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CAP. XXXVII. KRÄUTER UND STEINE.
日期:2014-11-13 11:36  点击:237
Plinius hat über seine naturgeschichte dadurch eignen reiz gebreitet, daß er auch die abergläubischen meinungen des volks von thieren und pflanzen umständlich anzuführen nicht verschmäht. wie stechen seine ehrfurcht vor dem alterthum, seine sprachgewandte darstellung ab von dem trocknen ernst unsrer heutigen naturforscher, die keinen blick auf den brauch der heimat verwenden und alle kraft und zier des deutschen ausdrucks für geringfügig achten [Fußnote].
›Krût, steine unde wort hânt an kreften grôzen hort‹ sagt uns Freidank 111, 6, und da den zwergen besondere kunde der in kräutern verborgnen heilgabe beiwohnt (s. 373. 379), so ist zu beachten, daß gerade einem könige ihres geschlechts Goldemar (s. 375. 386. 421) der ausspruch in den mund gelegt wird: ›Christianos fidem in verbis, Judaeos in lapidibus pretiosis, et Paganos in herbis ponere‹. Meibom script. 1, 186. Das heidenthum bietet ein fülle mythischer vorstellungen von dem ursprung und den manigfachen tugenden der kräuter.
Wie unter den menschen ragen unter den KRÄUTERN edle vor gemeinen. sie sind von göttern an einsamer heiliger stätte geschaffen, aus dem blut unschuldiger gesprossen, von vögeln herangetragen. unter dem fußtritt der göttin keimt die blume, wie da wo sich liebende traurig scheiden gras und gewächse dorren. am gipfel des bergs, auf welchen der liebende die geliebte sterbend empor getragen hatte und ihr letzter labetrunk gegossen war, wuchsen heilkräuter, die dem ganzen lande zu statten kamen (Marie de France 1, 268). berge hegen das seltenste der pflanzenwelt. oben auf der Ida lagerten Zeus und Here (Il. 14, 347):
τοι̃σι δ' υπὸ χθὼν δι̃α φύεν νεοθηλέα ποίην
λωτόν θ' ερσήεντα ιδὲ κρόκον ηδ' υάκινθον,
πυκνὸν καὶ μαλακόν, ὸς απὸ χθονὸς υψόσ' έεργε.
 
Solch ein blumenbett schwebt noch den minnesängern in gedanken (Walth. 39. 40. Hadloub 2, 194b 195a), aber die menschen müssen sich blumen und gras unter vogelsang dazu brechen. Der ansicht des mittelalters lag es nah heilende kräuter aus dem grabe heiliger männer sprießen zu lassen, wie wir blumen auf grabhügel pflanzen und davon zum angedenken pflücken. auch an dem hügel des huorco wächst wundenheilende rosamarina, deren brechen menschen in tauben wandelt (pentam. 4, 8). das grab des heiligen trägt einen birnbaum, von dessen früchten kranke alsbald genesen (Greg. tur. mirac. 1, 47). vorhin s. 985 ist angeführt, wie am fuß eines heiligen bildes eine nova species (das ist jenes homerische νεοθηλής) zum saum des kleides heransproß und dann heilkräftig wurde [Fußnote]; hierzu halte ich was Plin. 24, 19 meldet: herba in capite statuae nata collectaque alicujus in vestis panno et alligata in lino rufo capitis dolorem confestim sedare traditur [Fußnote].
Viele kräuter und blumen sind nach göttern benannt, doch die anlässe der namen selten berichtet, daher sie manigfacher auslegung unterliegen. der gott hat die pflanzen hervorgebracht und sich ihrer bedient, sie sind ihm lieb oder verhaßt, ihre gestalt und farbe wird einzelnen gliedern des göttlichen leibs, dem gewande oder geräthe des gottes verglichen. so heißt Baldrs brâ (s. 184, vgl. supercilium Veneris), Freyju hâr (s. 251) nach dem leuchtenden glanze der blume, Forneotes folme (s. 199), Niarđar vöttr (s. 180) nach den blättern, die wie fünf finger neben einander stehn. Donnerrebe ist lett. Pehrkones. Donnerkraut, Donnerbesen (s. 153) können wie barba Jovis aus dem struppigen geflecht der ranken gedeutet werden; ich weiß aber nicht wie sich Perunika (s. 153) zu Perun verhält. Teufelsbiß ist von dem eindruck der zähne genannt, den man an der pflanze wurzel zu gewahren glaubte und dem bösen geiste zuschrieb. Eine menge andrer benennungen sind von thieren, vorzüglich denen der einheimischen fabel hergenommen, bei welchen die phantasie auf ähnliche weise geschäftig war.
