Der offizielle Einzugsschmaus.
Viele der folgenden Tage verliefen in der gleichen Weise, nur mit der Ausnahme, daß allerlei Besuche gemacht und angenommen wurden, daß Mrs. Skewton in ihrem Zimmer kleine Morgenempfänge hielt, bei denen sich Major Bagstock sehr fleißig einstellte, und daß Florence dem Blicke ihres Vaters nicht wieder begegnete, obschon sie ihn jeden Tag sah. Florence hatte auch nicht viel mündlichen Verkehr mit ihrer neuen Mama, die – wie ihr nicht entgehen konnte – sich gegen jeden im Hause stolz und herrisch benahm, nur nicht gegen unsere Freundin, da Edith, sooft sie ausging oder von Besuchen zurückkehrte, sie entweder rufen ließ oder selbst aufsuchte. Auch versäumte die neue Mutter nicht, jede Gelegenheit zu benützen, um in Florences Gesellschaft zu sein, wie sie denn auch bis in die späte Nacht hinein gern in ihrem Zimmer verweilte, obschon sie oft stundenlang schweigend und gedankenvoll nebeneinander saßen.
Florence, die sich so viel von dieser Heirat versprochen hatte, konnte nicht umhin, da« prunkvolle Haus zuweilen mit dem düsteren, traurigen Platz zu vergleichen, aus dem es sich erhoben hatte. Sie fragte sich verwundert, wann es denn irgend endlich einmal anfangen werde, eine Heimat zu sein. Denn es war stets für sie ein Gegenstand geheimer Besorgnis, daß es jetzt, obschon alles regelmäßig und üppig herging, nicht so genannt werden könne. Die so kräftig abgegebene Versicherung ihrer neuen Mama, daß niemand auf Erden unfähiger sei, sie zu lehren, wie sie das Herz ihres Vaters gewinnen solle, bereitete ihr, sowohl bei Tag wie bei Nacht, manche Stunde kummervollen Nachdenkens, und ihre Tränen strömten ob der vernichteten Hoffnung. Und sobald Florence zu erwägen begann – zu erwägen sich vornahm, würde wohl der passendere Ausdruck sein – daß niemand so gut wissen könne als sie, wie hoffnungslos es sei, die Kälte des Vaters zu mildern oder umzuwandeln, – so mußte sie wohl auch zu dem Schlüsse kommen, Edith habe ihr nur aus Mitleid untersagt, über diesen Gegenstand mit ihr zu sprechen. Wie in allem ihr Tun und Denken frei von aller Selbstsucht war, zog sie es vor, lieber den Schmerz dieser neuen Wunde zu ertragen, als ihrem Vater auch nur im mindesten diesen Kummer zu offenbaren, und sie bewahrte ihm ihre ganze Zärtlichkeit selbst in ihrem rastlosen Grübeln. Was seine Heimat betraf, so hoffte sie, es werde damit besser werden, wenn er sich einmal an die Neuheit gewöhnt habe; für sich selbst aber dachte sie nicht viel darüber nach und klagte noch weniger.
Wenn es auch in der neuen Familie nicht sehr heimisch zuging, so beschloß doch Mrs. Dombey energisch, daß es wenigstens nach außen einen andern Anschein gewinne. Zur Feier der kürzlich begangenen Vermählung und zur Erweiterung des gesellschaftlichen Kreises wurde eine Reihe von Festmahlen angeordnet, die der Übereinkunft gemäß damit beginnen sollten, daß Mrs. Dombey an einem gewissen Abend zu Hause blieb, und Mr. und Mrs. Dombey für solchen Tag sich die Ehre vieler, sehr wenig zusammenstimmender Personen zu einem Diner erbaten.
Demgemäß fertigte Mr. Dombey eine Liste von allerlei Größen des östlichen Stadtteils an, die um seinetwillen zu dem Feste eingeladen wurden. Dagegen fügte entsprechend Mrs. Skewton im Namen ihres lieben Kindes, das sich in seinem Stolz um dergleichen Dinge nicht bekümmerte, eine Liste für den Westen bei. Auf dieser stand nun auch Vetter Feenix, der zum großen Nachteil für sein persönliches Besitztum noch immer nicht nach Baden-Baden zurückgekehrt war. Daneben viele Motten von verschiedenem Rang und Alter, die vordem um das Licht ihrer schönen Tochter oder um ihr eigenes hergeflattert waren, ohne dabei für ihre Flügel einen bedeutenden Schaden zu nehmen. Auf Ediths Befehl, der Folge eines augenblicklichen Zweifelns und Zauderns von seiten Mrs. Skewton, mußte auch Florence unter die Teilnehmer eingereiht werden, und das arme Mädchen leistete mit stummer Verwunderung Folge, da ihr instinktartiges Gefühl sie schnell über das belehrte, was ihren Vater auch nur im mindesten unangenehm berühren konnte.
