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Er ist wieder da:ix-2
日期:2019-03-15 15:14  点击:261
Jedenfalls lag dieses Medium politisch vollkommen brach. Wenn
man in den Fernsehapparat hineinsah, schien das Einzige, was diese
Regierung für das Volk getan hatte, eine Maßnahme zu sein, die sich
»Harzvier« nannte und die niemand leiden konnte. Der Name jener
Maßnahme wurde prinzipiell in einem beleidigten Tonfalle
ausgesprochen, und ich konnte nur hoffen, dass diese Menschen
keinen zu großen Teil der Gesellschaft ausmachten, denn ich konnte
mir selbst unter Zuhilfenahme größter Phantasiereserven keinen
Fahnenappell auf dem Nürnberger Zeppelinfelde mit
Hunderttausenden solcher Jammergestalten vorstellen.
Auch konnte ich die Verhandlungen mit der Dame Bellini als Erfolg
verbuchen. Ich hatte von vorneherein keinen Zweifel daran gelassen,
dass ich neben Geld auch einen Parteiapparat, ein Parteibüro
benötigte. Die Bellini wirkte zunächst ein wenig überrascht, hatte mir
dann aber sofort rückhaltlose Unterstützung zugesichert, ein Büro
sowie eine Schreibkraft. Es gab eine beträchtliche Spesenpauschale
für Kleidung und Propagandareisen, für Forschungsmaterialien, die
mich auf den aktuellen Wissensstand bringen sollten und mancherlei
mehr. Finanzielle Mittel schienen kein Problem zu sein, eher die
Einsicht in die repräsentativen Notwendigkeiten eines Parteiführers.
So wurden zwar mehrere »historisch originalgetreue« Anzüge bei
einem exklusiven Maßschneider ebenso zugesagt wie auch mein
geliebter Hut, den ich auf dem Obersalzberg und in den Bergen so
gerne getragen hatte. Ein offener Mercedes-Wagen mit Chauffeur
hingegen wurde mir glattweg abgeschlagen mit der Begründung, das
wirke doch reichlich unseriös. Ich gab zögernd nach, aber nur um den
Schein zu wahren – hatte ich doch bereits wesentlich mehr erreicht,
als ich hoffen durfte. Insofern war, gerade in der Rückschau besehen,
dies sicherlich der gefährlichste Moment meiner neuen Laufbahn, und
jemand anderes hätte sich hier womöglich schon im Lehnstuhle
zurückgelehnt und wäre solcherart auf ganzer Linie gescheitert, allein
ich unterwarf, vielleicht auch dem reifen Alter geschuldet, permanent
die Entwicklungen der unbarmherzigsten, kältesten Analyse.
So war etwa die Zahl meiner Anhänger gering wie niemals zuvor.
Und ich kann weiß Gott aus meiner Vergangenheit auf geringe
Anhängerzahlen verweisen, ich erinnere mich durchaus, damals 1919,
bei meinem ersten Besuch der damals noch Deutschen Arbeiterpartei,
auf etwa sieben Leute gestoßen zu sein. Heute jedoch konnte ich nur
auf mich selbst zählen, in Grenzen vielleicht auch noch auf die Dame
Bellini oder jenen Kioskbesitzer, es durfte aber bezweifelt werden, ob
beide schon reif waren für einen Parteiausweis, ganz zu schweigen
von ihrer Bereitschaft, Mitgliedsbeiträge zu zahlen oder auch einmal
mit dem Stuhlbein in der Hand den Saalschutz zu übernehmen.
Insbesondere der Kioskbesitzer schien mir im Grunde sogar liberal
oder auch linksorientiert, wenn auch mit einem ehrlichen deutschen
Herz versehen. Insofern widmete ich mich auch weiterhin diszipliniert
meinem eisernen Tagesplan. Ich stand gegen elf Uhr vormittags auf,
ließ mir vom Hotelpersonal ein oder zwei Stücke Kuchen kommen und
arbeitete unermüdlich bis tief in die Nacht.
Das heißt, ich wäre um elf Uhr aufgestanden, wenn nicht schon im
Morgengrauen etwa gegen neun Uhr das Telefon geläutet hätte und
eine Dame mit unaussprechlichem slawischstämmigem Namen am
Apparat gewesen wäre. Jodl hätte derlei nie durchgestellt, aber Jodl
war leider offenbar Teil der deutschen Geschichte. Ich suchte noch
schlafvernebelt nach dem Hörer des Apparates.
»Hrmf?«
»Guten Tag, hier ist Krwtsczyk«, jubelte eine Stimme von
unbarmherziger Fröhlichkeit. »Von der Flashlight!«
Am meisten ärgert mich an diesen Morgenmenschen diese
entsetzliche gute Laune, als wären sie bereits drei Stunden wach und
hätten da schon Frankreich überrannt. Zumal die weitaus meisten
trotz ihrer widerlichen Frühaufsteherei alles andere vollbracht haben
als Großtaten. Gerade in Berlin sind mir sogar immer wieder
Menschen begegnet, die gar kein Geheimnis daraus machten, dass
sie nur deshalb in aller Herrgottsfrühe aufgestanden waren, um noch
früher das Büro wieder verlassen zu können. Ich habe mehreren
dieser Achtstundenlogiker schon empfohlen, sie sollten gleich abends
gegen zehn Uhr das Arbeiten beginnen, dann könnten sie sogar schon
morgens um sechs wieder nach Hause und kämen dort vielleicht noch
vor dem Aufstehen an. Manche haben das gar für einen ernsthaften
Vorschlag gehalten. Ich für meinen Teil bin jedenfalls der Ansicht,
dass morgens früh nur die Bäcker zu arbeiten haben.

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