Wie, unterbrach die Rätin den Kapellmeister, Sie kennen den wunderlichen Alten?
Meister Abraham, fuhr Kreisler fort, war der innigste Freund meines Vaters, mein Lehrer, zum Teil mein Erzieher! — Nun, Verehrte, wissen Sie ausführlich, wie ich in den Park des wackern Fürsten Irenäus kam, und werden nicht mehr daran zweifeln, daß ich, kommt es darauf an, im Stande bin, ruhig, mit erforderlicher historischer Genauigkeit und so angenehm zu erzählen, daß mir selbst davor graut. Überhaupt kommt mir die ganze Geschichte meiner Flucht aus der Residenz, wie gesagt, so albern vor, und von solcher allen Geist zerstörender Nüchternheit, daß man selbst nicht davon sprechen kann, ohne in erkleckliche Schwachheit zu verfallen. — Möchten Sie, Teure, aber die seichte Begebenheit als krampfstillendes Wasser der erschrockenen Prinzessin beibringen, damit sie sich beruhige, und daran denken, daß ein ehrlicher deutscher Musikus, den, als er gerade seidene Strümpfe angezogen, und sich in einem saubern Kutschkasten vornehm geberdete, Rossini und Pucitta, und Pavesi und Fioravanti, und Gott weiß welche andere inis und ittas, in die Flucht schlugen, sich unmöglich sehr gescheut betragen kann. Verzeihung ist zu hoffen, will ich hoffen! — Als poetischen Nachklang des langweiligen Abenteuers vernehmen Sie aber, beste Rätin, daß in dem Augenblick, da ich, gepeitscht von meinem Dämon, fortrennen wollte, mich der süßeste Zauber festbannte. Schadenfroh trachtete der Dämon eben das tiefste Geheimnis meiner Brust zu Schanden zu machen, da rührte der mächtige Geist der Tonkunst die Schwingen, und vor dem melodischen Rauschen erwachte der Trost, die Hoffnung, ja selbst die Sehnsucht, die die unvergängliche Lieb selbst ist und das Entzücken ewiger Jugend. — Julia sang! —
Kreisler schwieg. Die Benzon horchte auf, gespannt auf das, was nun nachfolgen würde. Da der Kapellmeister sich in stumme Gedanken zu verlieren schien, fragte sie mit kalter Freundlichkeit: Sie finden den Gesang meiner Tochter in der Tat angenehm, lieber Johannes?
Kreisler fuhr heftig auf, das, was er sagen wollte, erstickte aber ein Seufzer aus der tiefsten Brust.
69Nun, fuhr die Rätin fort, das ist mir recht lieb. Julia kann von Ihnen, lieber Kreisler, was den wahren Gesang betrifft, recht viel lernen, denn daß Sie hier bleiben, sehe ich nun als eine ausgemachte Sache an.
Verehrteste, begann Kreisler, aber in dem Augenblicke öffnete sich die Türe und Julia trat herein.
Als sie den Kapellmeister gewahrte, verklärte ihr holdes Antlitz ein süßes Lächeln, und ein leises: Ach! hauchte von ihren Lippen.
Die Benzon stand auf, nahm den Kapellmeister bei der Hand und führte ihn Julien entgegen, indem sie sprach: Nun, mein Kind, da ist der seltsame — —
(M. f. f.) — der junge Ponto los auf mein neuestes Manuskript, das neben mir lag, faßte es, ehe ich's verhindern konnte, zwischen die Zähne und rannte damit spornstreichs auf und davon. Er stieß dabei ein schadenfrohes Gelächter aus, und schon dies hätte mich vermuten lassen sollen, daß nicht bloßer jugendlicher Mutwille ihn zur bösen Tat spornte, sondern daß noch etwas mehr im Spiele war. Bald wurde ich darüber aufgeklärt.