»Sie sind ein übler Spaßvogel«, sagte Goriot zu Vautrin, »und wenn Sie sich noch einmal derartige Dinge erlauben . . .«
»Nun, was dann, Papa?« fragte Vautrin, ihn unterbrechend.
»Sie werden mir das eines Tages sehr teuer bezahlen.«
»In der Hölle, nicht wahr?« rief der Maler, »in diesem schwarzen Loch, wohin die bösen Kinder kommen.«
»Aber Mademoiselle«, sagte Vautrin zu Victorine, »Sie essen ja nicht. Der Papa hat sich also wieder einmal widerspenstig gezeigt.«
»Ein Scheusal«, rief Madame Couture.
»Man muß ihn zur Vernunft bringen«, erwiderte Vautrin.
Rastignac flüsterte Bianchon, der neben ihm saß, zu: »Das Fräulein kann eigentlich eine Alimentationsklage anstrengen, da sie durch ihren Vater vom Essen abgehalten wird. Oh, sehen Sie nur, wie Vater Goriot Mademoiselle Victorine anstiert.«
Der Greis aß in der Tat nicht weiter und sah unverwandt das arme junge Mädchen an, in dessen Zügen ein echter Schmerz zum Ausdruck kam, der Schmerz des verstoßenen Kindes, das seinen Vater liebt. –
»Mein Lieber«, sagte Rastignac leise zu Bianchon, »wir haben uns in Vater Goriot getäuscht, er ist weder ein Dummkopf noch ein Mensch ohne Gefühl. Untersuche ihn einmal nach dem System Gall und sag mir, was du über ihn denkst. Ich sah ihn heute nacht, wie er eine Silberplatte zusammenpreßte, als wäre sie Wachs, und sein Gesichtsausdruck verriet dabei ganz außerordentliche Empfindungen. Sein Leben scheint mir zu rätselhaft zu sein, als daß man es nicht studieren müßte. O ja, Bianchon, du hast gut lachen, ich scherze nicht.«
»Der Mann ist wirklich ein medizinisches Problem«, sagte Bianchon zustimmend. »Wenn er einverstanden ist, will ich ihn sezieren.«
»Es wird genügen, wenn du seine Schädelbildung untersuchst.«