Dritte Scene.
Ein andres Zimmer im Palast.
Lady Macbeth und ein Bedienter.
Lady. Ist Banquo schon abgereist?
Bedienter. Ja, Gnädigste Frau, aber er kommt auf die Nacht wieder zurük.
Lady. Sage dem Könige, ich möchte, wenn's ihm gelegen ist, ein paar Worte mit ihm sprechen.
(Der Bediente geht.)
Alles ist verlohren, und nichts gewonnen, wenn wir das Ziel unsrer Wünsche nicht mit unsrer Zufriedenheit erkauft haben – –
Macbeth tritt auf.
Wie steht's, Milord? warum so viel allein? wozu soll es dienen, daß ihr die verdrieslichsten Einbildungen zu eurer Gesellschaft macht, und euch mit Gedanken unterhaltet, die mit denen, an welche sie denken, gestorben seyn sollten? An Dinge die nicht zu ändern sind, sollt' auch nicht gedacht werden; was gethan ist, ist gethan.
Macbeth. Wir haben die Schlange zerstükt, nicht getödtet – – Sie wird wieder zusammenwachsen, und sie selbst seyn; indeß daß unsre arme einfältige Boßheit der Gefahr ihrer vorigen Zähne ausgesezt bleibt. Aber ehe sollen beyde Welten aus ihren Angeln fallen, und alle Wesen unter ihrem Gewicht zertrümmern, eh wir unser Brod mit Zittern essen, und in der Beängstigung dieser schreklichen Träume schlafen wollen, die uns bey nächtlicher Weil' erschüttern. Besser bey dem Todten seyn, (den wir, diesen Plaz zu erhalten, in seine Ruhe gesandt haben,) als auf dieser Folter des Gemüths in rastloser Pein zu ligen – – Duncan ligt in seinem Grabe; auf das unruhvolle Fieber des Lebens, schläft er wohl; Verrätherey hat ihr ärgstes gethan; nun kan weder Gift, noch Stahl, weder einheimische Boßheit, noch auswärtiger Anfall, nichts kan ihn mehr berühren.
Lady. Kommt, kommt, mein liebster Lord, heitert diese finstern Blike auf; seyd munter und Jovialisch, unter euern Gästen, auf die Nacht.
Macbeth. Das will ich, meine Liebe, und ich bitte, seyd es auch. Sonderheitlich habt eine immer geschäftige Achtung für Banquo; thut ihm mit Bliken und Worten, alle ersinnliche Ehre an; noch erheischt es die Zeit, daß wir unsre Würde vergessen, uns zu Schmeicheleyen herablassen, und unsre Gesichter zu lächelnden Masken unsrer Herzen machen.
Lady. Denkt nicht an das.
Macbeth. O, mein Gemüth ist mit Scorpionen angefüllt, theures Weib! du weißt, daß Banquo und sein Fleance leben!
Lady. Aber in beyden ist der Abdruk der Natur nicht unsterblich.
Macbeth. Das ist noch der Trost, daß sie zerstörbar sind; also, sey du gutes Muths. Eh noch die Fledermaus ihren einsiedlerischen Flug beginnen wird, eh auf der schwarzen Hecate Ruf, der Scherben-gebohrne Käfer, mit seinem schläfrigen Sumsen die gähnende Nacht einläutet, soll eine That von furchtbarem Inhalt gethan seyn.
Lady. Was soll dann geschehen?
Macbeth. Sey lieber unwissend, mein liebstes Hühnchen, bis du der vollbrachten That zujauchzen kanst. Komm, blendende Nacht, schliesse das zärtliche Auge des mitleidigen Tags, durchstreiche mit deiner blutigen und unsichtbaren Hand, und zerreiß in Stüken diesen grossen Schuldbrief, der mich so bleich aussehen macht. – – Die Nacht wird diker, und die Krähe fliegt dem dohlen-vollen Gehölze zu; alle guten Tag-Geschöpfe fangen an zu niken und einzuschlummern, indeß daß die schwarzen Hausgenossen der Nacht auf ihren Raub ausgehen. Du erstaunst über meine Reden; aber sey ruhig; Dinge, die einen bösen Anfang haben, können nur durch Uebelthaten fortgeführt werden. Begnüge dich hiemit, und folge mir.