»Wir halten also fest«, sagte ich weiter, »der Judenhund ist unter
den Hunden zu suchen. Das weitere Vorgehen ist naheliegend: Wir
müssen nach einem kriecherischen Hund Ausschau halten,
einschmeichelnd, einspeichelnd, aber jederzeit zum feigen Angriff aus
dem Hinterhalt in der Lage – es ist selbstverständlich der Dackel. Hier
höre ich freilich schon viele, gerade Münchner Hundebesitzer fragen:
Wie kann das sein? Ist denn nicht der Dackel der deutscheste aller
Hunde?
Die Antwort lautet: nein.
Der deutscheste aller Hunde ist der Schäferhund, dann kommen in
absteigender Reihenfolge die Dogge, der Dobermann, der Schweizer
Sennenhund (aber nur aus der deutschsprachigen Schweiz), der
Rottweiler, sämtliche Schnauzer, Münsterländer und meinetwegen
auch noch der schon bei Wilhelm Busch erwähnte Spitz. Undeutsche
Hunde hingegen sind – abgesehen von den ohnehin fremdländisch
eingeführten Hunden wie Terrier, Bassett und ähnlichem
Hundegesindel der Weimaraner (nomen es omen!), der eitle Spaniel,
der unsportliche Mops wie überhaupt sämtliche degenerierten
Zierhunde.«
Dann schaltete ich ab, sofort aber wieder ein: »Und diese dürren
Windhunde!«
Ich überlegte, ob ich etwas Wesentliches vergessen hatte, mir fiel
aber nichts ein. Sehr gut. Ich hatte direkt Lust auf die nächste Frage.
Leider war noch keine eingegangen. Ich schob das Mausgerät weiter
zur letzten Abteilung »Obersalzberg – zu Gast beim Führer«, einem
Bereich, der vergleichbar einem Gästebuch im Hotel funktionieren
sollte. Hier waren bereits etliche Botschaften eingegangen. Nicht alle
waren verständlich.
Die seriösen Mitteilungen waren problemlos: »Hut ab vor Ihrer klaren
Sprache«, stand da, oder: »Sehe jede Sendung. Endlich bricht mal
jemand die verkrusteten Strukturen auf.« Letzteres schien im Volk ein
dringendes Anliegen zu sein, gleich mehrfach wurde das Aufbrechen
beziehungsweise Vorhandensein derart verkrusteter Strukturen
angemahnt, ein vermutlicher Amateurarchitekt sprach von
»Stuckturen«, ein metallexperte auch von »verrosteten« Strukturen,
aber letztlich war klar, was gemeint war. Und für einen Deutschen gibt
es natürlich wichtigere Eigenschaften als die Rechtschreibung, die
ohnehin einen lästigen Hang zur bürokratischen Haarspalterei besitzt.
Ebenfalls erfreulich war die Mitteilung »Führer rulez«. Man konnte
wohl davon ausgehen, dass ich inzwischen auch Anhänger in
Frankreich besaß, sofern es sich nicht um einen Tippfehler handelte,
denn ich bekam auch die Eintragung »Fuehrer RULZ!« –
möglicherweise versuchte sich hier ein Herr Rulz auf meine Kosten
etwas Prominenz zu verschaffen. Gleich mehrfach wurde schlicht nur
die Aufforderung »Weiter so!« ausgesprochen sowie »Führer for
President«. Ich wollte schon meinen Besuch abbrechen, als ich weiter
unten in der Liste etwa ein halbes Dutzend absolut identischer
Einträge feststellte, abgesandt von jemandem, der sich »blut & ehre«
nannte.
Überraschenderweise war die Mitteilung eher kritisch: »Schlus mit
den Lügen, Türkenjude!«
Kopfschüttelnd rief ich Sawatzki an, dass jemand den Unfug
beseitigen sollte. Was sollte das sein – ein Türkenjude? Er versprach,
sich darum zu kümmern, und sagte, ich solle nochmals die erste Seite
aufrufen. »Führerhauptquartier« stand da.
Es sah richtig gut aus.