»Welche Nummer?«
»Na, die Polen-Nummer! Oder wollen Sie mir erzählen, dass Sie die
aus dem Ärmel geschüttelt haben?«
Sensenbrink schien tatsächlich etwas mehr von der Angelegenheit
zu verstehen. Auch einen Blitzkrieg schüttelt man natürlich nicht aus
dem Ärmel. Vielleicht hatte er ja sogar seinen Guderian gelesen.
»Selbstverständlich nicht«, pflichtete ich ihm bei, »die Polen-
Nummer war seit Juni komplett durchgeplant.«
»Und?«, hakte er nach, während er teils bedauernd, teils belustigt
auf sein Hemd starrte. »Haben Sie davon noch mehr?«
»Wie – mehr?«
»Na, ein Programm«, sagte er, »oder andere Texte.«
»Natürlich! Ich habe zwei Bücher geschrieben!«
»Unglaublich«, staunte er. »Sie hätten ruhig schon eher mal
kommen können. Wie alt sind Sie denn wirklich?«
»Sechsundfünfzig«, sagte ich sachlich.
»Natürlich«, lachte er, »machen Sie das Make-up eigentlich selber?
Oder haben Sie einen Maskenbildner?«
»Normalerweise nicht, nur bei Filmaufnahmen.«
»Nur bei Filmaufnahmen«, lachte er wieder, »sehr gut. Passen Sie
auf, ich will Ihnen bei Gelegenheit ein paar Leute in der Firma
vorstellen. Wo kann ich Sie erreichen?«
»Hier«, sagte ich fest.
Woraufhin der Zeitungskrämer mir sofort ins Wort fiel und
hinzufügte: »Ich hab Ihnen ja gesagt, dass seine persönliche Situation
derzeit ein wenig … ungeklärt ist.«
»Ach ja, richtig«, sagte Sensenbrink. »Sie sind gerade etwas, wie
soll ich sagen, heimatlos …?«
»Ich bin momentan ohne Wohnung«, gab ich zu, »aber ich bin mit
Sicherheit nicht ohne Heimat!«
»Verstehe«, sagte Sensenbrink und wandte sich routiniert an
Sawatzki: »Na, das geht ja gar nicht. Organisieren Sie ihm irgendwas.
Der Mann muss sich ja vorbereiten. Da kann er noch so gut sein,
wenn er so vor der Bellini antanzt, dann schießt die ihn ab, so schnell
sehen wir uns gar nicht um. Es muss ja nicht das Adlon sein, nicht
wahr?«
»Eine bescheidene Bleibe genügt mir«, sagte ich zustimmend, »der
Führerbunker war auch kein Versailles.«
»Gut«, bilanzierte Sensenbrink, »und Sie haben wirklich keinen
Manager?«
»Einen was?«
»Nicht so wichtig«, wehrte er ab, »dann wäre das geklärt. Ich will die
Angelegenheit eigentlich möglichst schnell zur Entscheidungsreife
bringen, wir sollten das diese Woche noch durchziehen. Sagen Sie,
Ihre Uniform, die kriegen Sie aber bis dahin wieder?«
»Vielleicht schon heute Abend«, beruhigte ich ihn, »das ist nämlich
eine Blitzreinigung.«
Daraufhin bekam er einen Lachkrampf.