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Das Chagrinleder 驴皮记:Der Todeskampf-8
日期:2019-02-01 13:06  点击:214
»Pauline!«
»Monsieur Raphael!«
Starr vor Staunen, sahen sie einander einen Augenblick lang schweigend an. Raphael sah Pauline in schlichter und geschmackvoller Toilette. Durch den Schleier, der ihren Busen keusch verhüllte, hätte ein scharfes Auge die lilienweiße Haut sehen und Formen erraten können, die jede Frau bewundern würde. Dazu bestach sie wie einst durch ihre jungfräuliche Bescheidenheit, ihre himmlische Unschuld, ihre anmutige Haltung. Der Stoff ihres Ärmels verriet das Zittern, welches sich von ihrem bebenden Herzen auf ihren Körper übertrug.
»Oh«, sagte sie, »kommen Sie morgen in das Hotel Saint-Quentin und holen Sie Ihre Papiere! Ich bin um zwölf Uhr dort. Seien Sie pünktlich!«
Sie stand rasch auf und entfernte sich. Raphael wollte Pauline folgen, fürchtete, sie zu kompromittieren, blieb, sah Fœdora an und fand sie häßlich; da er aber der Musik nicht mehr zu folgen vermochte, in dem Saal fast erstickte und das Herz ihm überströmte, stand er auf und fuhr nach Hause zurück.
»Jonathas«, sagte er zu seinem alten Diener, als er im Bett lag, »gib mir ein Tröpfchen Laudanum [Fußnote] auf ein Stückchen Zucker und wecke mich morgen erst zwanzig Minuten vor zwölf Uhr.«
»Ich will von Pauline geliebt werden!« rief er am nächsten Tag und blickte mit unbeschreiblicher Angst auf den Talisman.
Das Leder bewegte sich nicht um ein Haarbreit, es sah aus, als hätte es seine Kraft, sich zusammenzuziehen, eingebüßt. Ohne Frage konnte es einen Wunsch, der schon erfüllt war, nicht noch einmal erfüllen.
»Ah!« rief Raphael. Er fühlte sich wie von einem bleiernen Mantel befreit, der seit dem Tage, an dem er den Talisman erhalten hatte, auf ihm lastete.
»Du lügst«, rief er aus, »du gehorchst mir nicht, der Pakt ist gebrochen! Ich bin frei, ich werde leben. Alles war nur ein schlechter Scherz.«
Während er diese Worte sprach, wagte er nicht, an seine eigenen Gedanken zu glauben. Er kleidete sich so einfach wie früher und ging zu Fuß in seine einstige Wohnung. Unterwegs versuchte er, sich in jene glücklichen Tage zurückzuversetzen, wo er sich gefahrlos seinen rasenden Begierden überlassen konnte, wo er noch nicht allen menschlichen Freuden abgeschworen hatte. So ging er seines Wegs, sah Pauline vor sich, nicht mehr die Pauline des Hotel Saint-Quentin, sondern die des vergangenen Abends, diese vollendete Geliebte, die er so oft erträumt hatte, ein kluges, liebevolles junges Mädchen, das künstlerisches Gefühl besaß, Dichter und Dichtung verstand und im Luxus lebte; mit einem Wort: Fœdora, nur mit einer schönen Seele begabt, oder Pauline als Comtesse und zweifache Millionärin, wie Fœdora es war. Als er auf der abgetretenen Schwelle stand, auf der zerbrochenen Fliese an dieser Tür, wo er so oft mit seinen verzweifelten Gedanken gestanden hatte, trat eine alte Frau aus dem Vorsaal und fragte ihn:
»Sind Sie nicht Monsieur Raphael de Valentin?«
»Jawohl, gute Frau«, antwortete er.
»Sie kennen Ihr altes Zimmer«, fuhr sie fort, »Sie werden dort erwartet.«
»Wird dieses Haus nicht mehr von Madame Gaudin geführt?« fragte Raphael.
»O nein, Monsieur, Madame Gaudin ist jetzt Baronin. Sie wohnt in einem schönen Haus, das ihr gehört, auf der anderen Seite des Flusses. Ihr Mann ist zurückgekehrt. Ja, sehen Sie, der hat einen schönen Batzen Geld mitgebracht. Die Leute sagen, sie könnte das ganze Quartier Saint-Jacques kaufen, wenn sie wollte. Sie hat mir die ganze Einrichtung und die restliche Pacht umsonst überlassen. Ja, sie ist eine gute Frau geblieben. Sie ist heute nicht stolzer, als sie gestern war.«
Raphael stieg langsam zu seiner Mansarde hinauf. Als er die letzten Treppenstufen erreichte, hörte er die Klänge des Klaviers. Pauline war da; sie trug ein einfaches Kattunkleid; aber der Schnitt des Kleides, die Handschuhe, der Hut, der Schal, nachlässig aufs Bett geworfen, sprachen von großem Reichtum. »Aber da sind Sie ja!« rief Pauline und wandte sich um. Sie sprang rasch auf und verhehlte ihre Freude nicht. Raphael setzte sich neben sie. Er war errötet, beschämt, glücklich. Er betrachtete sie, ohne ein Wort zu sagen.
»Warum haben Sie uns denn verlassen?« fragte sie, schlug die Augen nieder, und purpurne Röte überzog ihr Antlitz. »Wie ist es Ihnen ergangen?«
»Ach, Pauline, ich war sehr unglücklich und bin es noch!«
»Ach!« rief sie bewegt; »ich habe Ihr Schicksal gestern abend geahnt. Ich sah, wie fein Sie gekleidet waren, wie reich Sie aussahen, aber in Wirklichkeit, nicht wahr, Monsieur Raphael, ist es immer noch wie früher?«
Valentin konnte die Tränen nicht zurückhalten, die aus seinen Augen rollten. »Pauline! . . .« rief er. »Ich . . .« 

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