(Der König, die Königin, Laertes und eine Anzahl Herren vom Hofe, Oßrik und einige Bedienten mit Rappieren und Fecht-Handschuhen. Ein Tisch und Flaschen mit Wein darauf.)
König. Kommt, Hamlet, kommt, und nemmt diese Hand von mir. (Er giebt ihm des Laertes Hand.)
Hamlet. Ich bitte um eure Vergebung, mein Herr, ich habe euch bleidiget; aber vergebet mirs und versichert mich dessen als ein Edelmann. Alle Gegenwärtigen wissen, und ihr müßt es gehört haben, mit was für einer unglüklichen Gemüths-Krankheit ich gestraft bin. Was ich gethan habe, das in euch Natur, Ehre und Rache gegen mich aufreizen möchte, hat, ich erklär' es hier öffentlich, meine Raserey gethan; Es war nicht Hamlet der euch beleidigte – – Hamlet war nicht er selbst, da er es that, er verabscheut die That seiner Raserey; sie ist der Beleidiger, er auf der Seite der Beleidigten; seine Raserey ist des armen Hamlets Feind. Laßt also meine feyerliche Erklärung daß ich keinen Vorsaz hatte, übels zu thun, mich so fern in euern edelmüthigen Gedanken frey sprechen, als ob ich meinen Pfeil über ein Haus geschossen, und meinen Bruder verwundet hätte.
Laertes. Ich bin befriedigt, in so fern ich Sohn und Bruder bin, Namen, die in diesem Fall mich am meisten zur Rache auffordern; Aber als ein Edelmann, kan und will ich keine Versöhnung eingehen, bis ich von einigen ältern und bewährten Richtern dessen was die Ehre fodert, die Versicherung erhalten habe, daß ich es ohne meinen Namen zu entehren thun könne. Inzwischen nehme ich, bis dahin, eure angebotene Freundschaft als Freundschaft an, und will sie nicht mißbrauchen.
Hamlet. Ich bin zufrieden, und auf diesen Fuß bin ich bereit, diesen freundschaftlichen Wett-Kampf zuversichtlich zu bestehen. Gebt uns die Rappiere.
Laertes. Kommt, eins für mich.
Hamlet. Ich werde eure Folie seyn, Laertes; eure Kunst wird aus meiner Unwissenheit desto feuriger hervorstralen, wie ein Stern aus der Finsterniß der Nacht; in der That.
Laertes. Ihr scherzet, mein Herr.
Hamlet. Nein, bey dieser Hand.
König. Gebt ihnen Rappiere, Oßrik. Hamlet, ihr wisset, worauf ich gewettet habe?
Hamlet. Ich weiß es, Gnädigster Herr; Eure Majestät hat sich in Gefahr gesezt, zu verliehren.
König. Ich besorge nichts; ich habe euch beyde fechten gesehen, weil er aber indessen stärker worden ist, so haben wir das Gewette angestellt.
Laertes. Dieses Rappier ist zu schwer, laßt mich ein anders sehen.
Hamlet. Das meine ist mir ganz recht; diese Rappiere haben alle die rechte Länge.
König. Füllt mir diese Dekel-Gläser mit Wein! Wenn Hamlet den ersten oder zweyten Stoß beybringt, oder bis zum dritten sogleich erwiedert, so laßt alle Canonen loßfeuren; der König wird auf Hamlets bessern Athem trinken, und in den Becher soll eine Perle geworfen werden, reicher als die kostbarste die jemals ein dänischer König in seiner Crone getragen hat. Gebt mir die Becher: Und laßt es die Kessel-Pauken den Trompeten kundmachen, die Trompeten den Canonieren draussen, die Canonen dem Himmel, die Himmel der Erde, daß der König auf Hamlets Gesundheit trinke – Komt, fangt an, und ihr Herren Richter, habt gute Acht.
Hamlet. Kommt dann, mein Herr.
Laertes. Wohlan, Gnädiger Herr – –
(Sie fechten.)
Hamlet. Einer – –
Laertes. Nein – –
Hamlet. Thut den Ausspruch – –
Oßrik. Ein Stoß, und das ein ziemlich fühlbarer.
Laertes. Gut – – Noch einmal – –
König. Haltet ein – – zu trinken! Hamlet, diese Perle ist dein – – Auf deine Gesundheit! – – Gebt ihm den Becher – –
((Trompeten und Pauken und mit Salve von Geschüz.)
Hamlet. Ich will diesen Gang erst ausfechten – – Sezt ihn indessen hin – – (sie fechten) – – Wohlan – – wieder einen Stoß – – was sagt ihr?