Im sanskrit wird an blumen und kräutern das heilsame durch den beisatz freund, das schädliche durch feind bezeichnet, z. b. Ramâprija, der Lakschmi lieb = lotus; Jamaprija dem Jama lieb = ficus indica, vgl. Potts forsch. 2, 424–427. Hierzu halte ich das ahd. gotafargezzan marrubium album (Graff 4, 279), mnd. gotvorghetene (Bruns beitr. s. 48) und die redensart ›ergaz im got‹ (gramm. 4, 175) vgl. oben s. 16; das kraut heißt nhd. andorn.
Ohne zweifel führen andere kräuter ihren göttlichen namen daher, daß sie zuerst von göttern den sterblichen als heilkräftig gewiesen wurden. bei den Griechen scheinen Athene und Artemis in dieser beziehung thätig: ich glaube daß von unsern göttinnen Frigg und Freyja, oder wer sie später zu vertreten hat, vor allen Maria, ihre stelle einnehmen. Wahrscheinlich wurde Artemisia von Artemis gefunden oder gezeigt, Proserpinaca (Plin. 27, 12, 104) von Proserpina. das παρθένιον wies die göttliche Παρθένος, Plin. 22, 17 erzählt: verna carus Pericli Atheniensium principi, cum is in arce templum aedificaret repsissetque super altitudinem fastigii et inde cecidisset, hac herba dicitur sanatus, monstrata Pericli somnio a Minerva, quare Parthenium vocari coepta est assignaturque ei deae. von der lappa heißt es 24, 18: medetur et suibus effossa sine ferro: quidam adjiciunt et fodientem dicere oportere: ›haec est herba argemon, quam Minerva reperit, suibus remedium qui de illa gustaverint‹. άργεμον bedeutet albugo. Hermes reißt dem Odysseus das wider zauber kräftige φάρμακον aus der erde: μω̃λυ δέ μιν καλέουσι θεοί Od. K 273 (s. 307). ob der Iris name von der götterbotin, die sie verkündigte, oder von der weißen farbe der lilie, oder aus andern gründen herzuleiten ist? auch ein engel offenbarte im traum die angelica (Aw. 1, 159) [Fußnote].
Jene von thieren herstammenden benennungen können dadurch noch sinnvoller werden, daß man solche thiere auf den göttercultus zurückführt. so brauchte den namen bärenklaue, wolfsmilch, ahd. wolveszeisala, ags. vulfestæsel, ags. hräfnesleác (rabenlauch) nur ein mythus unter zu liegen, aus welchem sich ein verhältnis des krauts zu dem tagesanbruch (s. 620), dem von der wölfin aufgesäugten helden, dem von dem götterboten hergetragnen heilmittel ergäbe. ein überzeugendes beispiel gewährt die spechtswurzel, die der heilige vogel (s. 560), nach dem vermutlich einer der hehren wälder unsrer vorzeit Spehteshart hieß, herbringt, nicht bloß die zum sprengen der keile taugende, sondern vor dem abbrechen schützt und vertheidigt er zumal die paeonia (s. 812). die heilende παιωνία wird auf Παιών den göttlichen arzt bezogen, der gerade dem verwundeten Ares beisteht (Il. 5, 900), so daß mir hieraus zusammenhang zwischen Ares und dem römischen Mars, dessen vogel der specht ist, durchbricht. auch Athene hieß Παιωνία. aber nicht ungehörig scheint, daß wiederum nach unserm Zio ein kraut genannt ist: altn. Tŷviđr, dän. Tysved, daphne mezereum (s. 164), was sich ahd. übersetzen ließe Ziowitu, Zioweswitu, d. i. Martis arbor, lignum, frutex. statt dieser ahd. benennung findet sich eine andere entsprechende, die ich jetzt richtiger als oben s. 355 zu erklären glaube. damals dachte ich an Sigelint, weil aber die schreibung Cigelinta, d. i. Zigelinta überwiegt (Graff 5, 627), Zîlant (Graff 5, 659) dasselbe scheint, und neben Zeiland noch heute in Östreich Zillind, Zwilind, Zwilinde daphne mezereum bedeutet [Fußnote], so erschließt sich die rechte alte lesart Ziolinta, welche in form und sache zum altn. Tŷviđr stimmt. linta ist nicht allein tilia, sondern auch liber, bast, und die pflanze heißt uns bald seidelbaum, bald seidelbast (für zeilindebaum, zeilindebast), den man als heilendes gift aufzulegen pflegt (Höfer 3, 135). ein ags. Tivesvudu, Tigesvudu, Tigeslind ist leicht zu mutmaßen. Seien nun daphne und paeonia verwandt oder unterschieden, ihrer mythischen analogie benimmt es nichts; nach Plinius hieß letztere auch pentorobon, πεντόροβον, weil sie vier oder fünf erbsen trägt, ihr böhm. name lautet wlči lyko, d. i. wolfsbast, ihr franz. garou, d. werwolf, loupgarou. Aus F. Magn. lex. 758. 759 hole ich aber noch einige andere merkwürdige pflanzennamen nach. die viola Martis, franz. violette de Mars, heißt in Island Tŷsfiôla, Tŷrsfiôla, was baare übersetzung des lat. namens scheint, der weniger den gott als den monat ausdrückt, nhd. merzviole. wichtiger ist das norweg. Tyrihialm (Tyris galea) oder Thoralm, Thorhialm (Thori galea), Thorhat (Thori pileus) für aconitum, wozu das nhd. eisenhütlein, schwed. dän. stormhat (sturmhut) stimmt, es scheint einer ähnlichkeit der blumengestalt mit dem helm oder hut abgesehn: die pflanze heißt aber auch wolfskraut, dän. ulveurt, engl. wolfbane, dän. ulvebane, ulvedöd, was sich auf Tŷrs kampf mit dem wolf deuten und wiederum mit jenem wolfsbast, garou vergleichen läßt, da auch andre benennungen zwischen daphne und aconitum schwanken. ja wolfsbast darf an die dem Fenrisûlfr angelegte fesseln læđîng (dän. leding, Molbechs dial. lex. s. 317), drômi und gleipnir (S. 33. 34. 35) gemahnen. Noch ein name für daphne wurde s. 313 angegeben: Wielandsbeere, neben dem nord. Velandsurt für den heilkräftigen baldrian (die valeriana), so daß die deutung wieder auf einen der größten helden unsers alterthums führt, dessen vater der heilkundige Wate war [Fußnote].
