiß unbefangene Scherz des Alten traf mein Innerstes, und selbst mein glücklicher Schuß in jener aufgeregten, entsetzlichen Stimmung, den doch nur der Zufall herbeigeführt, erfüllte mich mit Grauen. Mit meinem Selbst mehr als jemals entzweit, wurde ich mir selbst zweideutig, und ein inneres Grausen umfing mein eignes Wesen mit zerstörender Kraft. Als wir ins Haus zurückkamen, berichtete Christian, daß der Mönch sich im Turm ganz ruhig verhalten, kein einziges Wort gesprochen und auch keine Nahrung zu sich genommen habe. "Ich kann ihn nun nicht länger bei mir behalten", sprach der Förster, "denn wer steht mir dafür, daß sein, wie es scheint, unheilbarer Wahnsinn nach langer Zeit nicht aufs neue ausbricht und er irgendein entsetzliches Unheil hier im Hause anrichtet; er muß morgen in aller Frühe mit Christian und Franz nach der Stadt; mein Bericht über den ganzen Vorgang ist längst fertig, und da mag er denn in die Irrenanstalt gebracht werden." 

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11/28 12:45