Die Feierlichkeit nahm damit ihren Anfang, daß Mr. Dombey in einer ungemein hohen und steifen Halsbinde bis zu der für das Diner anberaumten Stunde in dem Besuchszimmer unablässig hin und her ging. Pünktlich wie die Uhr erschien zuerst ein Direktor der ostindischen Kompanie von unermeßlichem Reichtum in einer fast brettartigen Nankingweste und wurde von Mr. Dombey empfangen. Zunächst ließ Mr. Dombey ebenso pünktlich Mrs. Dombey seine Empfehlungen ausrichten und sie ersuchen, zum Empfang der Gäste zu erscheinen. Da jetzt der Direktor nicht wußte, was er sagen sollte, und Mr. Dombey auch nicht in der Lage war, ein Gespräch zu unterhalten, so starrte dieser große Mann nach dem Feuer hin, bis in der Person von Mrs. Skewton Hilfe nahte. Als erfreulicher Anlauf für den Abend hielt der Direktor diese Dame irrtümlicherweise für Mrs. Dombey und begrüßte sie mit Begeisterung.
Der weiterhin Erscheinende war ein Bankdirektor, der im Rufe stand, alles aufkaufen zu können – sogar die ganze menschliche Natur, wenn er es sich je in den Kopf setzen sollte, seinen Einfluß nach dieser Richtung des Geldmarktes auszudehnen. Zwar tat er fast großsprecherisch bescheiden von seinem »kleinen Häuslein« zu Kingston über der Themse in einer Weise, als sei es kaum imstande, Mr. Dombey ein Bett und ein Hammelrippchen zu bieten, wenn dieser einmal auf Besuch hinkäme. Für einen Mann von seiner ruhigen Lebensweise, sagte er, passe es zwar nicht, Damen einzuladen. Falls aber Mrs. Skewton und ihre Tochter, Mrs. Dombey, je in die Gegend kämen und ihm die Ehre erweisen wollten, das bißchen Gesträuch, das sie daselbst finden würden, ein armes, kleines Blumenbeet und dergleichen, einen dürftigen Anflug von Fichtengehölz und zwei oder drei ähnliche anspruchslose Versuche zu beaugenscheinigen, so würde er dieses als große Auszeichnung betrachten. Im Einklang mit seinem Charakter war dieser Herr sehr einfach gekleidet; denn er trug nur eine dünne Halsbinde, große Schuhe, einen viel zu weiten Rock und ein Paar knappe Beinkleider. Auch erklärte er, als Mrs. Skewton auf die Oper anspielte, daß er sie nur sehr selten besuche, weil er es nicht erschwingen könne. Derartige Äußerungen schienen ihm große Freude zu machen; denn während er mit den Händen in der Tasche dastand, strahlte sein Gesicht dem Hörerkreis zu, und in dem Blinzeln seiner Augen gab sich ungemeine Selbstzufriedenheit kund.
Nun erschien Mrs. Dombey, schön, stolz, und dabei den bereits Anwesenden einen Blick trotziger Verachtung zuwerfend, als sei der bräutliche Kranz auf ihrem Haupt eine Krone von Lanzenspitzen, ihr aufgesetzt, um ihr ein Zugeständnis abzuringen, dem sie nicht nachzugeben beschlossen hatte, und wenn es ihr das Leben kostete. Sie führte Florence an ihrer Hand. Als sie miteinander eintraten, verdunkelte der Schatten aus der Nacht nach der Rückkehr wieder Mr. Dombeys Gesicht, obschon unbemerkt. Florence wagte es nämlich nicht, ihre Augen zu den seinen zu erheben, und Edith zeigte sich zu gleichgültig, um auch nur im mindesten auf ihren Gatten zu achten.
Die Gäste stellten sich jetzt rasch nacheinander in großer Anzahl ein. Noch mehr Direktoren, Präsidenten öffentlicher Kompanien, ältere Damen, die ganze Lasten von Putz auf ihren Köpfen trugen, Vetter Feenix, Major Bagstock und unterschiedliche Freundinnen von Mrs. Skewton mit demselben jugendlichen Anstrich und sehr kostbaren Kolliers um ihren welken Hals. Unter diesen befand sich eine junge Dame von Fünfundsechzig, die, was Rücken und Schultern betraf, merkwürdig leicht gekleidet war. Sie sprach stets mit einem gewinnenden Lispeln, konnte ihre Augenlider nicht ohne große Mühe offen erhalten und zeigte in ihrem ganzen Wesen jenen unbeschreiblichen Zauber, der so häufig in dem Schwinden der Jugend liegt. Da der größere Teil von Mr. Dombeys Liste sehr schweigsam und der größere Teil von Mrs. Dombeys Liste sehr zum Reden geneigt war, so konnte natürlich keine sonderliche Sympathie zwischen den beiden Partien herrschen. Deshalb schloß Mrs. Dombeys Liste, wie infolge eines gemeinsamen heimlichen Einverständnisses, einen Bund gegen Mr. Dombeys Liste, die auf den einsamen Wanderungen durch die Zimmer oder in ihren Zufluchtswinkeln von der hereinkommenden Gesellschaft verstrickt, hinter Sofas verbarrikadiert, durch rasch von außen geöffnete Türen mit derben Kopfnüssen heimgesucht und jeder Art von Ungemach ausgesetzt wurde.
