Schloß Schönberg in Rankweil, auf dessen Trümmern sich nun die Pfarr- und berühmte WaIlfahrtskirche zu „Unserer lieben Frau auf dem Berge" erhebt, war, der Sage nach, auch einmal im Besitze eines Bäckermeisters von Rankweil. (Ein unterirdischer Gang soIl jetzt noch vom Portal der Kirche zum jetzigen Adlerwirtshaus hinabführen.) Dieser Bäckermeister hatte die noch bewohnbaren Räumlichkeiten an arme Leute vermietet. Nach kurzer Zeit aber zogen diese wieder aus, da sie es im Schlosse vor lauter Geisterspuk nicht aushielten. Der Meister, der an Geister und Gespenster nicht recht glauben wollte, schickte seinen Gesellen ins Schloß hinauf, er solle über Nacht oben bleiben, damit er sehe, was los sei. Der Geselle ging, und als es zu dunkeln anfing, legte er sich angekleidet auf eine Pritsche. Alsbald ging aber schon ein Rumpeln und Rasseln los, daß der Bursche entsetzt aufsprang, zum Schlosse hinaus und ins Dorf hinunter lief zum Meister. „Oho, Du scho do!" rief dieser erstaunt aus. „Jo", sagte der Bursche noch ganz atemlos, „der Spedakl hetted er höre solle! l gäng nimma uffe und wenn ma mer die ganze Wix schenke tät; na, nit um die ganz Wealt gäng i meh uffe!"
Nach einiger Zeit stellte der Meister einen anderen Gesellen an. Diesen fragte er auch, ob er nicht im Schlosse oben übernachten wollte, damit die Leute sähen, daß es darin wegen dem Spuk nicht so arg und schon zum Aushalten wäre, und er dann wieder Quartierleute hinein bekäme. „Jo, jo, i gang scho uffe", sagte der Bursche, „mag voarku was will, i fürcht mi nit, i gäng am liebste gär numm abar!" Dieser Bäckergeselle tat nämlich für sein Leben gern lesen und da oben in dem menschenleeren Schlosse, hoffte er, werde er endlich einmal ungestört sein und nach Herzenslust lesen können. Nachdem ihn der Meister mit Brot und einem tüchtigen Stück geräucherten Fleisches versehen hatte, stieg der Geselle zum Schloß hinauf. Dort machte er sich's in der Küche bequem. Auf dem Herde machte er Feuer an, stellte einen Suppentopf, in den er Wasser und das Fleischstück gegeben, auf den Dreifuß, setzte sich dann neben dem Herd auf ein Bänkle und fing zu lesen an. Stunde um Stunde verrann, während der Geselle in sein Lesen vertieft war. So wurde es Mitternacht. Jetzt tat's einen Tutsch, der Bursche sprang auf, und auf dem Küchenboden liegt ein menschliches Bein. Er ließ es liegen, richtete das Herdfeuer wieder zurecht, legte Holz zu und wollte dann wieder weiterlesen, aber während er noch mit dem Feuer beschäftigt war, fällt der zweite Fuß vom Kamin herunter. „Des mueß an Mensch abgea", dachte sich der Geselle, nahm die beiden Beine und legte sie nebeneinander. Da fällt der Rumpf vom Kamin herunter. „Jetz mueß der Ma bald fertig si", sagte der Geselle zu sich und stellte alles zusammen. „Jetz sollted zwoa Händ' kumme!" Richtig fallen auch noch zwei Arme herunter. Er stellte in aller Gemütsruhe wieder alles zusammen. „De Lib hett i, ietz sollt der Kopf o no kumme, denn hett i aIlls richtig." Da polterte der Kopf auch noch vom Kamin herab und „trolet" wie eine Kugel in der Küche herum. Der Geselle packte ihn aber und setzte ihn dem Körper auf: „So, ietz war der Ma fertig!" Kaum hatte der Bursche das gesagt, steht der Mann auf und ruft dem Gesellen zu: „Was machst Du da in unserem Hause?" Der gab schnell zur Antwort: „Alle guten Geister loben Gott den Herrn!" „Ich auch!" sagte der Geist. Hierauf winkt er dem Burschen und sagte: „Du gehst mit mir!" Der Geselle, im Bewußtsein seines guten Gewissens, folgte furchtlos dem Geiste. Die Beiden gingen nun eine lange Stiege, die von der Küche in die KeIlerräume des Schlosses führte, hinab, der Geist voraus und der Bäcker ihm nach. Da kamen sie zu einer eisernen Türe. Der Mann sagte zum Gesellen, indem er ihm einen Schlüssel hinhielt: „Da ist der Schlüssel, mach' die Tür auf!" „l ho nit zueg'macht und mach' o nit uf!" war die Antwort. Auf das hin machte der Geist selbst die Türe auf. Jetzt traten sie in einen prachtvoIlen, hell erleuchteten Saal, an dessen Wänden goldene und silberne Kostbarkeiten, mit edlen Steinen besetzt, glänzten und flimmerten. Der Geist sagte zum Gesellen: „Du kannst hier wegnehmen, was Dir gefällt und so viel Du willst." „l ho nix hear gleit und nimm o nix aweack!" antwortete dieser. Nun gingen sie weiter durch einen unterirdischen Gang, kamen zu einer zweiten eisernen Türe und durch dieselbe in einen wundervollen Garten. Zu ihren Füßen lag Schaufel und Pickel. Jetzt sagte der Geist ganz zornig zu seinem Begleiter: „Wenn Du hier nicht aufgräbst, bist Du verloren!" Der Geselle aber antwortete: „l ho nit zuegrabe und grab' o nit uf!" Da nahm der Geist den Spaten und fing an zu graben. Alsbald kam ein kupferner Sennkessel zum Vorschein. Jetzt befahl der Mann: „Du mußt mer helfen den Kessel heraufheben!" Der Geselle: „l ho nit g'holfa inelupfe und hilf o nit uffarlupfe!" Nun hob der Geist allein den Kessel, der ganz mit Gold- und Silbermünzen angefüllt war, aus der Erde. „Verteile das Geld!" befahl der Geist, „l ho's nit zämmid to und tuer's ot nit vertoalle!" war die Antwort. Da machte sich der Geist selbst ans Verteilen des Geldes und teilte es in drei gleiche Teile. Hierauf sprach er zum Gesellen: „Ein Teil gehört den Armen, ein Teil der Kirche und ein Teil gehört Dir. Habe Dank, nun bin ich ein Kind der Seligkeit!" dabei wollte er ihm die Hand reichen. Der Geselle aber reichte dem Geist sein Schnupftuch hin. Dieser nahm es einen Augenblick in die Hand und war gleich darauf verschwunden. Die Hand war aber so heiß, daß sie im Sacktuch eingebrannt ward. Der Bursche schaute sich um, wo war er doch? Da sah er sich im Garten des alten Schlosses, neben dem in drei Teile geteilten Gelde, und in der Hand hielt er das Schnupftuch mit der eingebrannten Geisterhand.
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