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Er ist wieder da:ii-1
日期:2019-02-26 15:43  点击:209
Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf dem Boden. Jemand legte mir
etwas Feuchtes auf die Stirn.
»Geht es Ihnen gut?«
Über mich gebeugt war ein Mann, er mochte fünfundvierzig Jahre alt
sein, vielleicht auch über fünfzig. Er trug ein kariertes Hemd, eine
schlichte Hose, wie sie der Arbeiter trägt. Diesmal wusste ich, welche
Frage ich zuerst stellen würde.
»Welches Datum haben wir?«
»Den mmmh – 29. August. Nein, halt, den 30.«
»Welches Jahr, Mann«, krächzte ich, mich aufsetzend. Der feuchte
Lappen fiel mir unschön in den Schoß.
Der Mann sah mich stirnrunzelnd an.
»2011«, sagte er und musterte meinen Rock, »was haben Sie
gedacht? 1945?«
Ich suchte nach einer passenden Entgegnung, richtete mich dann
aber lieber auf.
»Sie sollten vielleicht noch etwas liegen bleiben«, sagte der Mann,
»oder sich hinsetzen. Ich habe einen Sessel im Kiosk.«
Ich wollte zunächst sagen, dass ich für Entspannung keine Zeit
hatte, musste aber einsehen, dass meine Beine noch zu sehr
zitterten. Also folgte ich ihm in seinen Kiosk. Er selbst nahm auf einem
Stuhl in der Nähe des kleinen Verkaufsfensters Platz und sah mich an.
»Ein Schluck Wasser? Brauchen Sie etwas Schokolade? Einen
Müsliriegel?«
Ich nickte, benommen. Er stand auf, holte eine Flasche Sprudel und
goss mir davon in ein Glas. Aus einem Regal nahm er einen bunten
Riegel, wohl eine Art eiserner Ration, in farbige Folie gehüllt. Er
öffnete die Folie, entblößte etwas, das aussah wie industriell
verpresstes Korn, und drückte es mir in die Hand. Die
Versorgungsengpässe mit Brot schienen noch nicht behoben.
»Sie sollten mehr frühstücken«, sagte er. Dann setzte er sich wieder
hin. »Drehen Sie hier irgendwo?«
»Drehen …?«
»Na, eine Dokumentation. Einen Film. Hier wird ja ständig irgendwas
gedreht.«
»Film …?«
»Mensch, Sie sind ja ganz schön beieinander.« Er lachte und wies
mit der Hand auf mich. »Oder laufen Sie immer so herum?«
Ich sah an mir herab. Ich konnte nichts Ungewöhnliches feststellen,
natürlich abgesehen von dem Staub und dem Benzingeruch.
»Eigentlich schon«, sagte ich.
Es konnte freilich sein, dass ich im Gesichte verletzt war. »Haben
Sie einen Spiegel?«, fragte ich.
»Sicher«, sagte er und zeigte darauf, »neben Ihnen, gleich über
dem ›Focus‹.«
Ich folgte seinem Finger. Der Spiegel war orangefarben gerahmt,
»Der Spiegel« hatte er sicherheitshalber darauf geschrieben, als ob
man es sonst nicht gewusst hätte. Er steckte mit dem unteren Drittel
zwischen irgendwelchen Magazinen. Ich sah hinein.
Mein Spiegelbild sah überraschend tadellos aus, sogar mein Rock
wirkte gebügelt – vermutlich herrschte im Kiosk ein schmeichelhaftes
Licht.
»Wegen der Titelstory?«, fragte der Mann. »Die haben doch auf
jedem dritten Heft so eine Hitlergeschichte. Ich glaube, Sie müssen
sich nicht noch intensiver vorbereiten. Sie sind gut.«
»Danke«, sagte ich abwesend.
»Nein, wirklich«, meinte er, »ich habe den ›Untergang‹ gesehen.
Zweimal. Bruno Ganz, der Mann war exzellent, aber an Sie kommt er
nicht ran. Die ganze Haltung … man könnte meinen, Sie wären es.« 

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