Laertes. Gestreift, gestreift, ich gesteh' es.
König. Unser Sohn wird gewinnen.
Königin. Er ist zu fett und von zu kurzem Athem. Hier Hamlet, nimm mein Schnupftuch und wische dir die Stirne – – Die Königin trinkt dirs zu, Hamlet, auf dein gutes Glük! – –
((Sie trinkt aus dem Becher, der für Hamlet bestimmt war.)
Hamlet. Gütige Mutter – –
König. Gertrude trinkt nicht – –
Königin. Ich will, mein Herr; ich bitte euch um Vergebung.
König (vor sich.)
Es ist der vergiftete Becher; nun ist's zu spät – –
Hamlet. Ich darf noch nicht trinken, Gnädige Frau; eine kleine Geduld – –
Königin. Komm, laß mich dein Gesicht abwischen.
Laertes. Diesesmal will ich ihm gewiß eins anbringen.
König. Ich glaub es nicht.
Laertes (bey Seite.)
Und doch ist es fast gegen mein Gewissen.
Hamlet. Kommt, den dritten Gang, Laertes; ihr tändelt nur; ich bitte euch, gebraucht euch eurer äussersten Stärke; ich sorge ihr wollt mich nur zu sicher machen.
Laertes. Sagt ihr das? Wohlan dann.
(Sie fechten.)
Oßrik. Es hat noch keiner nichts – –
Laertes. Da habt es dann – –
((Laertes verwundet Hamleten; hernach verwechseln sie in der Hize des Gefechts die Rappiere, und Hamlet verwundet den Laertes.)
König. Trennet sie, sie gerathen in Hize.
Hamlet. Nein, noch einmal – –
Oßrik. Seht zu der Königin hier, ho!
Horatio. Sie bluten beyde – – Wie geht's euch, Gnädigster Herr?
Oßrik. Wie steht's um euch, Laertes?
Laertes. Wie eine Schneppe in meiner eignen Schlinge, Ossrik; billig sterb' ich durch das Werkzeug meiner schnöden Verrätherey.
Hamlet. Was macht die Königin – –
König. Es ist nur eine Ohnmacht, weil sie Blut gesehen hat.
Königin. Nein, nein, der Trank, der Trank – – O mein theurer Hamlet! der Trank, der Trank – – Ich bin vergiftet – –
(Die Königin stirbt.)
Hamlet. O Abscheulichkeit! he! laßt die Thüren verrigelt werden: Verrätherey! wer ist der Thäter – –
Laertes. Hier ist er; Hamlet, du bist des Todes, kein Arzneymittel in der Welt kan dich retten. Du hast für keine halbe Stunde mehr Leben in dir, das verräthrische Werkzeug ist in deiner Hand, ohne Knopf und vergiftet; der schändliche Kunstgriff ist mein eignes Verderben worden. Sieh, hier lieg ich, um nicht mehr aufzustehen; deine Mutter ist vergiftet; ich kan nicht mehr – – Der König, der König hat die Schuld.
Hamlet. Und diß Rappier auch vergiftet? Nun, Gift, so thu was du kanst – –
(Er ersticht den König.)
Alle. Verrätherey! Verrätherey!
König. O helft, meine Freunde, vertheidiget mich, ich bin nur verwundet – –
Hamlet. Hier, du blutschändrischer, mördrischer, verdammter Dähne, trink diesen Becher aus – – ist die Perle hier? Folge meiner Mutter – –
(Der König stirbt.)
Laertes. Er hat empfangen was er verdient hat. Er selbst mischete das Gift. Laß uns einander verzeihen, edler Hamlet; mein und meines Vaters Tod komme nicht über dich, noch deiner über mich!
(Er stirbt.)
Hamlet. Der Himmel mög' ihn dir nicht zurechnen! Ich bin des Todes, Horatio – – Unglükliche Königin, Adieu! – – Ihr, die ihr mit erblaßten Gesichtern umhersteht, und vor Entsezen über diesen Vorfall zittert; ihr, die ihr nur die stummen Personen oder die Zuhörer bey diesem Trauerspiel seyd – – hätte ich nur Zeit – – aber der Tod liegt zu hart auf mir – – oh, ich könnte euch Dinge sagen – – laß es seyn! – – Horatio, ich sterbe; du lebst, dir überlaß ich meine Ehre und meine Rechtfertigung bey den Unberichteten.
Horatio. Das glaubt nicht, daß ich leben werde – – Ich bin mehr ein alter Römer als ein Dähne – – Hier ist noch von dem Trank übrig.