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Er ist wieder da:xxvii-2
日期:2020-02-14 16:03  点击:203
Am dritten Tage, so erfuhr ich später, kam der Anruf der »Bild«-
Verlegerswitwe beim Schriftleiter an. Der Inhalt ging etwa in die
Richtung, wie lange der Schriftleiter die Schändung des Andenkens
des seligen Verlegers noch hinzunehmen gedenke und dass ihr diese
Zeitspanne zu lange sei und der Spuk ab dem folgenden Tag zu
enden habe.
Wie er das hinbekomme, sei seine Sache.
Als ich des früheren Nachmittags in mein Büro kam, sah ich schon
aus der Ferne Sawatzki über die Flure springen. Er ballte in einer
etwas pubertären Geste unablässig die Faust und schrie »Yes! Yes!
Yes!«. Ich fand die Form nicht ganz angemessen, konnte seine
Begeisterung jedoch nachvollziehen. Die Kapitulation war praktisch
bedingungslos. Die Verhandlungen, die die Dame Bellini persönlich in
ständiger Rücksprache mit mir führte, ergaben zunächst eine
mehrtägige Pause in der Berichterstattung, innerhalb derer ich jedoch
zweimal auf der Titelseite unter irgendeiner Begründung als
»Aufsteiger« oder »Gewinner« des Tages gelobt werden sollte. Nach
jedem Schritt würden wir im Gegenzug einen Artikel als »nicht mehr
lieferbar« vom Markte nehmen.
Pünktlich zur nächsten Sendung schickte die Zeitung dann ihren
besten Schmierfinken, einen immens saugfähigen Speichellecker
namens Robert oder Herbert Körzdörfer, der seine Aufgabe jedoch
zugegebenermaßen tadellos erfüllte, indem er mich zum gewitztesten
Deutschen seit einem Herrn Loriot ernannte. Ich las, dass ich hinter
der Maske des Naziführers kluge Gedanken äußern würde und ein
wahrer Volksvertreter sei. Aus den erneuten und unermüdlichen
Sprüngen des Herrn Sawatzki ersah ich, dass das ein durchaus gutes
Ergebnis war.
Das Beste jedoch war, dass ich der Zeitung auftrug, mir einen
kleinen Gefallen zu tun und einige Kontakte spielen zu lassen. Diese
Idee stammte ausnahmsweise von Sensenbrink, der kurz zuvor am
Ende seiner Weisheit gewesen war. Vierzehn Tage später erschien
eine zu Tränen rührende Geschichte über das bittere Schicksal meiner
amtlichen Unterlagen, die in irgendeinem Feuersturme untergegangen
waren, und weitere vierzehn Tage darauf hielt ich einen Pass in der
Hand. Ich weiß nicht, über welche rechtlichen oder widerrechtlichen
Kanäle derlei gelaufen ist, aber ich bin nun rechtmäßig in Berlin
gemeldet. Ändern musste ich lediglich mein Geburtsdatum. Mein
amtliches Geburtsdatum ist nunmehr der 30. April 1954, hier griff
übrigens mit einem Zahlendreher erneut das Schicksal ein: Ich hatte
natürlich 1945 angegeben, aber 1954 passt selbstverständlich
altersmäßig wesentlich besser.
Das einzige Zugeständnis war, dass ich auf den Redaktionsbesuch
verzichten musste. Ich hatte eigentlich verlangt, dass mich die
gesamte Mannschaft inklusive Herrn Streichfett mit dem Deutschen
Gruß empfangen würde und dabei das Horst-Wessel-Lied im Kanon
absänge. 

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