Juvavia war einst eine Stadt mit prächtigen Mauern, ringsum von hohen 49 Wällen eingeschlossen und überherrscht von mächtigen Türmen. Könige hatten daselbst Paläste und die Götter herrliche Tempel, stolz von einem Volke der Vorwelt aus Marmor erbaut. Aber es kam über sie der Graus der Zerstörung durch die Gottesgeißel Attila, den Hunnenkönig, im Jahre 451.
Als Attila gestorben war, kam aus dem Morgenland ein heiliger Diener Gottes, St. Severinus, in dieses Land, übte große Wunder, weissagte und lehrte den Einwohnern das Christentum. Als Odoaker, der nachherige König in Italien, damals als ein armer Jüngling in dürftigem Gewande zu dem heiligen Manne kam, weissagte ihm dieser, daß er einst reich und mächtig werden würde. Da nun Odoaker hernachmals an der Spitze wilder Horden gegen die Römer zog, trat er, demütig um den Segen Severins bittend, in die Zelle des frommen Greises. Diesem ward bange für seinen geliebten Freund, den Priester Marirnus in Salzburg, und er sendete Eilboten ab, den zu warnen und zu schleuniger Flucht zu ermahnen. Marimus hatte sich mit mehreren frommen Einsiedlern und Mönchen einen steilen, fast unzugänglichen Berg zum Wohnsitz gewählt und sich darin Treppen, Zellen und Kapellen ausgehauen.
Davon heißt noch heute dieser Felsensitz der Mönchsberg. Marimus glaubte die Gefahr nicht so nahe und verweilte noch eine Nacht in seiner Einsiedelei, die man noch heute den Reisenden zeigt. Aber am frühen Morgen brach das Verderben herein. Ganze Scharen wilder Goten und Heruler überfielen die Stadt und die frommen Männer, hingen den ehrwürdigen Priester Marimus an einen Baum, rissen gegen fünfzig seiner Freunde aus ihren Verstecken und schleuderten sie vom Felsen oder rollten sie in Fässern hernieder, in welche spitze Nägel eingeschlagen waren.
Noch kündet eine Steinschrift am Mönchsberg den Tod der ersten Märtyrer dieser Gegend, und Salzburg lag fortan verödet hundertfünf Jahre lang in Schutt und Graus, bis im Jahre 582 St. Rupertus, der neue Segensapostel dieses Landes, kam und das Kreuz wiederum erhöhte.