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Das Chagrinleder 驴皮记:Der Todeskampf-26
日期:2019-02-02 09:19  点击:264
»Ich wollte mich durch Ausschweifung zugrunde richten, nachdem ich drei Jahre lang an einem großen Werk gearbeitet habe, mit dem Sie sich vielleicht einmal beschäftigen werden«, antwortete ihm Raphael.
Der große Arzt nickte mit dem Kopf als Zeichen seiner Zufriedenheit, als hätte er sich selbst gesagt: »Ich wußte es!«
Dieser Arzt war der erlauchte Brisset, das Haupt der Organizisten, [Fußnote] der Nachfolger der Cabanis [Fußnote] und Bichats, ein Vertreter der positivistischen und materialistischen Schule, die im Menschen ein endliches Wesen sieht, das lediglich den Gesetzen seiner eigenen Organisation unterworfen ist und dessen normaler Zustand oder schädliche Anomalien sich aus unverkennbaren Ursachen erklären lassen.
Nach dieser Antwort sah Brisset schweigend auf einen untersetzten Mann, dessen hochrotes Gesicht und glühendes Auge einem alten Satyr zu gehören schienen. Er lehnte mit dem Rücken an der Ecke der Fensternische und betrachtete Raphael aufmerksam, ohne ein Wort zu sagen. Doktor Caméristus war ein schwärmerischer und gläubiger Mann, Führer der Vitalisten [Fußnote] und poetischer Verteidiger der abstrakten Doktrinen van Helmonts; er sah im menschlichen Leben ein geheimnisvolles höheres Prinzip, eine unerklärliche Erscheinung, der man mit dem Skalpell nicht beikommen kann, die der Chirurgie spottet, den Arzneien der Pharmazeutik, den X der Algebra, den Demonstrationen der Anatomie entschlüpft und all unser Mühen verlacht: eine Art unfaßbare, unsichtbare, irgendeinem göttlichen Gesetz unterworfene Flamme, die oftmals in einem Körper weiterbrennt, über den wir längst das Todesurteil gesprochen haben, wie sie zuweilen auch die lebenskräftigsten Naturen verläßt.
Ein sardonisches Lächeln glitt über die Lippen des dritten, des Doktor Maugredie. Er war ein ausgezeichneter Kopf, aber ein Skeptiker und Spötter, der an nichts als ans Skalpell glaubte, Brisset den Tod eines Menschen zugestand, dem es ausgezeichnet ging, und wiederum mit Cameristus anerkannte, daß ein Mensch noch nach seinem Tode weiterleben könne. Er fand in allen Theorien etwas Gutes, schloß sich keiner an, behauptete, das beste System in der Medizin sei, keins zu haben und sich an die Tatsachen zu halten. Dieser Panurg, dieser König der Beobachtung, der große Diagnostiker und große Spötter, der Mann der verzweifelten Versuche, machte sich jetzt mit dem Chagrinleder zu schaffen.
»Ich möchte mich gern von dem Zusammenhang zwischen Ihren Wünschen und seiner Verkleinerung mit eigenen Augen überzeugen«, sagte er zu dem Marquis.
»Wozu denn?« rief Brisset.
»Wozu denn?« wiederholte Caméristus.
»Ah! Sie sind sich einig«, meinte Maugredie.
»An dieser Zusammenziehung ist weiter nichts Besonderes«, meinte Brisset.
»Sie ist übernatürlich«, sagte Caméristus.
»Ja, in der Tat«, versetzte Maugredie und nahm eine ernste Miene an, während er Raphael sein Chagrinleder zurückgab; »so ist zum Beispiel die hornartige Verhärtung der Haut eine unerklärliche und dennoch natürliche Tatsache, die seit der Erschaffung der Welt die Medizin und die hübschen Frauen zur Verzweiflung treibt.«
Wie genau Valentin seine drei Ärzte auch beobachtete, er entdeckte bei ihnen keinerlei Mitgefühl für seine Leiden. Alle drei blieben nach jeder Antwort stumm, maßen ihn mit gleichgültigen Blicken und fragten ihn aus, ohne ihn zu bedauern. Hinter ihrer Höflichkeit war kühle Teilnahmslosigkeit zu spüren. Sei es, daß sie ihrer Sache sicher, sei es, daß sie in tiefes Nachdenken versunken waren, ihre Worte flossen so spärlich, so träge, daß Raphael manchmal glaubte, sie wären mit ihren Gedanken woanders. Von Zeit zu Zeit antwortete lediglich Brisset: »Gut! Schön!« auf alle hoffnungslosen Symptome, die Bianchon aufzeigte. Caméristus verharrte in einer tiefen Träumerei; Maugredie erinnerte an einen Lustspieldichter, der zwei Originale studiert, um sie treu auf die Bühne zu bringen. Das Gesicht Bianchons verriet große Sorge und traurige Ergriffenheit. Er war erst zu kurze Zeit Arzt, um vor dem Schmerz stumpf, vor dem Bett eines Sterbenden unerschüttert bleiben zu können; er vermochte die Freundestränen nicht zu unterdrücken, die einen Menschen hindern, klar zu sehen und wie ein Befehlshaber den für den Sieg günstigen Augenblick zu packen, ohne auf die Schreie der Sterbenden zu hören. Nachdem die Autoritäten ungefähr eine halbe Stunde darauf verwendet hatten, der Krankheit und dem Kranken sozusagen Maß zu nehmen, wie ein Schneider einem jungen Mann für seinen Hochzeitsanzug Maß nimmt, brachten sie ein paar Gemeinplätze vor, unterhielten sich sogar über Politik; dann wollten sie sich in Raphaels Arbeitszimmer zurückziehen, um ihre Meinungen auszutauschen und das Urteil zu fällen. 

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