Die Gräfin stand mit dem Wechsel in der Hand unbeweglich da.
»Delphine«, sagte sie, bleich und vor Wut und Zorn zitternd, »ich habe dir alles verziehen, Gott ist mein Zeuge. Aber dies ist zuviel! Wie, der Herr war da, du wußtest es? Du hast die Gemeinheit besessen, dich zu rächen, indem du ihm meine Geheimnisse ausliefertest, mein und meiner Kinder Leben, meine Schande, meine Ehre! So! Du bist mir nichts mehr, ich hasse dich, ich werde dir alles nur mögliche Böse antun . . ., ich . . .«
Der Zorn machte ihr die Kehle trocken und ließ sie verstummen.
»Aber er ist ja mein Sohn, unser Kind, dein Bruder, dein Retter!« rief Vater Goriot. »Umarme ihn, Nasie! Sieh, ich umarme ihn!« Er preßte Eugen fast wild an sich. »Oh, mein Kind, ich bin nicht mehr nur ein Vater für dich, eine ganze Familie will ich dir sein. Ich möchte Gott sein, um dir das Universum zu Füßen zu legen. Aber, so küß ihn doch, Nasie! Er ist kein Mensch, er ist ein Engel, ein wirklicher Engel!«
»Laß sie gehen, sie ist nicht bei Sinnen«, sagte Delphine.
»Ich nicht bei Sinnen! Und was bist du?« rief Madame de Restaud. Der Greis sank, wie von einer Kugel getroffen, auf das Bett.
»Meine Kinder, ich sterbe, wenn ihr nicht aufhört«, rief er. »Sie töten mich«, sagte er vor sich hin.
Die Gräfin sah Eugen an, der unbeweglich, erschüttert durch diese wilde Szene, dastand. »Mein Herr? . . .« sagte sie mit einer Frage in Blick, Stimme und Geste, ohne auf ihren Vater achtzugeben, um den sich Delphine bemühte.
»Madame, ich werde den Wechsel einlösen und schweigen«, sagte Eugen, ohne die weitere Frage der Gräfin abzuwarten.
»Du hast Vater getötet, Nasie!« sagte Delphine, die auf den ohnmächtig gewordenen Greis wies. Die Gräfin verließ das Zimmer.