Als wir den Konferenzraum betraten, stand Sensenbrink auf, ging
auf mich zu, geleitete mich sozusagen in den Raum, in dem eine
Gruppe um einen relativ langen, aus kleineren Teilen
zusammengesetzten Tisch saß. Ich erkannte auch den
Hotelreservierer Sawatzki wieder, außer ihm etwa ein halbes Dutzend
jüngere Männer in Anzügen und eine Frau, die wohl jene »Bellini« sein
musste. Sie mochte etwa vierzig Jahre alt sein, sie hatte dunkle
Haare, kam vermutlich aus Südtirol, und schon beim Betreten des
Raumes spürte ich: Diese Frau war mehr Manns als sämtliche
anderen anwesenden Dümmlinge zusammengenommen. Sensenbrink
versuchte, mich am Arme an das andere Ende des Tisches zu
dirigieren, wo man, wie ich aus dem Augenwinkel sah, eine Art Bühne
oder Podest improvisiert hatte. Ich ließ ihn durch eine leichte Drehung
ins Leere schieben und ging mit festem Schritt auf die Dame zu, nahm
die Schirmmütze ab und klemmte sie unter den Arm.
»Das ist … Frau Bellini«, sagte Sensenbrink reichlich überflüssig,
»Executive Vice President von Flashlight. Frau Bellini – unsere
hoffnungsvolle Neuentdeckung, Herr … äh …«
»Hitler«, beendete ich das unwürdige Gestammel, »Adolf Hitler,
Reichskanzler des Großdeutschen Reiches a.D.« Sie reichte mir die
Hand, die ich mit einer nicht zu tiefen Verbeugung zum angedeuteten
Kusse führte. Dann richtete ich mich wieder auf.
»Gnädige Frau, es ist mir eine Freude, Ihre Bekanntschaft zu
machen. Lassen Sie uns gemeinsam Deutschland verändern!«
Sie lächelte, wie mir schien, etwas verunsichert, aber meine gewisse
Wirkung auf Frauen kannte ich ja noch von früher. Es ist praktisch
unmöglich für eine Frau, nicht etwas zu fühlen, wenn sich der
Befehlshaber der gewaltigsten Armee der Welt in ihrer Nähe aufhält.
Um sie nicht unnötig in Verlegenheit zu bringen, wandte ich mich mit
einem »Meine Herren!« an den Rest der Runde, um mich letztlich
Sensenbrink wieder zuzuwenden.
»Na, lieber Sensenbrink, welchen Platz haben Sie mir denn
zugedacht?«
Sensenbrink wies auf einen Stuhl am anderen Ende der
Konferenzrunde. Ich hatte mit Ähnlichem gerechnet. Es war nicht das
erste Mal, dass sich einige Herren einer sogenannten Industrie dazu
aufschwangen zu wägen, welches Gewicht der künftige Führer
Deutschlands denn nun hätte. Nun, ich wollte ihnen schon Gewichte
zeigen – doch war es fraglich, ob auch sie dieselben zu heben
wüssten.
Auf dem Tisch standen Kaffee, Tassen, kleinere Flaschen mit Säften
und Wasser, dazu eine Karaffe mit klarem Wasser, für das ich mich
entschied. Dann saßen wir eine Minute da.
»Tja«, sagte Sensenbrink, »was haben Sie uns denn heute
mitgebracht?«
»Mich«, sagte ich.