»Halten Sie sich nur immer in Eugénies Nähe, Madame, und Sie werden dem jungen Mann nicht viel zu sagen brauchen, er wird selbst einen Vergleich ziehen, der . . .«
»Zunächst hat er mir versprochen, übermorgen bei mir zu speisen.«
»Ah! wenn Sie nur wollten, Madame«, flüsterte der Abbé.
»Und was verlangen Sie, das ich wollen soll, Monsieur l'Abbé? Beabsichtigen Sie, mir üble Dinge anzuraten? Ich bin Gott sei Dank neununddreißig Jahre alt geworden, ohne meinen guten Ruf im mindesten zu beflecken. Und wenn es sich um das Reich des Großmoguls handelte – ich würde nichts Ehrenrühriges tun wollen. Wir – Sie wie ich – wissen, was unsere Worte bedeuten. Für einen Geistlichen haben Sie recht unschickliche Gedanken. Pfui! Das ist ja eines Faublas würdig.«
»Sie haben Faublas also gelesen?«
»Nein, Monsieur l'Abbé; ich habe die ›Liaisons dangereuses‹ gemeint.«
»Ah! dieses Buch ist unendlich viel moralischer«, sagte der Abbé lachend. »Aber Sie machen mich so schlecht, wie die jungen Leute von heute es sind. Ich wollte Sie nur . . .«
»Wagen Sie zu behaupten, Sie hätten nicht daran gedacht, mir schlechte Dinge anzuraten? Das ist doch ganz klar! Wenn dieser junge Mann, der – ich gebe es zu – sehr sympathisch ist, mir den Hof machen würde, so würde er nicht an die Cousine denken. Ich weiß es, in Paris opfern sich die guten Mütter auf solche Weise für das Glück ihrer Kinder; wir sind aber hier in der Provinz, Monsieur l'Abbé.«
»Jawohl, Madame.«
»Und«, fuhr sie fort, »ich würde nicht – und auch Adolphe würde nicht – diesen Preis bezahlen wollen, und wenn es uns hundert Millionen einbrächte.«
»Madame, ich habe nicht von hundert Millionen gesprochen. Die Versuchung ginge vielleicht sowohl uns wie Ihnen über die Kraft. Ich glaube nur, daß eine anständige Frau sich in allen Ehren kleine bedeutungslose Koketterien erlauben kann, die gewissermaßen zu ihren gesellschaftlichen Pflichten gehören und die . . .«