Dennoch war da ein Fortschritt zu verzeichnen. Das Bukett, das der Präsident früher Eugénie zu ihrem Geburtstag überreichte, war nun ein ständiges Requisit geworden. Jeden Abend überbrachte er der reichen Erbin einen mächtigen und kostbaren Strauß, den Madame Cornoiller feierlich in eine Vase stellte und, sobald die Besucher sich empfohlen hatten, heimlich in einen Winkel des Hofes warf.
Zu Beginn des Frühlings versuchte Madame des Grassins das Glück der Cruchotaner zu trüben, indem sie zu Eugénie vom Marquis de Froidfond sprach, dessen Ruin behoben werden könne, falls die Erbin ihm durch einen Ehevertrag seinen Grundbesitz wieder zuführen würde. Madame des Grassins redete hohe Töne von der Pairswürde, von dem Titel einer Marquise und nahm das verächtliche Lächeln Eugénies als Entgegenkommen auf, so daß sie erzählen ging, die Ehepläne des Präsidenten Cruchot näherten sich noch nicht so sehr der Verwirklichung, als manche wohl anzunehmen schienen.
»Obgleich Monsieur de Froidfond fünfzig Jahre zählt«, sagte sie, »erscheint er doch nicht älter als Monsieur Cruchot; er ist Witwer und hat Kinder, das ist wahr; aber er ist Marquis, er wird Pair von Frankreich werden; wo fände man in unserer Zeit eine ähnlich günstige Heirat? Ich weiß von gewissen Absichten, die Vater Grandet hatte, als er seine Güter mit dem Grundbesitz von Froidfond vereinigte; er hatte die Absicht, sich mit den Froidfonds zu liieren; das hat er mir oft gesagt. Er war schlau, der gute Mann.« –
»Was mag das nur heißen, Nanon«, sagte Eugénie eines Abends beim Schlafengehen, »in sieben Jahren hat er mir nicht ein einziges Mal geschrieben! . . .«
Während sich diese Dinge in Saumur ereigneten, machte Charles in Indien sein Glück. Seinen Vorrat an europäischen Waren hatte er sofort gut verkauft und eine Summe von sechstausend Dollar dafür eingeheimst. Die Taufe, die ihm beim Passieren des Äquators zuteil geworden, hatte manches Vorurteil von ihm abgewaschen. Er wurde sich klar, daß das beste Mittel, zu Geld zu gelangen, in den Tropen wie in Europa im Handel mit Menschen bestand. Er begab sich also an die afrikanische Küste und betrieb den Sklavenhandel, indem er seiner Menschenware auch noch allerlei andere Handelsartikel zugesellte, die er auf den verschiedenen Märkten als Tauschware vorteilhaft verhandelte. Er entfaltete eine rege geschäftliche Tätigkeit, die ihm keine freie Minute ließ. Es war ein Gedanke, der ihn völlig beherrschte: er wollte in Paris in allem Glanze eines riesigen Vermögens wieder einziehen und eine noch glänzendere Stellung erwerben, als er früher innegehabt hatte. Sein Beruf, der ihn von Land zu Land führte und ihn mit Menschen aller Klassen in Berührung brachte, ihm die entgegengesetztesten Sitten vor Augen führte, nahm ihm gar bald den idealen Sinn und machte ihn zum Skeptiker. Er hatte keine feststehenden Anschauungen mehr über Recht und Unrecht, da er im einen Lande als Verbrechen verurteilt sah, was im andern als Tugend gewertet wurde. Das beständige Geschäftemachen stumpfte sein Herz ab, machte es kalt, eng und dürr. Das Blut der Grandets verleugnete sich auch in ihm nicht: Charles wurde hart, geldgierig. Er verkaufte Chinesen, Neger, Schwalbennester, Kinder, Artisten; er betrieb den Wucher im großen. Wie er die Rechte des Staates mißachtete, indem er ihn um den Zoll betrog, so galten ihm auch Menschenrechte nichts mehr. Er ging auch nach St. Thomas und kaufte dort zu Spottpreisen die von den Piraten erbeuteten Waren, um sie da wieder zu verkaufen, wo sie gerade gebraucht werden konnten.
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