Freilich befanden wir uns nun ja gerade mal nicht im Krieg. Und ich
schätzte die untadelige Arbeitskraft des Fräulein Krömeier. Also
reichte ich ihr ein Papiertaschentuch, von denen inzwischen offenbar
wieder reichlich produziert wurden. »Es ist ja kein großer Schaden
entstanden«, sagte ich beruhigend, »ich wollte nur, dass Sie künftig …
ich zweifle nicht an Ihren Fähigkeiten, ich bin sogar sehr zufrieden mit
Ihnen … Sie sollten sich diesen Tadel nicht so zu Herzen nehmen …«
»Ach«, schniefte sie, »et is ja nich wegen Ihnen. Et is ja nur, ick hab
den … Kerl, ick hab ihn ja richtich jeliebt. Ick hab jedacht, det wird wat
mit uns. Wat richtich Jroßes.« Dabei kramte sie in ihrem Rucksack
und holte ihr Telefon hervor. Sie tappste ein wenig darauf herum, bis
es ein Foto vom Schweinehund anzeigte, und hielt es mir hin.
»Der sah so jut aus. Und der war doch immer so … so besonders!«
Ich betrachtete das Bild. Der Mann sah in der Tat recht gut aus. Er
war blond, hochgewachsen, wenn auch ein gutes Dutzend Jahre älter
als das Fräulein Krömeier. Das Bild zeigte den Mann auf der Straße,
in einem eleganten Anzug, dennoch hatte er nichts Geckenhaftes an
sich, sondern er wirkte sogar außerordentlich gediegen, als leite er ein
gesundes, kleines Unternehmen.
»Ich will Ihnen nicht zu nahetreten«, sagte ich, »aber es wundert
mich nun wirklich nicht, dass diese Beziehung zu keinem glücklichen
Ende gekommen ist …«
»Nicht?«, schniefte Fräulein Krömeier.
»Nein.«
»Und wieso?«
»Sehen Sie, Sie denken natürlich, Sie hätten die Beziehung
beendet. Aber haben Sie nicht in Wahrheit selbst erkannt, dass Sie für
diesen Mann nicht die richtige Partnerin sind?«
Fräulein Krömeier schniefte und nickte. »Aba det ging trotzdem allet
so jut mit uns los. Und dann – det hätt ick nie jedacht …«
»Sicher«, sagte ich, »aber das sieht man doch auf den ersten
Blick!«
Sie hielt inne. Ihre Faust zerknüllte das Taschentuch, als sie zu mir
hochsah: »Wat? Det sieht man?«
Ich holte tief Luft. Es ist zwar erstaunlich, auf welche
Nebenkriegsschauplätze einen die Vorsehung beim Kampf um die
Zukunft des Deutschen Volkes verschlägt. Jedoch ist es auch wieder
verblüffend, wie sie manches fügt und verbindet. Das Problem des
Fräulein Krömeier und der würdigen Repräsentation völkischer Politik.
»Sehen Sie, ein Mann, gerade ein rassisch gesunder Mann wie
dieser, will doch für sein Leben eine fröhliche, lebensbejahende
Partnerin, eine Mutter für seine Kinder, eine Frau, die den gesunden,
den nationalsozialistischen Geist ausstrahlt …«
»Na, det binnick doch! Aba sowat von!«