Das Aufgebot zum Diner erfolgte. Mr. Dombey reichte einer alten Dame, die wie ein mit Banknoten bestecktes, rotsamtenes Nadelkissen aussah und um ihres Reichtums und ihrer unverträglichen Miene willen wohl die alte Lady von Threadneedle-Street (die englische Bank) hätte vorstellen können, den Arm. Vetter Feenix gesellte sich zu Mrs. Dombey. Major Bagstock geleitete Mrs. Skewton. Das junge Ding mit den nackten Schultern wurde als Ordensschmuck dem Direktor der ostindischen Kompanie verliehen, und die übrigen Damen mußten vor den im Besuchzimmer zurückgebliebenen Herren Parade machen, bis je eine verlorene Hoffnung sich erbot, sie nach dem Speisezimmer hinunterzuführen, wo diese Wackeren mit ihren schönen Gefangenen die Tür versperrten, so daß sich sieben weniger kühne Männer in die hartherzige Halle hinausgeschlossen sahen. Nachdem alle übrigen Gäste noch eingetreten waren und Platz gefunden hatten, tauchte einer von ihnen lächerlich verwirrt auf und mußte von dem Oberkellner zweimal um die Tafel herumgeführt werden, ehe sich sein Stuhl auffinden ließ. Zuletzt entdeckte man diesen links von Mrs. Dombey, und der linkische Mann fühlte sich durch besagte Einführung dermaßen eingeschüchtert, daß er die ganze Zeit über seinen Kopf nicht wieder erhob.
Der geräumige Speisesaal mit der um die glänzende Tafel herumsitzenden Gesellschaft, die sich emsig mit den blanken Löffeln, Messern, Gabeln und Tellern beschäftigte, hätte für eine groß gewordene Schaustellung von Tom-Tittler-Reliefs angesehen werden können, wo Kinder auf Gold und Silber sich gütlich tun. Mr. Dombey als Tittler nahm sich in dieser Rolle bewunderungswürdig aus, und der lange Tafelaufsatz zwischen ihm und Mrs. Dombey, auf dem plastisch dargestellte herzlose Liebesgötter ihnen geruchlose Blumen darboten, ward hier zu einem recht passenden Symbol.
Vetter Feenix zeigte sich in voller Kraft und erstaunlich jugendlich. Trotzdem wurde er in seiner guten Stimmung bisweilen gedankenlos: denn sein Gedächtnis war hin und wieder so unstet, wie seine Beine, und bei einer dieser Gelegenheiten flößte er der Gesellschaft einen wahren Schauder ein. Das geschah folgendermaßen. Die junge Lady mit dem entblößten Rücken, die mit Vetter Feenix zärtliche Gefühle unterhielt, hatte den Direktor der ostindischen Kompanie dazu verleitet, sie nach dem Stuhl neben ihm zu führen. Zum Dank für diesen Dienst gab sie augenblicklich ihren Geleitsmann auf, so daß dieser, der nun auf der andern Seite von einem düsteren, schwarzen Samthut über einem knöchernen, schweigsamen Frauenzimmer mit einem Fächer beschattet wurde, trostlos sich in sich selbst zurückzog. Vetter Feenix und die junge Dame waren sehr lebhaft und launig; dabei lachte letztere über etwas, was ihr Vetter Feenix erzählt hatte, so sehr, daß Major Bagstock im Auftrag der Mrs. Skewton (diese saß etwas weiter unten dem Paare gegenüber) sich die Frage erlaubte, ob der erheiternde Gegenstand nicht Gemeingut werden könne.
»Ei, bei meinem Leben«, sagte Vetter Feenix, »es ist nichts daran – nicht der Mühe wert, es zu wiederholen – in Wahrheit nur eine Anekdote von Jack Adams. Ohne Zweifel erinnert sich mein Freund Dombey« – denn die allgemeine Aufmerksamkeit war jetzt Vetter Feenix zugewendet – »des Jack Adams, des Jack Adams, nicht des Joe; denn dieser war sein Bruder. Jack – der kleine Jack – Mann mit schielendem Auge und einem leichten Hindernis in seiner Sprache – Mann, der für den Flecken eines andern im Parlament saß. Vielleicht hat mein Freund Dombey den Mann gekannt?«
Mr. Dombey hätte wohl ebensogut sich der Bekanntschaft des Guy Fawkes [Fußnote] rühmen können und antwortete daher mit Nein. Aber einer von den anwesenden Kavalieren konnte sich rühmen, er habe ihn gekannt, und dazu bemerken: »Er trug immer hessische Stiefel!«
»Ganz richtig«, entgegnete Vetter Feenix und sah sich den Kavalier ermunternd genauer an. »Dies war Jack. Joe trug –«
»Stulpen!« rief der Kavalier, der mit jedem Augenblick mehr in der öffentlichen Achtung stieg.
