Fünfte Scene.
(Man läutet die Gloke.)
Lady Macbeth tritt auf.
Lady. Was ist die Ursache, daß eine so fürchterliche Trompete die Schläfer des Hauses auffordert? Redet!
Macduff. Schöne Lady, es taugt nicht für euch zu hören, was ich sagen kan. Ein weibliches Ohr damit zu schreken, würde ein zweyter Mord seyn – – O Banquo! Banquo!
Banquo zu den Vorigen.
Unser König und Herr ist ermordet.
Lady. Hilf Himmel! Was, in unserm Hause?
Banquo. Entsezlich genug, wo es seyn möchte. Macduff, ich bitte dich, widersprich dir selbst, und sag, es sey nicht so.
Macbeth, Rosse und Lenox zu den Vorigen.
Macbeth. O! wär ich nur eine Stunde vor diesem Unfall gestorben, so hätt ich glüklich gelebt! Denn, von diesem Augenblik an, ist nichts schäzbares mehr in der Sterblichkeit; alles ist nur Puppen-Werk; Ehre und Gnade sind todt; der Wein des Lebens ist abgezogen, und die blosse Hefen ist in dieser Cloak der Welt zurükgeblieben – –
Malcolm und Donalbain treten auf.
Donalbain. Was für ein Unglük ist dann begegnet?
Macbeth. Ihr seyd verlohren, und wißt es nicht; die Quelle euers Bluts ist verstopft – –
Macduff. Euer Königlicher Vater ist ermordet.
Malcolm. Oh! von wem?
Lenox. Seine Kämmerlinge, wie es scheint, sind die Thäter; ihre Hände und Gesichter waren überall mit Blute beschmiert; so waren auch ihre Dolche, die wir unabgewischt, auf ihren Küssen fanden, sie sahen wild aus, und waren nicht bey sich selber, es getraute sich niemand ihnen nahe zu kommen.
Macbeth. O, izt reut es mich, daß ich sie in meiner ersten Wuth umgebracht habe – –
Macduff. Warum thatet ihr das?
Macbeth. Wer kan in dem nehmlichen Augenblike weise und verwirrt, ruhig und rasend, getreu und gleichgültig seyn? Niemand. Die Würkung meiner heftigen Liebe überrannte die zaudernde Vernunft. Hier lag Duncan; seine Silber-Haut mit seinem goldnen Blut verbrämt, und seine weitofnen Wunden wie Lüken in der Natur, wodurch das Verderben einbricht; hier, die Mörder, in die Farbe ihres Handwerks gekleidet, ihre Messer unmännlich mit geronnenem Blute bemahlt – – Welcher, der ein Herz für seinen König hatte, und in diesem Herzen Muth, diese Liebe zu beweisen, hätte sich da zurükhalten können?
Lady Macbeth.
Helft mir von hier, oh! – – (Sie thut als ob sie ohnmächtig werde.)
Macduff. Habt auf die Lady acht – –
Malcolm. Warum schweigen wir, wir, die dieses Trauerspiel am nächsten angeht?
Donalbain. Was läßt sich hier sagen, wo unser Verderben, in einem Bohrer-Loch verborgen, alle Augenblike hervorstürmen und uns fassen kan. Hinweg von hier, es ist izt keine Zeit zu Thränen.
Banquo. Sorget für die Lady – – (Sie wird hinweggeführt.) Und wenn wir erst unsre nakte Gebrechlichkeit verborgen haben, dann laßt uns wieder zusammenkommen, und dieser gräßlichen Blutschuld genauer nachfragen. Furcht und Zweifel erschüttern uns. Hier in Gottes grosser Hand steh ich, und erkläre mich von da den unversöhnlichen Gegner des verhüllten Thäters dieser ungeheuern That.
Macbeth. Das thue ich auch.
Alle. Das thun wir alle.
Macbeth. Sobald wir angekleidet und bewafnet sind, wollen wir in der Halle zusammenkommen.
Alle. Wir sind's zufrieden.
(Sie gehen ab.)
Malcolm. Was habt ihr im Sinn? Ich halt' es nicht vor rathsam, uns ihnen anzuvertrauen. Einen Schmerz zu zeigen, den man nicht fühlt, ist eine Pflicht, die dem Unredlichen nicht schwer ankommt. Ich will nach England.
Donalbain. Ich, nach Irland. Getrennt werden wir beyde sichrer seyn; wo wir sind, seh ich lauter Dolche, unter freundlichem Lächeln verstekt, in jedem Antliz; je näher am Blut, je gefährlicher.
Malcolm. Dieser mördrische Wurfpfeil, der unsern Vater traf, wird noch immer geschwungen; und das sicherste ist, ihm auszuweichen. Also, zu Pferde; laß uns keine Zeit mit Abschiednehmen verliehren; es ist erlaubt sich selbst wegzustehlen, wo der kleinste Verzug den Tod bringen kan.