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Vater Goriot 高老头-175
日期:2018-11-01 13:41  点击:264
Eugen wartete lange. »Er stirbt vielleicht in diesem Augenblick«, dachte er.
 
Der Kammerdiener führte ihn schließlich in den ersten Salon, in dem ihn Herr von Restaud, vor dem ungeheizten Kamin stehend, empfing, ohne ihm einen Sitz anzubieten.
 
»Herr Graf«, sagte Rastignac, »Ihr Herr Schwiegervater liegt im Sterben in einer elenden Spelunke, er hat keinen Heller, um sein Brennholz zu bezahlen; er liegt in den letzten Zügen und verlangt, seine Tochter zu sehen.«
 
»Mein Herr«, erwiderte der Graf von Restaud kalt, »Sie haben vielleicht schon bemerkt, daß ich für Herrn Goriot sehr wenig übrig habe. Ich habe seinen Charakter aus seinem Verhalten zu Madame de Restaud kennengelernt. Er hat das Unglück meines Lebens verursacht, ich sehe in ihm einen Feind meiner Ruhe. Ob er lebt oder stirbt, das ist mir vollkommen gleichgültig. Das sind meine Gefühle ihm gegenüber. Die Welt mag mich tadeln, ich verachte ihre Meinung. Ich habe wichtigere Dinge zu erledigen, als daß ich mich darum kümmern könnte, was die Dummköpfe und die Gleichgültigen denken. Was Madame de Restaud betrifft, so ist sie nicht imstande auszugehen. Übrigens wünsche ich auch nicht, daß sie das Haus verläßt. Sagen Sie ihrem Vater, daß sie zu ihm kommen wird, sobald sie ihre Pflicht gegen mich und ihre Kinder erfüllt hat. Wenn sie ihren Vater liebt, kann sie in einigen Minuten frei sein . . .«
 
»Herr Graf, es steht mir nicht zu, über Ihr Verhalten zu urteilen, Sie sind Herr über Ihre Gattin; aber kann ich auf Ihre Loyalität rechnen? Also, versprechen Sie mir nur, ihr zu sagen, daß ihr Vater keinen Tag mehr zu leben hat, daß er sie bereits verflucht hat, weil er sie nicht an seinem Krankenlager sah.«
 
»Sagen Sie es ihr selbst«, erwiderte Herr von Restaud, der über den Ausdruck der Empörung, der aus den Worten Eugens sprach, betroffen war.
 
Der Graf führte ihn in den Salon, in dem die Gräfin sich gewöhnlich aufhielt. Er traf sie tränenüberströmt und in einen Sessel gesunken wie eine Frau, die sterben will. Sie tat ihm leid. Bevor sie Rastignac ansah, warf sie einen furchtsamen Blick auf ihren Gatten. Es lag darin der Ausdruck des völligen Zusammenbruches ihrer Kräfte, die durch eine moralische und psychische Tyrannei zerbrochen waren. Der Graf nickte ihr zu, und sie fühlte den Mut zu sprechen.
 
»Mein Herr, ich habe alles gehört. Sagen Sie meinem Vater, er würde mir verzeihen, wenn er wüßte, in welcher Lage ich bin . . . Auf diese Qual war ich nicht gefaßt, mein Herr, es geht über meine Kraft! – Aber ich werde bis zum Ende Widerstand leisten«, sagte sie zu ihrem Gatten. »Ich bin Mutter. – Sagen Sie meinem Vater, daß mich kein Vorwurf trifft, wenn auch der Schein gegen mich ist«, rief sie verzweifelt dem Studenten zu. 

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