»Natürlich«, versetzte Vetter Feenix. »Ihr wart mit ihnen bekannt?«
»Jawohl; mit beiden«, sagte der Kavalier, dem jetzt Mr. Dombey zuprostete.
»Verdammt guter Kerl, der Jack?« fuhr Vetter Feenix fort, indem er sich abermals vorbeugte und lächelte.
»Ausgezeichnet«, entgegnete der Kavalier. »Einer der besten Burschen, die ich je kennenlernte.«
»Ohne Zweifel habt Ihr die Geschichte gehört?« fragte Vetter Feenix.
»Ich werde sie erfahren, wenn Eure Herrlichkeit zur Mitteilung geneigt ist«, erwiderte der Kavalier, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und lächelte nach der Decke hinauf, als wisse er sie bereits auswendig und freue sich schon von vornherein darauf.
»In Wahrheit. Es ist eigentlich nichts an der Sache«, sagte Vetter Feenix, lächelnd und mit lebhaftem Kopfschütteln sich an die Tischgesellschaft wendend, »und es bedarf daher keines Vorworts. Aber es ist bezeichnend für Jacks artige Einfälle. Die Sache verhält sich so, daß Jack zu einer Hochzeit eingeladen wurde, die, glaube ich – in Barkshire stattfinden sollte?«
»Shropshire«, warf der Kavalier ein.
»Wirklich? – gut! In der Tat, es könnte auch in was immer für einem Shire geschehen sein«, fuhr Vetter Feenix fort. »Mein Freund also, der zu dieser Hochzeit in jenem Shire eingeladen ist, geht – geradeso wie jeder von uns, der mit einer Einladung zu der Hochzeit meiner lieblichen und begabten Verwandten mit meinem Freund Dombey beehrt wurde, nicht zweimal sich hätte nötigen lassen. Er war verdammt froh, an einer so interessanten Angelegenheit teilzunehmen, und geht – Jack geht. Diese Hochzeit war in der Tat die Verbindung eines ungemein schönen Mädchens mit einem Herrn, um den sie sich keinen Strohhalm kümmerte und den sie nur wegen seines unermeßlichen Vermögens genommen hatte. Als Jack nach den Trauungsfeierlichkeiten wieder in London anlangte, begegnete ihm in der Vorhalle des Unterhauses ein Bekannter und sagte zu ihm: ›Jack, das ist in der Tat eine schlimme Geschichte, ein schlimmes Geschäft‹. ›Ein schlimmes Geschäft?‹ versetzte Jack. ›Durchaus nicht. Mir erscheint es vollkommen ehrlich und einwandfrei. Sie ist regelmäßig gekauft, und Ihr könnt darauf schwören, daß er ebenso regelmäßig verkauft ist!‹«
Vetter Feenix freute sich noch über diesen Glanzpunkt in seiner Geschichte, als ihm mit einemmal der Schauder, der wie ein elektrischer Funke am Tisch umhersprang, auffiel. Er hielt inne. Auf keinem Gesicht lockte dieser einzige allgemeine Unterhaltungsgegenstand, der soeben zur Sprache kam, ein Lächeln hervor. Es folgte ein tiefes Schweigen, und der vernichtete Kavalier, der von der bevorstehenden Geschichte so wenig eine Ahnung gehabt hatte wie ein neugeborenes Kind, mußte den Jammer erfahren, daß ein jedes Auge ihn als den Urheber dieser Unbesonnenheit anzusehen schien.
Mr. Dombeys Gesicht war nicht wandlungsfähig und beharrte in seiner gußeisernen Stattlichkeit. Die Erzählung schien auf ihn durchaus keinen Eindruck zu machen und ihn zu nichts Weiterem anzuregen, als daß er mitten in dem Schweigen feierlich sagte: »Sehr gut.«
Edith entsandte einen hastigen Blick nach Florence hin, bewahrte aber in ihrem Äußeren eine ruhige, gleichgültige Miene.
Durch die verschiedenen Stadien von köstlichen Speisen und Weinen, ewigem Gold und Silber, Leckereien aus Erde, Feuer, Luft und Wasser, aufgehäuften Früchten und jenem bei Mr. Dombeys Banketten so unnötigen Artikel, dem Eis, nahm das Diner langsam seinen Fortgang und wurde namentlich während seiner späteren Abschnitte durch die volltönige Musik von unablässigen Türschlägen begleitet – die Ankündigung von weiteren Gästen, deren Anteil an dem Mahl sich auf den Geruch davon beschränkte. Als Mrs. Dombey aufstand, war es in der Tat ein merkwürdiges Schauspiel, mit anzusehen, wie ihr Herr mit steifem Hals und aufrechtem Kopf für den Abzug der Damen die Tür offenhielt, während sie, dessen Tochter an ihrem Arme, an ihm vorbeirauschte.
