Ich habe vier Paradefrauen in meinem Leben kennengelernt.
Frauen, die für eine Partnerwahl natürlich undenkbar gewesen wären.
Ich meine: Da kommt Mussolini zu Besuch oder Antonescu, und wenn
man dann solch einer Frau sagt, sie möge jetzt ins Nebenzimmer
gehen und nicht ungefragt störend herauskommen, dann muss man
auch sicher sein, dass das so geschieht. Eva hat das gemacht, von
den vieren hingegen hätte ich das nie verlangen können. Die
Riefenstahl zum Beispiel gehörte dazu, eine wunderbare Frau, aber
die hätte mir bei so einem Ansinnen doch die Kamera an den Kopf
geschmissen! Und so eine war die Dame Bellini wohl auch, die war so
recht vom Kaliber dieses verehrungswürdigen Quartetts.
Ich denke nicht, dass jemand anderes als ich gemerkt hat, wie auch
sie um die Bedeutung dieser Stunden, dieser Minuten wusste, aber
was hat sich diese fantastische Frau im Griff gehabt! Sie zog vielleicht
eine winzige Spur kräftiger an ihrer Zigarette, als man es sonst
manchmal an ihr sah, aber das war auch schon alles. Ihr sehniger,
straffer Körper hielt sich aufrecht, sie war aufmerksam, stets bereit zu
hilfreichen Anweisungen, zur richtigen, raschen Reaktion, wie eine
lauernde Wölfin. Und kein einziges graues Haar, sie mochte vielleicht
sogar jünger sein als geschätzt, Ende dreißig, ein Prachtweib! Deutlich
war ihr auch anzumerken, dass ihr die plötzliche Nähe des
Sensenbrink unangenehm war, nicht, weil sie ihn als aufdringlich
empfunden hätte, nein, weil sie seine Weichlichkeit verachtete, weil sie
spürte, dass er ihr nicht seine Kraft zur Verfügung stellte, sondern sich
vielmehr selbst an ihrer Energie festhielt. Ich hatte große Lust, sie
fragen zu lassen, wie sie den Abend verbrächte. Ich dachte plötzlich
mit einer gewissen Wehmut an die Abende auf dem Obersalzberg. Wir
saßen oft noch lange gemütlich zu dritt, viert, fünft beisammen,
manchmal habe ich etwas erzählt, manchmal nicht, ja manchmal
haben wir auch über Stunden geschwiegen, unterbrochen von einem
gelegentlichen Husten, oder ich habe auch einmal den Hund
gestreichelt, ich habe diese Zusammenkünfte immer als sehr
besinnlich empfunden. Es ist ja auch nicht immer einfach, als Führer
ist man einer der wenigen Menschen im Staate, die auf die einfache
Freude eines gewöhnlichen Familienlebens verzichten müssen.
Und in so einem Hotel ist es doch immer recht einsam, das war
eines der Dinge, die sich in den letzten sechzig Jahren am
allerwenigsten geändert hatten.
Dann fiel mir ein, dass ich die Dame Bellini in meiner Situation wohl
selbst fragen müsste, und das wiederum hatte etwas unangemessen
Vertrauliches, zumal wir uns ja noch nicht lange kannten. Ich
beschloss, den Gedanken zu verschieben. Andererseits fand ich, wäre
es doch angebracht gewesen, meine Rückkehr in die große
Öffentlichkeit ein wenig feierlich zu begehen. Mit einem Glas
Schaumwein oder dergleichen, nicht für mich freilich, aber ich war
stets gerne dabei, wenn andere in einer fröhlichen Stimmung die
Gläser erhoben. Da blieb mein Blick am Hotelreservierer Sawatzki
hängen.