Wenige Minuten später saß er neben Madame de Beauséant in ihrem Coupé. Nach einer schnellen Fahrt war er bald in dem Theater der Modewelt. Er glaubte an einen Feenzauber, als er in eine Vorderloge trat und gemeinsam mit der eleganten Gräfin das Ziel aller Lorgnetten war. Er fiel von einer Verzückung in die andere.
»Sie müssen sich mit mir unterhalten«, sagte Madame de Beauséant.
»Ah! Sehen Sie, da ist Madame de Nücingen, drei Logen von der unsrigen. Ihre Schwester und Herr de Trailles sind auf der anderen Seite.«
Bei diesen Worten blickte Madame de Beauséant zu der Loge hinüber, in der sich Fräulein von Rochefide befinden mußte, und als sie Herrn d'Ajuda nicht sah, klärte sich ihr Gesicht strahlend auf.
»Sie ist sehr hübsch«, sagte Eugen nach einem Blick zu Madame de Nücingen hinüber.
»Sie hat weiße Wimpern.«
»Ja, aber welche hübsche zierliche Taille!«
»Sie hat plumpe Hände.«
»Aber wie schön ihre Augen sind!«
»Ihr Gesicht ist zu lang.«
»Eine längliche Gesichtsform ist vornehm.«
»Sie kann das auch gebrauchen. Sehen Sie nur, wie sie mit ihrem Lorgnon umgeht! Die Goriot erkennt man an allen ihren Bewegungen«, erwiderte die Gräfin zum großen Erstaunen Eugens.
Madame de Beauséant musterte zwar auch durch ihr Lorgnon den Saal, aber sie schien gar nicht auf Madame de Nücingen zu achten, ohne daß ihr indessen irgendeine ihrer Bewegungen entging. Das Bild der Versammlung war glänzend. Delphine de Nücingen fühlte sich nicht wenig geschmeichelt, ausschließlich den jungen, schönen und eleganten Vetter der Madame de Beauséant zu fesseln. Eugen sah nur sie an.
»Wenn Sie sie weiter so mit Ihren Blicken verzehren, werden Sie einen Skandal erregen, Herr von Rastignac. Wenn Sie sich den Menschen so an den Hals werfen, werden Sie nie Erfolg haben.«
»Meine liebe Cousine«, sagte Eugen, »Sie haben sich meiner schon sehr angenommen. Wenn Sie Ihr Werk vollenden wollen, so bitte ich Sie um nichts weiter, als mir einen Dienst zu erweisen, der Ihnen wenig Mühe macht und der mir sehr wertvoll ist. Ich bin verliebt.«
»Schon?«
»Ja.«