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欧也妮葛朗台-Eugénie Grandet 40
日期:2018-08-06 10:16  点击:294
Madame Grandet dachte gar nichts, als sie schlafen ging. Durch die Tür, die ihr Zimmer mit dem des Geizhalses verband, hörte sie ihn drüben unablässig auf und ab gehen. Wie alle schüchternen Frauen hatte sie den Charakter ihres Eheherrn genau studiert und kannte alle seine Schwankungen. So wie die Seemöwe den Sturm vorausempfindet, ahnte sie an allerlei kaum merklichen Zeichen den Orkan voraus, der in Grandet tobte, und aus Vorsicht verhielt sie sich nun totenstill. Grandet blickte auf die Tür, die in sein Geheimkabinett führte und die innen mit Eisenblech beschlagen war, und dachte: ›Welch verrückte Idee meines Bruders, mir sein Kind zu vermachen. Schöne Erbschaft das! Ich habe keine zwanzig Taler zu verschenken. Aber was sind zwanzig Taler für so einen Gecken? Wie er mein Barometer anstarrte, so, als wollte er es gleich in den Ofen stecken.‹
 
Als Grandet jetzt über die Konsequenzen dieses leidvollen Testamentes nachdachte, war er vielleicht aufgeregter, als sein Bruder gewesen sein mochte, als er das Testament verfaßte.
 
›Ich werde das goldene Kleid bekommen? . . .‹ dachte Nanon, die sich im Traum mit dem Altartuch bekleidet sah und von Blumen und Stoffen, Damast und Brokat träumte – zum erstenmal in ihrem Leben, wie Eugénie zum erstenmal von der Liebe träumte.
 
Im reinen und einförmigen Leben der jungen Mädchen kommt einmal eine köstliche Stunde, da die Sonne ihre Strahlen in ihre Seele gießt, da die Blumen ihnen wie lebende Gedanken sind und das Blut des Herzens wie warme befruchtende Kraft zum Hirn strömt und den Gedanken umformt zu unbestimmtem Wünschen – ein Tag voll unschuldiger Melancholie und lieblicher Freuden! Wenn die Kinder sehen gelernt haben, so lächeln sie; wenn ein junges Mädchen die Sentimentalität in der Natur empfindet, lächelt sie dieses Kinderlächeln. Wenn das Licht die erste Liebe des Lebens ist, ist nicht die Liebe das Licht des Herzens? Für Eugénie war der Augenblick gekommen, die Dinge des Lebens klar zu sehen.
 
Wie alle Provinzmädchen Frühaufsteherin, erhob sie sich zeitig, verrichtete ihre Morgenandacht und begann ihre Toilette – eine Beschäftigung, die fürderhin Sinn und Vernunft haben würde. Zunächst glättete sie ihr kastanienbraunes Haar, wand es mit größter Sorgfalt in dicken Zöpfen um den Kopf und achtete wohl darauf, daß die einzelnen Haare nicht aus den Flechten sprangen; sie legte in ihre Frisur eine Symmetrie, die die schlichte Reinheit ihres Antlitzes vorteilhaft hob, da sie ihren kindlichen Zügen einen einfach-edlen Rahmen gab. Sie wusch sich die Hände lange und eifrig in klarem Wasser, das ihre Haut rötete und spröde machte; bei dieser Gelegenheit betrachtete sie ihre schönen runden Arme und fragte sich, wie es der Cousin wohl anstelle, so zarte, weiße Hände, so wohlgeformte Nägel zu haben. Sie zog ein Paar ganz neue Strümpfe und ihre hübschesten Schuhe an. Sie schnürte sich fest, ohne ein Schnürloch zu überspringen. Zum erstenmal in ihrem Leben hatte sie den Wunsch, möglichst vorteilhaft zu erscheinen, und sie wußte daher das Glück zu schätzen, ein neues, hübsch gemachtes Kleid zu besitzen, das ihr wirklich gut stand. 

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