»Was war das doch gleich für eine Dummheit, die Sie begangen haben?« wandte sich Madame de Beauséant an Eugen. »Dieser arme Junge ist erst seit so kurzer Zeit in die Welt verschlagen worden, daß er von dem, was wir reden, nichts versteht, liebe Antoinette. Seien Sie recht gut zu ihm und vertagen wir unsere Unterredung auf morgen. Morgen, sehen Sie, wird sicher alles offiziell sein, und Sie können dann mit Bestimmtheit offiziöse Mitteilungen machen.«
Die Herzogin warf Eugen einen jener hochmütigen Blicke zu, die den Menschen vom Kopf bis zum Fuß treffen, ihn sozusagen plattdrücken und zur Null machen.
»Gnädige Frau, ich habe, ohne es zu wissen, Madame de Restaud einen Dolch ins Herz gestoßen. Ohne es zu wissen! Das ist meine ganze Schuld«, sagte der Student, den sein Genius jetzt nicht im Stiche ließ, der gut aufgemerkt und die Bosheiten wohl verstanden hatte, die sich unter den liebenswürdigen Phrasen der beiden Frauen verbargen. »Die Leute, die das Leid kennen, das sie zufügen, werden weiter empfangen und vielleicht gefürchtet, aber der, der verletzt, ohne die Tiefe der Wunde zu kennen, wird als ein Dummkopf und Tolpatsch betrachtet, der der Situation nicht gewachsen ist und den jeder verachtet.«
Madame de Beauséant warf dem Studenten einen jener innigen Blicke zu, durch die große Seelen sowohl Anerkennung wie Würde auszudrücken wissen. Dieser Blick war Balsam auf die Wunde, die dem Studenten der kalte Auktionatorblick der Herzogin zugefügt hatte.
»Stellen Sie sich vor«, fuhr Eugen fort, »daß ich mir bereits das Wohlwollen des Grafen de Restaud erobert hatte. Denn Sie müssen wissen, Madame«, wandte er sich an die Herzogin, zugleich ergeben und boshaft, »ich bin nur ein kleiner Student, ich stehe ganz allein und bin sehr arm . . .«
»Sagen Sie das nicht, Herr de Rastignac! Was niemand beachtet, davon wollen auch die Frauen nichts wissen.«
»Bah«, erwiderte Eugen, »ich bin erst zweiundzwanzig Jahre alt, man muß die Mißgeschicke seines Alters ertragen. Übrigens bin ich am Beichten, und in einem reizenderen Beichtstuhl kann man nicht knien. In diesem begeht man Sünden, deren man sich an der anderen Stelle für schuldig bekennt.«
Die Herzogin setzte bei diesen Worten, die sie für antireligiös hielt, eine kalte Miene auf. Sie wollte diese Wendungen als geschmacklos ächten und fragte die Gräfin: »Der Herr kommt wohl eben erst . . .«
Madame de Beauséant lachte aufrichtig über beide, über ihren Cousin und über die Herzogin.
»Ja, er kommt eben erst nach Paris, meine Teure, und er sucht eine Lehrerin, die ihm guten Geschmack beibringt.«