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Das Chagrinleder 驴皮记:Der Todeskampf-30
日期:2019-02-02 09:21  点击:251
Diese Betrachtungen entsprangen Raphaels Innerem mit der Geschwindigkeit einer poetischen Eingebung; er blickte umher und fühlte die unheimliche Kälte, welche die Gesellschaft um sich verbreitete, um das Elend zu entfernen, und die noch eisiger durch die Seele fährt als der Nordwind im Dezember durch die Glieder. Er kreuzte die Arme über der Brust, lehnte sich an die Wand und versank in tiefe Schwermut. Er dachte, wie wenig Glück diese gräßliche soziale Ordnung der Welt verschaffte. Was denn schon? Vergnügen ohne Freude, Lustigkeit ohne Lust, Feste ohne Heiterkeit, Raserei ohne Rausch, kurz, das Holz oder die Asche eines Herdes, aber ohne den Funken, der die Flamme entzündete. Als er den Kopf hob, sah er, daß er allein war, die Spieler waren entflohen. »Ich brauchte ihnen nur meine Macht zu enthüllen, und sie würden meinen Husten anbeten!« sagte er bei sich. Mit diesen Worten warf er seine Verachtung wie einen Mantel zwischen sich und die Welt.
Am nächsten Tag besuchte ihn der Badearzt mit besorgtem Gesicht und erkundigte sich nach seinem Befinden. Raphael verspürte eine Regung der Freude, als er die teilnahmsvollen Worte hörte, die an ihn gerichtet waren. Er fand die Mienen des Arztes sanft und gütig, aus den Locken seiner blonden Perücke wehte Menschenfreundlichkeit, der Schnitt seines karierten Rockes, die Falten seiner Hose, seine breiten Quäkerstiefel, alles, sogar der Puder, der aus seinem kleinen Zopf kreisförmig auf den leichtgebeugten Rücken gefallen war, sprach von einem apostolischen Charakter, drückte die christliche Nächstenliebe und die Hingabe eines Mannes aus, der sich aus Eifer für seine Patienten angewöhnt hatte, so gut Whist und [Fußnote] Tricktrack [Fußnote] zu spielen, daß er ihnen immer ihr Geld abnahm.
»Monsieur le Marquis«, sagte er, nachdem er lange mit Raphael geplaudert hatte, »ich hoffe, Ihre düstere Stimmung verscheuchen zu können. Ich kenne jetzt Ihre Konstitution gut genug, um sagen zu dürfen: die Ärzte von Paris, deren großes Können mir bekannt ist, haben sich in der Natur Ihrer Krankheit getäuscht. Wenn nichts dazwischenkommt, Monsieur le Marquis, können Sie so alt werden wie Methusalem. Ihre Lungen sind so kräftig wie die Blasebälge in einer Schmiede, und Ihr Magen könnte es mit einem Straußenmagen aufnehmen; aber wenn Sie in einem Klima mit dünner Luft bleiben, laufen Sie Gefahr, schnell und sicher in geweihte Erde zu kommen. Monsieur le Marquis werden mich in zwei Wochen verstehen. Die Chemie hat bewiesen, daß die Atmung des Menschen ein richtiger Verbrennungsprozeß ist, dessen größere oder geringere Stärke von übermäßig oder spärlich vorhandenen Brennstoffen abhängt, welche in dem besonderen Organismus jedes Individuums angesammelt werden. Bei Ihnen ist Brennstoff im Überfluß da; Sie sind, wenn ich mich so ausdrücken darf, infolge des feurigen Naturells der zu großen Leidenschaften fähigen Menschen überreich mit Sauerstoff versehen. Wenn Sie die starke und reine Luft atmen, die bei den Menschen mit schlaffen Fibern das Leben beschleunigt, dann beschleunigen Sie den Verbrennungsprozeß, der ohnehin schon zu rasch ist. Zu Ihren Existenzbedingungen gehört also die dicke Luft der Ställe und Täler. Jawohl, die Lebensluft für einen vom Genie verzehrten Mann findet man auf den fetten Weiden Deutschlands, in Baden-Baden oder Teplitz. Wenn Ihnen England nicht zu unangenehm ist, so könnte sein Nebelklima Ihre Siedeglut löschen; aber unser Bad, das tausend Fuß über dem Spiegel des Mittelmeers liegt, ist unheilvoll für Sie. Das ist meine Ansicht«, schloß er mit einer bescheidenen Handbewegung, »ich vertrete sie gegen unsere Interessen; denn wenn Sie diese befolgen, haben wir das Unglück, Sie zu verlieren.«
Ohne diese letzten Worte wäre Raphael durch die falsche Gutmütigkeit des honigsüßen Arztes getäuscht worden; aber er war ein zu guter Beobachter, um nicht aus dem Ton, der Handbewegung, dem Blick und dem leisen Spott, mit denen dieser Satz gesprochen wurde, die Mission zu erraten, die dem kleinen Mann ohne Frage von der Gesellschaft seiner vergnügten Patienten aufgebürdet worden war. Diese Müßiggänger mit dem blühenden Aussehen, diese gelangweilten alten Weiber, diese vagabundierenden Engländer, diese Bürgerweibchen, die ihren Ehemännern entwischt und von ihrem Geliebten ins Bad entführt worden waren, unternahmen es also, einen armen, schwachen, hinfälligen Kranken, der dem Tode geweiht war und unfähig schien, sich gegen tägliche Verfolgung zu wehren, aus dem Bad zu vertreiben! Raphael nahm den Kampf auf. Diese Intrige machte ihm Vergnügen. 

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