»Man muß den ersten Platzregen vorüber lassen«, sagte Grandet, als er wieder in den Saal trat, wo Eugénie und ihre Mutter ihre Plätze wieder eingenommen hatten und mit zitternden Händen an der Arbeit saßen, nachdem sie sich die Tränen getrocknet hatten.
»Aber dieser junge Mann taugt zu nichts; er befaßt sich mehr mit dem Toten als mit dem Geld.«
Eugénie erschauerte, als sie ihren Vater in solchem Ton über den heiligsten Kummer reden hörte. Von diesem Augenblick an beobachtete sie ihren Vater und urteilte über ihn.
Das halb erstickte Schluchzen Charles' war im ganzen Hause zu vernehmen, und dies herzinnige Klagen, das aus dem Erdinnern hervorzuquellen schien, dauerte, schwächer und schwächer werdend, bis zum Abend.
»Armer junger Mann!« sagte Madame Grandet.
Verhängnisvoller Ausruf! Vater Grandet betrachtete seine Frau, dann Eugénie und die Zuckerdose; er erinnerte sich des üppigen Frühstücks, das man dem unglücklichen Verwandten aufgetischt hatte. Er stellte sich in der Mitte des Saals in Positur.
»Ich hoffe«, sagte er mit seiner gewohnten Ruhe, »daß Sie in Ihrer Verschwendungssucht nicht fortfahren werden, Madame Grandet. Ich gebe Ihnen nicht mein Geld, damit Sie diesen jungen Gecken mit Zucker vollstopfen.
»Meine Mutter hat nichts damit zu tun«, sagte Eugénie.
»Ich bin es, die . . .«
»Meinst du, weil du mündig bist, darfst du es wagen, mir zu widersprechen?« fiel Grandet der Tochter ins Wort. »Bedenke, Eugénie . . .«
»Mein Vater, dem Sohn Ihres Bruders sollte bei Ihnen nichts abgehen . . .«
»Ta ta ta ta!« sang der Böttcher die chromatische Tonleiter.
»Der Sohn meines Bruders hier – mein Neffe da. Charles ist uns gar nichts, er ist ein armer Schlucker; sein Vater hat Bankrott gemacht. Und sowie der Zierbengel sich ausgeweint hat, muß er sich aus dem Staube machen; ich wünsche nicht, daß er das ganze Haus rebellisch macht.«
»Was ist das, Vater, Bankrott machen?« fragte Eugénie.
»Bankrott machen«, erwiderte der Vater, »heißt: von allen ehrlosen Handlungen, die ein Mann begehen kann, die ehrloseste begehen.«