Bei diesen Worten blickte das junge Mädchen forschend auf, prüfte die geheimen Gedanken der Mutter und sagte: »Warum ihn nach Indien schicken? Muß er nicht hier bei uns bleiben, wenn er unglücklich ist? Ist er nicht unser allernächster Verwandter?«
»Ja, mein Kind, das wäre gewiß das Natürliche; aber dein Vater hat seine Gründe, wir müssen sie respektieren.«
Mutter und Tochter setzten sich schweigend wieder hin, die eine auf ihren erhöhten Sitz, die andere in ihren kleinen Sessel; und alle beide nahmen die Arbeit wieder auf. Überwältigt von Dankbarkeit für die unerschöpfliche Herzensgüte ihrer Mutter, küßte Eugénie ihr die Hand und sagte: »Wie gut du bist, liebe Mama!«
Diese Worte ließen das kummermüde Gesicht der alten Mutter aufstrahlen.
»Gefällt er dir gut?« fragte Eugénie. Madame Grandet antwortete nur mit einem Lächeln; dann, nach kurzem Schweigen, fragte sie mit leiser Stimme: »Liebst du ihn denn schon? Das wäre schlimm!«
»Schlimm?« entgegnete Eugénie. »Weshalb? Er gefällt dir, er gefällt Nanon, weshalb sollte er mir nicht gefallen? Komm, Mama, wir wollen ihm den Frühstückstisch decken.«
Sie warf ihre Näharbeit hin; die Mutter tat desgleichen, aber sie sagte noch: »Du bist toll!« Dennoch rechtfertigte sie die Tollheit der Tochter, indem sie sie unterstützte.
Eugénie rief Nanon herbei.
»Was wollen Sie noch, Mademoiselle?«
»Nanon, du wirst doch Rahm zu Mittag haben?«
»Oh, zu Mittag, ja!« erwiderte die alte Magd.
»Also, Nanon, mach ihm einen recht starken Kaffee. Ich hörte gestern, wie er zu Monsieur des Grassins sagte, daß man in Paris sehr starken Kaffee trinkt. Nimm also recht viel.«
»Und woher soll ich ihn denn nehmen?«
»Kaufe welchen!«
»Und wenn ich Monsieur Grandet begegne?«