Montano. Auf die Platte-Forme, meine Herren; kommt, wir wollen die Wache besezen.
Jago. Ihr seht diesen Burschen, der voraus gegangen ist; er ist ein guter Soldat, werth zunächst an Cäsarn zu stehen, und unter ihm Befehle zu geben. Aber ihr seht auch sein Laster; es ist schade für ihn er hat Stunden, wo dieses einzige Gebrechen alle seine Tugenden unbrauchbar macht ich fürchte nur, das Vertrauen, das Othello in den Mann sezt, mag in irgend einem solchen unglüklichen Augenblik das Verderben dieser Insel seyn.
Montano. Ist er denn oft so?
Jago. Es ist jedesmal der Prologus zu seinem Schlaf. Er würde euch zweymal vier und zwanzig Stunden an einem Weg wachen, wenn Bacchus seine Wiege nicht rüttelte.
Montano. Es wäre gut, wenn dem General eine Vorstellung hierüber gemacht würde; vielleicht weiß er's nicht; oder sein gutes Gemüth ist von den Verdiensten, die an Cassio in die Augen leuchten, so eingenommen, daß er ihm seine Untugenden übersieht; ist's nicht so?
Rodrigo zu den Vorigen.
Jago. Was macht ihr hier, Rodrigo? Ich bitte euch, seht wo der Lieutenant ist, geht.
(Rodrigo geht ab.)
Montano. Und es ist in der That recht zu bedauren, daß der Mohr einen so wichtigen Plaz, die Vertretung seiner eignen Person, einem Mann anvertrauen soll, der mit einem so eingewurzelten Gebrechen behaftet ist; es wäre die That eines ehrlichen Mannes, wenn man dem Mohren das sagen würde.
Jago. Der möcht' ich nicht seyn, und wenn ich diese ganze Insel damit zu gewinnen wüßte; ich liebe den Cassio, und wollte alles in der Welt thun, ihn von diesem Uebel zu heilen. Horcht, was für ein Lerm ist das?
(Man schreyt hinter der Scene: Helft, helft!)
Cassio verfolgt den Rodrigo auf den Schau-Plaz.
Cassio. Du Raker! du Lumpenhund!
Montano. Was habt ihr, Lieutenant?
Cassio. Ein Schurke soll mich meine Schuldigkeit lehren! Ich will den Schurken in eine Kürbis-Flasche hineinprügeln.
Rodrigo. Mich prügeln
Cassio. Rüppelst du dich noch, Lumpenkerl?
Montano (der ihn zurükhält.)
Haltet ein, guter Lieutenant; ich bitte euch, mein Herr, haltet ein.
Cassio. Laßt mich gehen, Herr, oder ihr kriegt eins auf die Ohren.
Montano. Kommt, kommt, ihr seyd ein betrunkener Mann.
Cassio. Betrunken? (Er zieht den Degen gegen Montano, welcher sich zur Wehr sezt.)
Jago (zu Rodrigo leise.)
Weg, sag ich, hinaus, und schlagt Lermen. (Rodrigo geht.) Nein, guter Lieutenant Ums Himmels willen, meine Herren Helft! he! Lieutenant meine Herren Montano helft, ihr Herren! das ist mir eine feine Wache, in der That! Nu ja, wer hat den Einfall gar die Sturmgloke zu läuten? Zum Teufel, halt! die ganze Stadt wird in Bewegung kommen. Fy, fy, Lieutenant! halt, sag ich! Ihr verliehrt eure Ehre auf eine unwiederbringliche Art.