»Das Wasser«, dozierte der Mechaniker, »gilt heute noch als ein Körper, der nicht komprimiert werden kann; beachten Sie dieses fundamentale Prinzip; es kann allerdings komprimiert werden, aber nur so gering, daß wir seine Kontraktionsfähigkeit gleich Null setzen dürfen. Sehen Sie die Oberfläche des Wassers, das in den Blumentopf gelangt ist?«
»Ja, Monsieur«.
»Nun nehmen Sie an, diese Oberfläche wäre tausendmal größer als das Mundstück des Holunderrohrs, durch das ich die Flüssigkeit eingegossen habe. Sehen Sie, ich nehme den Trichter weg.«
»Ganz recht.«
»Wenn ich nun irgendwie das Volumen dieser Masse vergrößere, indem ich durch das Mundstück des kleinen Rohrs noch Wasser einführe, so wird die Flüssigkeit darin hinuntergetrieben und in dem Reservoir, das der Blumentopf bildet, steigen, bis die Flüssigkeit in beiden gleich hoch steht . . .«
»Das ist einleuchtend!« rief Raphael.
»Aber der Unterschied ist der«, fuhr der Gelehrte fort, »daß, wenn die dünne Wassersäule, die in das kleine Vertikalrohr eingeführt wird, dort eine Kraft darstellt, die beispielsweise etwa dem Gewicht eines Pfundes entspricht, daß sich dann in dem Blumentopf, da die Leistung des Wassers sich getreu auf die flüssige Masse überträgt und auf alle Punkte der Wasseroberfläche im Blumentopf einwirkt, tausend Wassersäulen befinden, die alle die Tendenz haben, zu steigen, als wären sie von einer Kraft getrieben, die derjenigen gleich ist, welche die Flüssigkeit in dem vertikalen Holunderzweig herabtreibt, und also mit Notwendigkeit hier« – er deutete auf die Öffnung des Blumentopfes – »eine Leistung hervorbringen, die tausendmal beträchtlicher ist als die Leistung, die da eingeführt wird.« Der Gelehrte wies dabei mit dem Finger auf die Holzröhre, die senkrecht in dem Ton befestigt war.
»Das ist ganz einfach«, meinte Raphael.
Planchette lächelte.
»Mit anderen Worten«, fuhr er mit der hartnäckigen Logik, die den Mathematikern eigen ist, fort, »müßte man, wenn man dem Anprall des Wassers Widerstand leisten wollte, auf jeden Teil der großen Oberfläche eine Kraft wirken lassen, die der in der vertikalen Röhre gleich ist; nur von dem Unterschied abgesehen, daß, wenn die flüssige Säule hier einen Fuß hoch ist, die tausend kleinen Säulen der großen Oberfläche nur um ein Geringes ansteigen werden. Jetzt aber« – damit stieß Planchette seine Holunderstöckchen verächtlich zur Seite – »denken wir uns diesen komischen kleinen Apparat durch metallrohre von genügender Stärke und Länge ersetzt. Bedecken wir nun die flüssige Oberfläche des großen Reservoirs mit einer starken beweglichen Platte, setzen wir ihr eine andere, deren Widerstandskraft und Festigkeit erprobt ist, entgegen, verschaffen wir uns ferner die Möglichkeit, der flüssigen Masse durch das kleine Vertikalrohr fortgesetzt Wasser hinzuzufügen, so muß der Gegenstand zwischen den beiden festen Platten notwendigerweise dem ungeheuren Druck, der unaufhörlich auf ihn ausgeübt wird, nachgeben. Das Mittel, durch das kleine Rohr fortwährend Wasser zuzuführen, ist für die Mechanik ein Kinderspiel, ebenso das Verfahren, den Druck der flüssigen Masse auf eine Platte zu übertragen. Zwei Kolben und ein paar Ventile genügen. Verstehen Sie nun, Verehrtester« – damit faßte er Valentin am Arm –, »daß es kaum einen Stoff geben kann, der, wenn man ihn zwischen diese beiden unaufhörlichen Widerstände bringt, sich nicht zwangsläufig ausdehnen müßte.« – »Wie, der Verfasser der ›Lettres provinciales‹ hat das erfunden?« rief Raphael.