Als Goriot um vier Uhr nachmittags zurückkehrte, erblickte er beim Schein zweier qualmender Lampen Victorine, deren Augen rotgeweint waren. Madame Vauquer nahm den Bericht über den fruchtlosen Besuch bei Monsieur Taillefer entgegen. Taillefer hatte sie schließlich, um ein Ende zu machen, zu einer Erklärung zu sich kommen lassen.
»Ach, meine Liebe«, sagte Madame Couture zu Madame Vauquer, »stellen Sie sich vor, er hat Victorine nicht einmal einen Stuhl angeboten, und so hat sie denn die ganze Zeit über gestanden. Zu mir hat er ganz kalt gesagt, wir sollten uns die Mühe sparen, noch einmal zu ihm zu kommen. Das Fräulein – denn Tochter könne er nicht sagen – schade sich selbst, wenn sie ihn dauernd belästige (einmal im Jahre! Das Ungeheuer!). Victorines Mutter habe bei der Heirat kein Geld gehabt, und das Mädchen könne daher nichts beanspruchen. Schließlich hat er noch härtere Dinge gesagt und dem armen Kind Tränen in die Augen getrieben. Sie hat sich ihrem Vater zu Füßen geworfen und mit all ihrem Mut erklärt, daß sie nur für ihre Mutter bitte, daß sie seinen Wünschen, ohne zu murren, gehorchen werde, daß sie ihn nur bitte, das Testament der armen Toten zu lesen. Sie hat dann den Brief genommen und überreicht, wobei sie die schönsten und herrlichsten Dinge der Welt sagte, ich weiß gar nicht, wo sie das alles hergenommen hat. Gott hat es ihr sicher diktiert, denn das arme Kind redete so schön, daß ich selbst wie ein Schloßhund heulte. Wissen Sie, was dieser Abscheu von einem Menschen gemacht hat? Er schnitt sich die Nägel! Den Brief der armen Madame Taillefer, der noch die Spuren ihrer Tränen trug, warf er auf den Kamin, indem er sagte: ›Es ist gut!‹ Er wollte seine Tochter zum Aufstehen bewegen, sie nahm seine Hände, um sie zu küssen, aber er zog sie zurück. Ist das nicht ein Verbrechen? Sein großer Schlaks von Sohn kam ins Zimmer, ohne seine Schwester auch nur zu grüßen.«
»Das sind ja die reinsten Ungeheuer«, sagte Vater Goriot.
»Und dann«, fuhr Madame Couture fort, ohne auf den Ausruf des Alten zu achten, »gingen Vater und Sohn fort, indem sie sich verabschiedeten und mich baten, sie zu entschuldigen. Sie hätten dringende Geschäfte. Das ist unser Besuch! Wenigstens hat er seine Tochter gesehen. Ich verstehe nicht, wie er sie verstoßen kann; sie gleicht ihm wie ein Tropfen Wasser dem anderen!«
Ein politisches Ereignis, eine Schwurgerichtsverhandlung, ein Gassenhauer, die Späße eines Schauspielers, alles dient dazu, um dieses Unterhaltungsspiel zu nähren, bei dem man sich die Ideen und die Worte wie Federbälle zuwirft. Die damals neue Erfindung des Dioramas, das eine stärkere optische Illusion als das Panorama hervorrief, hatte in einigen Malerateliers die Mode aufkommen lassen, nur noch in »Rama« zu sprechen. Ein junger Maler, der in der Pension verkehrte, hatte diese Mode hierher verpflanzt.
»Nun, Monsieur Poiret«, sagte der Museumsbeamte, »was macht das werte kleine Befindorama?«