Man muss tatsächlich zugeben: Der Zeitungskrämer hatte rein die
Garderobe betreffend nicht seinen allerbesten Tag gehabt. Das lag
daran, dass er sich vorgenommen hatte, Renovierungstätigkeiten an
den Fensterläden zu erledigen. Insofern hatte er einige ausgemusterte
Kleidungsstücke angelegt und einen Arbeitskittel darübergezogen, den
er in den Zigarettenpausen ablegte und dann in der Tat so schäbig
aussah, wie man – niemand kann das besser beurteilen als ich – es
von jemandem bei der Verfertigung von Malerarbeiten erwarten kann.
Aber deswegen war der Zeitungskrämer noch längst kein
Säuferfreund von mir, wie ich ja ohnehin keine Trinkerfreundschaften
pflege. Dennoch war mir schon diese Angelegenheit ausgesprochen
unangenehm, letztlich hatte der Zeitungskrämer nun eine derartige
Behandlung wirklich nicht verdient. Erfreulicherweise wusste er den
Vorgang richtig zu nehmen. Ich hatte mich gleich des späteren
Vormittags aufgemacht, um mich bei ihm für die Unannehmlichkeiten
zu entschuldigen. Aber er hatte kaum Zeit für mich.
Ich traf ihn vor seinem Kiosk stehend an, wie er eine trotz des
regnerisch kalten Wetters erstaunlich große Zahl von Leuten bediente.
Ein großes Plakat prangte auf dem Kiosk über dem Verkaufsfenster:
»›Bild‹ kaufen – heute mit mir und dem irren Youtube-Hitler!«
»Sie kommen gerade recht!«, rief er, als er mich sah.
»Ich wollte mich eigentlich entschuldigen«, rief ich zurück, »aber
inzwischen weiß ich nicht mehr genau, wofür.«
»Ich auch nicht«, lachte der Zeitungskrämer, »schnappen Sie sich
einen von den Filzstiften und signieren Sie! Das ist das Mindeste, was
Sie für Ihren Säuferfreund tun können.«
»Sind Sie’s wirklich?«, fragte auch sogleich ein Bauarbeiter, der mir
seine Zeitung hinhielt.
»Jawohl«, sagte ich und signierte das Blatt.
»Als ich das mitbekommen habe, hab ich sofort ein Extrakontingent
bestellt«, erzählte der Zeitungskrämer verkaufend über die Köpfe
hinweg. »Ja, Sie können gleich rübergehen, der Herr Hitler signiert
gerne.«
Tatsächlich signiere ich gar nicht so gerne. Man weiß nie, was die
Leute mit so einer Unterschrift anfangen. Da schreibt man arglos
seinen Namen auf einen Zettel, am nächsten Tag bastelt einer eine
Erklärung oben drüber und plötzlich hat man Siebenbürgen
unwiederbringlich an irgendwelche korrupten Balkangebilde
verschenkt. Oder bedingungslos kapituliert, obwohl man doch noch
eine gewaltige Zahl an Vergeltungswaffen in den Bunkern hat, mit
denen man die Kriegswende nach Belieben herbeiführen könnte. Aber
auf einer Zeitung schien die Unterschrift letzten Endes unbedenklich.
Außerdem freute es mich, dass sich das erste Mal niemand
beschwerte, dass ich nicht als Herr Stromberger oder sonst wie
unterzeichnete, sondern mit meinem Namen.
»Hier bitte, quer über das Foto!«