Grandet! Du bist der Ältere von uns beiden, Du schuldest mir Deinen Schutz: bemühe Dich, daß Charles mir kein bitteres Wort mit ins Grab gibt! Lieber Bruder, wenn ich Dir mit meinem Blut und mit meinen Tränen schriebe, es wäre nicht so schmerzlich als das Seelenleid, dem ich jetzt unterliege, denn dann würde ich doch weinen, bluten, sterben, würde nicht mehr leiden! So aber leide ich und sehe trocknen Auges dem Tod entgegen.
Du bist nun also der Vater Charles'. Er hat keine Verwandten mütterlicherseits. Du weißt das ja, kennst die Gründe! O warum beugte ich mich nicht den sozialen Vorurteilen? Warum folgte ich der Liebe? Warum heiratete ich die natürliche Tochter eines Edelmannes? Charles hat keine Familie mehr. O mein unglücklicher Sohn! Mein Sohn!
Höre, Grandet! Ich schreibe nicht in der Absicht, für mich Deine Hilfe zu erflehen. Dein Vermögen ist wohl auch nicht so beträchtlich, um eine Hypothek von drei Millionen zu tragen. Aber für meinen Sohn flehe ich zu Dir! Sieh, mein Bruder, ich denke an Dich, und meine Hände falten sich. Grandet, sterbend vertraue ich Dir Charles an! Nun erfaßt mich beim Anblick meiner Pistolen kein Schmerz mehr und kein Grauen; mich tröstet der Gedanke, daß Du ihm Vater sein wirst. Charles liebt mich sehr; ich war so gut zu ihm, ich trat seinen Wünschen nie entgegen: er wird mir nicht fluchen. Und dann – Du wirst sehen – er ist sanft, weichherzig – er gleicht seiner Mutter; er wird Dir nie Kummer machen. Armes Kind! Im Überfluß aufgewachsen, sind ihm alle diese Entbehrungen fremd, die uns – mir und Dir – das frühere Elend auferlegte. Und nun ist er ruiniert, verlassen! Ja, alle seine Freunde werden ihn meiden, und ich bin die Ursache dieser Kränkungen. Ach, ich wollte, mein Arm wäre so stark, ihn mit einem einzigen wuchtigen Hieb in den Himmel zu befördern, an die Seite seiner Mutter!