Wie denkmalmäßig nahm sich nicht Mr. Dombey hinter den Flaschen aus! Der Direktor der ostindischen Kompanie saß wie in einer Einöde verloren an dem jetzt fast unbesetzten Tisch. Der Major war ganz Militär und erzählte den übrigen Kavalieren (der ehrgeizige war nämlich ganz ausgetilgt) Geschichten von dem Herzog von York. Der Bankdirektor, der sich gar gering ausnahm, entwarf für eine Gruppe von Bewunderern mit Dessertmessern einen Riß von seinem dürftigen Fichtenanflug, und Vetter Feenix, in Gedanken vertieft, glättete seine langen Manschetten und rückte verstohlen seine Perücke zurecht. Welchen Anblick übrigens alle diese Gentlemen bieten mochten – er war nur von kurzer Dauer, da er bald durch den Kaffee unterbrochen wurde, nach dem sie insgesamt das Speisezimmer verließen.
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Das Gewühl in den Staatsgemächern oben vermehrte sich mit jeder Minute. Aber noch immer schien sich Mr. Dombeys Gästeliste unmöglich mit der von Mrs. Dombey harmonisch bilden zu können, so daß es bei keiner der anwesenden Personen zweifelhaft blieb, zu welcher von beiden sie gehörte. Die einzige Ausnahme von dieser Regel machte vielleicht Mr. Carker, der in der Gesellschaft umherlächelte. Er beobachtete in dem Kreise, der sich um Mrs. Dombey gesammelt hatte, diese selbst, ihre Umgebung, seinen Chef, Kleopatra und den Major, Florence und alle im Saal aufs genaueste. Augenscheinlich überwand er die gesellschaftliche Spaltung mit großer Leichtigkeit, und es war ihm nicht anzumerken, daß er es ausschließlich mit der einen oder der andern hielt.
Florence fürchtete sich vor ihm, und seine Anwesenheit lastete wie ein Alp auf ihr. Sie konnte sich dieses Gefühls nicht erwehren; denn ihre Augen wurden durch die Abneigung und das Mißtrauen, die zu überwinden sie außerstande war, stets nach ihm hingezogen. Gleichwohl waren ihre Gedanken mit andern Dingen beschäftigt. Sie saß nämlich, obschon nicht unbewundert und unaufgesucht, beiseite und fühlte in der Zartheit ihrer stillen Seele wohl, wie wenig Anteil ihr Vater an allem nahm, was vorging. Mit Schmerz bemerkte sie, wie unbehaglich ihm dieses Treiben zu sein schien und wie wenig er, während er sich in der Nähe der Tür aufhielt, wegen jener Gäste bewundert wurde, die er dadurch besonders auszuzeichnen wünschte, daß er sie seiner Gattin vorstellte. Diese begrüßte dieselben mit stolzer Kälte, ohne dabei eine Spur von Teilnahme oder Liebenswürdigkeit zu zeigen. Nachdem die kahle Zeremonie des Empfangs vorüber war, blieben ihre Lippen verschlossen und fanden kein weiteres Wort des Willkommens für seine Freunde oder des Eingehens auf seine Wünsche. Nicht weniger verwirrend und peinlich wurde für Florence die Beobachtung, daß die Frau, die sich so benahm, sie stets liebevoll und mit der größten Rücksicht behandelte. Es kam ihr fast vor, als danke sie ihr schlecht, wenn sie für diese Vorgänge überhaupt nur Augen hatte.
Wie glücklich wäre Florence gewesen, wenn sie es hätte wagen dürfen, ihrem Vater auch nur durch Blicke Gesellschaft zu leisten. Ein noch größeres Glück aber war es für sie, daß sie von dem Hauptgrund seiner Unruhe keine Ahnung hatte. Gleichwohl scheute sie sich, merken zu lassen, daß sie seine unvorteilhafte Stellung durchschaute. Sie wollte ihm nicht dadurch irgendein Ärgernis verursachen. Im Kampfe zwischen ihren Gefühlen für ihn und ihrer dankbaren Zuneigung zu Edith wagte sie es kaum, zu beiden die Augen zu erheben. In ihrer Bekümmernis drängte sich ihr unter dem Gewühl von andern Gedanken auch der auf, es dürfte wohl besser für sie gewesen sein, wenn dieser Lärm von Zungen und Fußtritten nie hieher gekommen wäre – wenn statt des neuen Prunkes noch die alte Öde herrschte – wenn das vernachlässigte Kind in Edith keine Freundin gefunden hätte, sondern noch immer unbemitleidet und vergessen in der Einsamkeit fortlebte.
Mrs. Chick hatte auch einigermaßen derartige Gedanken, obschon sie nicht so ruhig in ihrem Herzen verschlossen blieben. Diese gute Frau war schon dadurch in die höchste Wut versetzt worden, daß sie keine Einladung zu dem Diner unmittelbar nach der Ankunft des Paars erhalten hatte. Nachdem dieser Schlag teilweise verschmerzt war, bot sie alle Mittel auf und scheute keine Kosten, um vor Mrs. Dombey sich aufzuspielen, so daß dieser Dame die Augen vergehen und Mrs. Skewton sich zu Tod ärgern sollte.
