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欧也妮葛朗台-Eugénie Grandet 13
日期:2018-08-03 09:23  点击:272
Die Not hatte das arme Mädchen so geizig gemacht, daß Grandet bald eine gewisse Zuneigung für sie empfand – etwa wie für einen treuen Hund, und Nanon hatte sich von ihm ein Stachelhalsband umlegen lassen, dessen Stacheln nicht mehr schmerzten. Wenn Grandet das Brot allzu sparsam bemaß, beklagte sie sich nicht; sie nahm gern teil an den hygienischen Vorteilen, die das strenge Leben in diesem Hause mit sich brachte; hier war niemals jemand krank gewesen. Ferner schloß sich Nanon ganz an die Familie an: sie lachte, wenn Grandet lachte, bekümmerte sich, fror, schwitzte und arbeitete mit ihm. Wieviel süße Vergeltung kam ihr aus dieser Gemeinsamkeit! Niemals hatte der Herr der Magd einen Verweis erteilt, wenn sie sich zuweilen das Fallobst der Pfirsich- und Pflaumenbäume im Garten schmecken ließ. »Nur zu, Nanon, wohl bekomm's!« sagte er zu ihr in den Jahren, da die Äste unter der Last der Früchte zu brechen drohten, so daß man den Überfluß als Schweinefutter verwenden mußte.
 
Für ein armes Ding vom Lande, das in seiner Jugend stets schlecht behandelt worden war, für ein auf Barmherzigkeit angewiesenes armes Mädchen war das sauersüße Lächeln Grandets ein wahrer Sonnenstrahl. Überdies konnte das schlichte Herz, der gerade Sinn Nanons nicht mehr als einer Empfindung Raum geben, nur einen Gedanken fassen. Seit fünfunddreißig Jahren gedachte sie immer des Augenblicks, als sie mit nackten Füßen, in Lumpen auf dem Bauhof Grandets erschien und der Böttchermeister sie fragte: »Was willst du, mein Herzchen?« Und ihre Dankbarkeit blieb immer jung.
 
Manchmal kam es Grandet wohl in den Sinn, daß dies arme Wesen niemals ein Wort der Schmeichelei vernommen habe, daß sie alle die Freuden entbehren müsse, die der Mann dem Weibe schenkt, und daß sie eines Tages vor Gottes Thron hintreten werde – reiner, als selbst die Jungfrau Maria gewesen. Da wurde Grandet von Mitleid ergriffen und sagte, sie anblickend: »Die arme Nanon!«
 
Dieser Ausruf wurde von der alten Magd jedesmal mit einem langen seltsamen Blick quittiert und war jedesmal ein Glied mehr in der Freundschaftskette, die sie mit ihrem Herrn verband.
 
Grandets Mitleid, das dies arme Mädchen so beseligt hinnahm, war unrein und häßlich; es war das grausame Mitleid des Geizhalses, der im Innern Vergleiche zieht und sich selbst glücklich preist – für Nanon aber war es die Summe der Glückseligkeit. Wer wollte da nicht ebenfalls sagen: »Arme Nanon!« Gott wird seine Engel am bebenden Ton ihrer Stimme erkennen und an ihren tiefgeheimen Schmerzen.
 
Es gab in Saumur eine ganze Anzahl Haushaltungen, in denen es den Dienstboten besser ging als der Großen Nanon bei Grandets, und dennoch waren jene unzufrieden und mürrisch. Da hieß es dann wohl: »Was machen nur die Grandets mit ihrer Großen Nanon, daß sie so anhänglich ist? Sie würde für sie durchs Feuer gehen!« 

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