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Vater Goriot 高老头-76
日期:2018-10-16 09:42  点击:208
Eugen, der sich zum ersten Male im Zimmer von Vater Goriot befand, konnte einer gewissen Bestürzung nicht Herr werden, als er, der eben noch die Toiletten der Töchter bewundert hatte, das elende Loch sah, in dem der alte Mann lebte. Das Fenster war ohne Vorhänge; die Tapete hatte sich an mehreren Stellen infolge der Feuchtigkeit losgelöst und legte die rauchgeschwärzte Wand frei. Der Alte lag in einem schlechten Bett. Er hatte außer einer dünnen Decke nur ein wattiertes Plumeau, das aus Flicken von Kleidern der Madame Vauquer hergestellt war. Der Fußboden war feucht und voller Staub. Dem Fenster gegenüber stand eine dieser alten, bauchigen Kommoden aus Rosenholz mit kupfernen Handgriffen in der Form laubumwundener blühender Reben. Ferner gab es ein altes Wandregal, auf dem eine Karaffe und das Rasierzeug standen. In einer Ecke lagen die Schuhe, am Kopf des Bettes fand sich ein Nachttisch ohne Tür und Marmorplatte. Beim Kamin, in dem keine Spur von Feuer zu sehen war, stand der Tisch aus Nußbaumholz, auf dem Vater Goriot sein Silbergeschirr zusammengedreht hatte. Ein schlechter Sekretär, auf dem der Hut des Alten lag, ein geflickter Strohsessel und zwei Stühle vervollständigten dieses elende Mobiliar. Die Stange des Betthimmels war mit einem Lappen an der Decke befestigt; von ihr hing ein rot und weiß kariertes Tuch über das Bett herab. Der ärmste Dienstmann hatte sicher in seinem Verschlag bessere Möbel als Vater Goriot bei Madame Vauquer. Der Anblick dieses Zimmers machte einen frösteln und schnürte einem das Herz zusammen, es glich der ödesten Gefängniszelle. Glücklicherweise bemerkte Goriot das entsetzte Gesicht Eugens nicht, als dieser seine Kerze auf den Nachttisch stellte. Der Alte wandte sich auf die Seite, wobei er bis zum Kinn zugedeckt blieb.
 
»Also, welche mögen Sie nun lieber, Frau von Restaud oder Frau von Nücingen?«
 
»Ich ziehe Madame Delphine vor«, erwiderte der Student, »weil sie Sie mehr liebt.«
 
Bei diesen warmen Worten machte der Alte seinen Arm frei und drückte Eugen die Hand.
 
»Dank, Dank«, antwortete der Greis bewegt. »Was hat sie denn von mir gesagt?«
 
Der Student wiederholte die Worte der Baronin, indem er sie ausschmückte, und der Alte hörte zu, als wenn er das Wort Gottes vernähme.
 
»Das liebe Kind! Ja, ja, sie hat mich sehr lieb. Aber glauben Sie das nicht, was sie über Anastasie gesagt hat. Die beiden Schwestern sind eben eifersüchtig aufeinander, sehen Sie! Auch das ist ein Beweis ihrer zärtlichen Liebe zu mir. Madame de Restaud hat mich sehr gern, ich weiß es. Ein Vater steht zu seinen Kindern wie Gott zu uns Menschen. Er geht bis auf den Grund des Herzens und kennt ihr Innerstes. Sie sind beide voller Liebe. Ach! Hätte ich nur gute Schwiegersöhne, ich wäre zu glücklich. Aber es gibt offenbar hienieden kein restloses Glück. Wenn ich bei ihnen leben könnte, um nur ihre Stimme zu hören und sie um mich zu wissen, sie kommen und gehen zu sehen, wie einst, das Herz würde mir vor Freude zerspringen . . . Waren sie hübsch angezogen?«
 
»Ja«, sagte Eugen.
 
»Aber, Herr Goriot, wie können Sie in einem solchen Hundeloch hausen, während es Ihren Töchtern so glänzend geht?« 

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