»Aber es ist so weit gekommen«, sagte Mrs. Chick zu ihrem Gatten, »daß ich nicht mehr gelte, als Florence. Wer nimmt nur die mindeste Rücksicht auf mich? Niemand!«
»Niemand, meine Liebe«, pflichtete Mr. Chick bei, der neben ihr an der Wand saß und sich auch jetzt nur durch leises Pfeifen trösten konnte.
»Sieht es nicht aus, als ob ich hier ganz und gar überflüssig sei?« rief Mrs. Chick mit blinzelnden Augen.
»Jawohl, meine Liebe – das glaube ich auch«, sagte Mr. Chick.
»Paul ist verrückt!« rief Mrs. Chick.
Mr. Chick pfiff.
»Wenn du nicht ein ganzes Ungeheuer bist – und es kommt mir oft vor, als sei dies der Fall«, fuhr Mrs. Chick unverhohlen fort, »so sitz nicht hier herum, um ein Liedchen zu summen. Wie kann jemand, der nur im entferntesten das Gefühl eines Mannes in sich trägt, mit ansehen, wie Pauls Schwiegermutter sich kleidet und wie sie es mit dem Major Bagstock treibt, für den wir unter anderen kostbaren Dingen auch deiner Lukretia Tox verpflichtet sind.«
»Meiner Lukretia Tox meine Liebe?« versetzte Mr. Chick erstaunt.
»Ja«, entgegnete Mrs. Chick mit großer Strenge, »deiner Lukretia Tox. In der Tat, wie jemand jene Schwiegermutter Pauls, das hochmütige Weib Pauls, die unanständigen, alten Vogelscheuchen mit ihren nackten Rücken und Schultern, kurz all dieses Treiben mit ansehen und pfeifen kann –« Mrs. Chick legte auf die letzteren Worte einen so verächtlichen Nachdruck, daß Mr. Chick darüber zusammenfuhr – »das ist, dem Himmel sei Dank, ein Geheimnis für mich.«
Mr. Chick verzog seinen Mund in einer Weise, die ein Summen oder Pfeifen unmöglich machte, und schaute betrachtungsvoll vor sich hin.
»Hoffentlich weiß ich aber, was sich für mich gehört«, fuhr Mrs. Chick in steigender Entrüstung fort, »obschon es Paul vergessen hat. Ich, ein Glied dieser Familie, bin nicht hergekommen, um ohne alle Beachtung dazusitzen. Ich bin nicht der Staub unter Mrs. Dombeys Füßen, nein – noch nicht ganz«, sagte Mrs. Chick, als sehe sie voraus, daß es etwa übermorgen doch so weit kommen könnte – »und ich werde gehen. Was ich auch darüber denken mag, so will ich doch kein Wort darüber verlieren, daß diese ganze Geschichte bloß eingeleitet wurde, um mich herabzuwürdigen und zu kränken. Ich werde einfach gehen. Man wird mich nicht vermissen.«
Mrs. Chick richtete sich bei diesen Worten kerzengerade auf und nahm den Arm ihres Gatten, der sie aus dem Zimmer führte, wo sie eine halbe Stunde im Schatten gesessen hatte. Wir müssen bemerken, daß sie bei ihrer Prophezeiung viel Scharfsinn bekundete, denn sie wurde in der Tat durchaus nicht vermißt.
Sie war übrigens nicht der einzige entrüstete Gast. Mr. Dombeys Liste, die noch immer in Nöten stand, nahm es in Masse sehr übel, daß Mrs. Dombeys Liste durch Lorgnetten nach ihr hinsah und laut ihre Neugierde äußerte, was das doch alles für Leute seien. Mrs. Dombeys Liste dagegen beklagte sich über Langeweile, und das junge Ding mit den Schultern, das jetzt die Aufmerksamkeiten jenes lebhaften Jünglings, des Vetter Feenix, entbehren mußte, da dieser nach der Tafel sich entfernt hatte, teilte dreißig oder vierzig Bekannten im Vertrauen mit, die Sache sei ihr bis in den Tod verleidet. Sämtliche alte Damen mit überladenen Frisuren hatten mehr oder weniger Ursache, sich über Mrs. Dombey zu beschweren, und die Direktoren und Präsidenten vereinigten sich in dem Gedanken, wenn Dombey einmal habe heiraten müssen, so wäre es besser gewesen, seine Wahl hätte eine Person getroffen, die ihm dem Alter nach näher stand und nicht ganz so schön, dabei aber manierlicher war. Die allgemeine Ansicht dieser Klasse von Gentlemen lief darauf hinaus, daß es von Dombey eine Schwäche gewesen sei, und daß er es wohl noch bereuen werde. Mit Ausnahme der wenigen Kavaliere blieb oder entfernte sich kaum jemand, ohne über Vernachlässigung oder Kränkung durch Mr. oder Mrs. Dombey zu klagen. Auch hatte das stumme Frauenzimmer in dem schwarzen Samthut nur deshalb ihre Sprache verloren, weil der Lady in dem roten Samthut vor ihr der Arm geboten worden war. Sogar die Stimmung der Kavaliere erlitt, entweder weil zuviel Limonade in ihr zirkulierte, oder infolge der allgemeinen Ansteckung eine böse Wandlung; denn sie machten gegeneinander sarkastische Späße oder schalten in Flüstertönen auf den Treppen und Nebenplätzen. Das Mißvergnügen und die Unbehaglichkeit verbreitete sich von der Gesellschaft oben sogar bis zu der Dienerschaft in der Halle und von dieser auf die Fackelträger in der Straße draußen, die die Gäste mit einem Leichenzug verglichen, in dem keiner der Leidtragenden mit einem Legat bedacht worden wäre.
