›Mein lieber Alphonse! Wenn Du diesen Brief erhältst, werde ich nicht einen Freund mehr besitzen; doch ich gestehe Dir: wenn ich auch an allen zweifle, die gewohnt sind, dies Wort im Munde zu führen, so habe ich doch an Deiner Freundschaft nie gezweifelt. Ich ersuche Dich daher, meine Angelegenheiten zu ordnen, und ich zähle darauf, daß Du aus allem, was ich besitze, so viel als möglich herausschlägst. Ich muß Dir nun meine Lage eingestehen: ich habe nichts, nichts mehr und will mich nach Indien einschiffen. Ich habe soeben an alle Leute geschrieben, bei denen ich noch Schulden zu haben glaube, und Du findest hier die Liste der Betreffenden beigefügt, so gut ich mich ihrer erinnern konnte. Meine Bibliothek, meine Möbel, meine Wagen und Pferde usw. werden wohl genügen, um meine Schulden zu bezahlen. Ich will nur einige wertlose Kleinigkeiten behalten, die mir zum Beginn einer Warenkollektion dienlich scheinen. Mein lieber Alphonse, ich schicke Dir hier eine regelrechte Vollmacht, die Dich zu dem Verkauf ermächtigt, so daß Du keine Schwierigkeiten haben wirst. Alle meine Waffen schicke mir bitte zu. Briton behalte für Dich. Niemand würde den Preis für das herrliche Tier bezahlen, so will ich es lieber Dir zum Geschenk machen, gleichwie ein Sterbender seinem Testamentsvollstrecker wohl einen Ring vermacht. Man hat mir bei Farry, Breilmann & Co. einen sehr schönen Reisewagen gebaut; er ist jedoch noch nicht geliefert worden. Versuche von ihnen zu erreichen, daß sie ihn behalten, ohne eine Entschädigungssumme zu verlangen; wenn sie sich aber weigern sollten, so vermeide alles, was in meiner jetzigen traurigen Lage ein schlechtes Licht auf mich werfen könnte. Ich habe beim Insulaner sechs Louis Spielschulden, vergiß nicht, sie ihm . . .‹
›Lieber, lieber Cousin‹, flüsterte Eugénie, als sie jetzt leise und eilig mit einer der brennenden Kerzen in ihr Zimmer zurückkehrte. Dort öffnete sie mit inniger Freude das Schubfach der alten Eichenkommode, einer prächtigen Arbeit aus der Renaissancezeit, auf der noch, halb verwischt, der berühmte königliche Salamander zu sehen war. Sie entnahm dem Fach eine große rote Samtbörse mit Goldquasten und verschabter Kantillenstickerei, die aus dem Nachlaß ihrer Großmutter stammte. Mit glücklichem Stolz wog sie die Börse in der Hand und machte sich nun daran, ihr kleines Vermögen nachzuzählen. Zunächst legte sie zwanzig noch neue Portugiesen beiseite; sie waren unter Johann V. im Jahre 1725 geprägt worden und hatten einen Kurswert von hundertachtundsechzig Francs vierundsechzig Centimes pro Stück, wie ihr Vater ihr gesagt hatte, ihr Liebhaberwert aber war hundertundachtzig Francs, infolge der Seltenheit und Schönheit der Stücke, die wie So
nnen strahlten. Ferner fünf Genueser, d. h. fünf Hundertlirestücke von Genua, eine ebenfalls seltene Münze, deren Kurswert siebenundachtzig Francs betrug, für Münzensammler jedoch hundert Francs. Sie hatte sie vom alten Mo
nsieur de la Bertellière erhalten. Ferner drei doppelte spanische Goldpistolen Philipps V., geprägt im Jahre 1729, geschenkt von Madame Gentillet, die bei jedesmaliger Überreichung immer denselben Satz wiederholte: »Dieses reizende Kanarienvögelchen ist achtundneunzig Francs wert. Verwahre es gut, mein Herzchen, es wird die Zierde deiner Sammlung sein.‹ Ferner Stücke, die ihr Vater ganz beso
nders schätzte – das Gold dieser Münzen hatte etwas über dreiundzwanzig Karat –: hundert holländische Dukaten aus dem Jahre 1756, von einem Wert von je dreizehn Francs. Ferner eine große Seltenheit, ein paar für Sammler sehr wertvolle Münzen: drei Rupien mit dem Zeichen der Waage und fünf Rupien mit dem Zeichen der Jungfrau, alle aus vierundzwanzigkarätigem Gold, das herrliche Geld des Großmogul; ein jedes Stück hatte einen Kurswert von siebenunddreißig Francs vierzig Centimes, für den Kenner aber galt das Stück mindestens fünfzig Francs. Ferner der Napoleon zu vierzig Francs, den sie vorgestern erhalten und gleichgültig zu dem andern in die rote Börse getan hatte.
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