»Hören Sie bloß«, rief ihr der Graf zu, als sie eintrat, »meine Teure, die Besitzung der Familie des Herrn liegt nicht weit von Verteuil, an der Charente. Der Großonkel des Herrn Rastignac und mein Großvater waren Bekannte.«
»Wie nett, daß wir so viele gemeinsame Bekannte haben«, sagte die Gräfin zerstreut.
»Mehr als man glaubt«, erwiderte Eugen leise.
»Wie meinen Sie das?« fragte sie lebhaft.
»Nun«, entgegnete der Student, »ich sah eben, wie ein Herr Ihr Haus verließ, mit dem ich Tür an Tür in derselben Pension zusammen wohne, der Vater Goriot.«
Bei diesem Namen, der noch durch den Zusatz »Vater« geschmückt wurde, warf der Graf, der am Kamin herumschürfte, die Zange ins Feuer, als wenn sie ihm die Hände verbrenne, und stand auf.
»Mein Herr, Sie hätten wenigstens ›Herr Goriot‹ sagen können«, rief er.
Die Gräfin erblaßte zuerst, als sie die Erregung ihres Gatten sah, aber dann errötete sie und war augenscheinlich verwirrt. Sie erwiderte mit einer Stimme, die natürlich sein sollte und der sie vergebens einen leichten Ton zu geben suchte:
»Wir kennen keinen Menschen, den wir mehr lieben.«
Sie unterbrach sich, sah auf ihr Piano, und wie in plötzlicher Laune fragte sie:
»Lieben Sie die Musik, mein Herr?«
»Sehr«, erwiderte Eugen, der rot geworden war und durch die unbestimmte Idee verwirrt wurde, daß er eine große Dummheit gemacht habe.
»Singen Sie?« rief sie, trat an das Klavier und fuhr heftig über die Tasten, vom tiefsten Baß bis zum höchsten Sopran.
»Nein, gnädige Frau.«
Der Comte de Restaud durchmaß mit großen Schritten das Zimmer.
»Das ist schade, Sie haben sich da eines vorzüglichen Mittels zum Erfolg beraubt. Ca-a-ro, ca-a-a-ro, ca-a-a-a-ro, non du-bi-ta-re«, sang die Gräfin.