Endlich hatten sich sämtliche Gäste entfernt – auch die Fackelträger, und die Straße, die so lange mit Equipagen überfüllt gewesen, war frei. Die ersterbenden Lichter ließen in den Zimmern niemanden mehr erblicken, als Mr. Dombey, der mit Mr. Carker sich abseits besprach, und Mrs. Dombey mit ihrer Mutter. Erstere saß auf einer Ottomane, und letztere erwartete in der Kleopatra-Haltung die Ankunft ihres Mädchens. Nachdem Mr. Dombey sich mit Carker zu Ende besprochen hatte, trat dieser mit einem Katzenrücken heran, um sich zu verabschieden.
»Ich hoffe«, sagte er, »daß die Anstrengungen dieses köstlichen Abends Mrs. Dombey morgen keine Unbequemlichkeit bereiten werden.«
»Mrs. Dombey hat sich der Anstrengung reichlich enthoben«, bemerkte Mr. Dombey, der jetzt herantrat, »als daß Ihr deshalb besorgt sein dürftet. Es tut mir leid. Euch sagen zu müssen, Mrs. Dombey, daß es mir lieb gewesen wäre, wenn Ihr bei dieser Gelegenheit etwas mehr getan hättet.«
Sie warf ihm einen stolzen Blick zu, als halte sie es nicht der Mühe wert, bei diesem Gegenstand überhaupt zu verweilen, und wandte dann ihre Augen wieder ab, ohne zu sprechen.
»Ich bedaure, Madame«, fuhr Mr. Dombey fort, »daß Ihr es nicht für Eure Pflicht halten mochtet –«
Sie sah wieder nach ihm hin.
»Für Eure Pflicht, Madame«, fuhr Mr. Dombey fort, »meine Freunde mit etwas mehr Achtung zu empfangen. Einige von denen, die Ihr heute abend in so auffallender Weise zu vernachlässigen beliebtet, Mrs. Dombey, erweisen Euch, muß ich Euch sagen, mit jedem Besuche eine große Ehre.«
»Wißt Ihr, daß noch jemand hier ist?« versetzte sie, ihn jetzt mit Festigkeit ins Auge fassend.
»Nein, Carker – ich bitte, laßt dies. Ich bestehe darauf, daß Ihr bleibt«, rief Mr. Dombey, diesen Gentleman zurückhaltend, der sich daraufhin mit lautlosen Schritten entfernen wollte. »Ihr wißt, Madame, daß Mr. Carker mein Vertrauen besitzt, und er kennt die Sache, von der ich spreche, so gut wie ich selbst. Ich erlaube mir daher, Euch zu belehren, Mrs. Dombey, daß ich in den Besuchen dieser reichen und bedeutenden Personen eine Auszeichnung für mich sehe.«
Mr. Dombey warf sich dabei in die Brust, als habe er besagten Personen jetzt die höchst mögliche Bedeutsamkeit gegeben.
»Ich muß wiederholt fragen«, entgegnete sie, wieder den festen Blick stolzer Verachtung auf ihn heftend, »ob Ihr wißt, daß jemand hier ist, Sir.«
»Ich muß bitten«, sagte Mr. Carker vortretend, »ich muß bitten, ich muß fordern, daß ich entlassen werde. So gering und belanglos auch diese Meinungsverschiedenheit ist –«
Mrs. Skewton, die inzwischen kein Auge von dem Gesicht ihrer Tochter verwandt hatte, ergriff jetzt das Wort:
»Meine süßeste Edith«, sagte sie, »und mein teuerster Dombey – unser vortrefflicher Freund Mr. Carker, denn so muß ich ihn ohne Zweifel nennen –«
»Allzuviel Ehre«, murmelte Mr. Carker.
