Als sich Monsieur Grandet die Gelegenheit bot, einen nach dem Gute zurückkehrenden Wagen benutzen zu können, besichtigte er sein Schloß. Nachdem er den Herrscherblick des Eigentümers darauf geworfen hatte, kehrte er nach Saumur zurück – in der angenehmen Gewißheit, sein Geld zu mindestens fünf Prozent angelegt zu haben, und mit der famosen Idee, seinen ganzen Besitz mit dem Marquisat Froidfond zu vereinigen. Ferner beschloß er, um seine nun leer gewordene Kasse neu zu füllen, seine Forste abzuholzen und die Pappeln seines Wiesenlandes zu Geld zu machen.
Nun ist es ein leichtes, die ganze Bedeutung des Wortes »das Haus Grandet« zu erfassen. Es war ein bleiches, kaltes, schweigendes Haus, das, geschützt von den Wallmauern, über die Stadt aufragte.
Die beiden Stützpfeiler des Torbogens waren ebenso wie das ganze Haus aus Tuffstein errichtet, wie er im Gebiet der Loire häufig vorkommt. Dieser Stein ist weiß und so weich, daß er kaum zweihundert Jahre aushält. Die vielen unregelmäßigen Löcher, die der Wechsel der Witterung ihm geschlagen hatte, verliehen dem Rundbogen und den Seitenpfeilern Ähnlichkeit mit dem in der französischen Architektur besonders bei Staatsgebäuden zur Verwendung kommenden geäderten Gestein; daher kam es, daß man wohl meinen konnte, ein Gefängnistor vor sich zu sehen. Über dem Torbogen befand sich in harten Stein gehauen ein langes Basrelief, das in vermorschten und regengeschwärzten Gestalten die vier Jahreszeiten symbolisierte. Das Relief wurde von einer Säulenplatte überragt, auf der allerlei Unkraut wucherte: gelber Mauerpfeffer, Winde, Gräser, Wegerich – und sogar ein kleiner Kirschbaum. Das Tor aus braunem, stark verwittertem Eichenholz wurde in all seiner Gebrechlichkeit von festen Klammern gehalten, die in gefälliger Gleichmäßigkeit angeordnet waren. In der Mitte der Haustür befand sich ein kleines, enges, verrostetes Gitterfenster, darunter ein an einem Ring befestigter Hammer, mit dem der Einlaßbegehrende einem großen grinsenden Nagel auf den Kopf schlagen mußte. Dieser Hammer von länglicher Form und von der Gestalt, die unsere Vorfahren »jaquemart« nannten, war ein wundervolles Stück; ein Altertumsforscher hätte bei aufmerksamer Betrachtung die typischen Merkmale der Narrengestalt, die er einst darstellte, noch zu erkennen vermocht.
Durch das Gitterfensterchen, das zur Zeit der Bürgerkriege dazu diente, Freund oder Feind erkennen zu lassen, konnte der Neugierige in eine dunkle Vorhalle hineinblicken, an deren hinterem Ende einige ausgetretene Stufen in einen Garten hinaufführten. Dieser wurde von breiten, feuchtfleckigen Mauern, aus denen hier und da Strauchwerk wucherte, malerisch eingefaßt. Die Mauern gehörten zum Stadtwall, auf dessen Höhe sich die Gärten angrenzender Nachbarhäuser ausbreiteten.