»– hat sich derselben Worte bedient, die mir auf dem Herzen lagen, und ich brannte schon seit einer Ewigkeit vor Begier, sie anzubringen. Gering und belanglos! Meine süßeste Edith und mein teuerster Dombey, wissen wir nicht, daß jede Meinungsverschiedenheit zwischen euch beiden – nein, Flowers; jetzt nicht.«
Flowers war die Kammerjungfer, die, als sie bemerkte, daß Gentlemen anwesend waren, sich eiligst wieder zurückzog.
»Daß jede Meinungsverschiedenheit zwischen euch beiden«, nahm Mrs. Skewton wieder auf, »mit dem Herzen, das ihr gemeinschaftlich besitzt, und bei dem bezaubernden Einklang der Gefühle, der zwischen euch stattfindet, notwendig gering und belanglos sein muß? Mit welchen Worten könnte diese Tatsache besser bezeichnet werden? Mit keinen. Darum benutze ich mit Freuden diesen unbedeutenden Anlaß – diesen geringfügigen Anlaß, der bei eurer Natürlichkeit, eurem individuellen Charakter und dergleichen so wahrhaft geeignet ist, Tränen in ein Mutterauge zu bringen – um die Versicherung abzugeben, daß ich der Sache nicht die mindeste Wichtigkeit beilege, es sei denn als einer Entwicklung jener feineren Elemente der Seele. Ich will daher nicht nach Art der meisten Schwiegermütter – welch ein garstiger Ausdruck, mein lieber Dombey! – wie sie dem Vernehmen nach in dieser leider nur zu erkünstelten Welt bestehen, den Versuch machen, zu einer solchen Zeit je mich einzumengen. Auch kann ich im ganzen solch ein kleines Aufzucken der Fackel des, wie heißt er doch – nicht Cupido, sondern das andere liebenswürdige Wesen – nicht beklagen.«
In dem Blick der guten Mutter, den sie bei diesen Worten nach ihren beiden Kindern entsandte, lag eine Schärfe, die vielleicht auf einen unmittelbaren und wohlüberlegten Zweck hindeutete, der sich hinter den zusammenhanglosen Worten barg. Er bestand wohl in nichts anderem, als in der Vorsorge, schon im Anfang bei dem Klirren der gemeinsam drückenden Kette, das notwendig folgen mußte, sich beiseite zu machen und hinter dem Trugbilde ihres unschuldigen Glaubens an ihre wechselseitige Liebe und an ihr Zusammenpassen Schutz zu suchen.
»Ich habe Mrs. Dombey auf das aufmerksam gemacht«, sagte Mr. Dombey in seiner stattlichsten Weise, »was mir in ihrem Benehmen schon in so früher Zeit unseres Ehestandes mißfällt und was ich deshalb zu verbessern bitte. Carker«, mit einem Nicken der Entlassung, »ich wünsche Euch gute Nacht.«
Mr. Carker verbeugte sich gegen die gebieterische Gestalt der jungen Frau, deren funkelndes Auge auf ihren Gatten geheftet war, und machte dann beim Hinausgehen vor Kleopatras Ruhebett halt, um die gnädig ihm hingebotene Hand in tiefer, bewundernder Huldigung an seine Lippen zu führen.
Hätte Edith auf den Vorwurf eine Erwiderung gegeben, ihr Gesicht verändert, oder das Schweigen, in dem sie beharrte, auch nur durch ein Wort unterbrochen, so würde Mr. Dombey, nun sie allein waren – denn Kleopatra hatte sich eiligst aus dem Staube gemacht – wohl imstande gewesen sein, seine Ansicht gegen sie zu behaupten. Aber gegen den tiefen, unaussprechlichen, vernichtenden Hohn, mit dem sie, nachdem sie ihm einen Blick zugeworfen, die Augen senkte, als sei er ihr zu gleichgültig und unbedeutend, um sich von ihm aufbringen zu lassen – gegen den Verachtung ausdrückenden Stolz, mit dem sie vor ihm saß, und gegen die kalte, unbeugsame Entschlossenheit, mit der jeder ihrer Züge ihn in den Staub zu schleudern schien, hatte er kein Hilfsmittel. Er entfernte sich daher, während sie in ihrer ganzen hochmütigen Schönheit zurückblieb, ohne seiner weiter zu achten.
War er niedrig genug, eine Stunde später ihr auf der alten, wohlbekannten Treppe aufzulauern, wo er einmal Florence im Mondlicht den kleinen Paul hatte hinantragen sehen – oder befand er sich nur zufälligerweise im Dunkeln, als er aufblickend die Wahrnehmung machte, daß sie mit einem Licht aus Florences Schlafgemach kam und wieder das auffallend veränderte Antlitz zeigte, dem er so gar nichts anhaben konnte.
Freilich konnte es sich nie so verändern, wie sein eigenes. Selbst im höchsten Stolz und in der größten Leidenschaft zeigte Ediths Gesicht nichts von dem Schatten, der an dem Abend der Rückkehr in der dunkeln Ecke das seine umnachtet hatte. Etwas Ähnliches war seitdem oft wiedergekehrt, und als er jetzt aufblickte, war das nämliche Düster darauf zu schauen.