Es ist aber nur eine geringe zahl von kräutern nach göttern oder helden genannt, gegenüber den vielen auf göttinnen und weise frauen zurückführbaren. unter ihnen fallen die meisten heutzutage auf Maria, die wie bei kleinen, zierlichen käfern (s. 578) oder glänzenden sternen (s. 606) die ältere Frouwa ersetzt. Frauenschühli ist trifolium melilotus, weil die blume einem weiberschuh gleich sieht, sonst auch Marienpantöffelchen; ist Cupripedium calceolus Veneris danach gemacht? Frauamenteli, ösa fraua menteli (Tobler 204b) alchemilla vulg., von ihren mantelartig gefalteten blättern. Frauaseckeli geum rivale (Tobl. 204b), Freyjuhâr kommt mehrern arten des farnkrautes zu (oben s. 251); stimmt es bloß zur herba capillaris, capillus Veneris bei Apulejus herb. 47 oder ist es daher entlehnt? Frauenträn, Marienthräne orchis mascula (Stald. 1, 296) erinnert an Helenium, e lacrimis Helenae natum (Plin. 21, 10), noch mehr an Freyjas goldthränen, grâtr Freyju (Sn. 128. 133, vgl. oben s. 270) und an das niederfallen von blumen und edelsteinen, wenn göttinnen lachen oder weinen (s. 922); ein kostbarer wein heißt unser liebfrauenmilch. wie der blumenname muttergottesgläschen entstand erzählt die kinderlegende. Frauenschlößli, Frauenschlüssel primula veris (Stald. 1, 124), sonst auch himmelsschlüssel, schlüsselblume, weil sie den frühling erschließt oder schätze öfnet? sie trägt auch andre namen und ist die heilkräftige betonica, von welcher nachher noch. Da alle solche gewächse auf unsern wiesen heimisch sind, ist es unwahrscheinlich, daß ihre benennung aus dem latein geschöpft und erst in den letzten jahrhunderten aufgebracht wurde; obgleich ahd. glossen kein mit frouwa zusammengesetztes kraut darbieten. Auf Ostara die osterblume (ôstergloie Ms. 2, 61a) zurückzuleiten wäre allzukühn, weil sich der ausdruck wie maiblume von der zeit ihrer blüte verstehn läßt; geopfert wurden maiblumen (s. 48) von weißen frauen getragen (s. 803), und abergl. 1075 räth sie vor sonnenaufgang zu pflücken [Fußnote].
Blumen sind fräulicher schmuck, kränze werden von jungfrauen gewunden, kräuter von erfahrnen frauen gelesen. schön sagt Marner Ms. 2, 174a: ›ez riuchet als ein edel krût ûz einer megde hant‹. Warum sollte nicht schon den weisen frauen unseres frühsten alterthums kräuterkunde beigewohnt haben? noch hexen und alten weibern wird sie zugeschrieben und nicht ohne bedeutung scheint, daß die hexen ihrem buhler oder sich selbst namen aus heilkräutern entnehmen (s. 888). hexenkräuter dürfen aber ganz eigentlich beschreikraut, berufkraut heißen, obgleich man diese benennung auch auf einzelne pflanzen angewandt hat.
Das brechen und holen der kräuter muste zu bestimmter zeit und nach hergebrachtem brauch geschehn [Fußnote].
Meist vor sonnenaufgang in tagesfrühe. herba quacunque a rivis aut fluminibus ante solis ortum collecta, ita ut nemo colligentem videat. Plin. 24, 19; praecipiunt aliqui effossuris (anagallida) ante solis ortum priusquam quidquam aliud loquantur, ter salutare eam, tum sublatam exprimere, ita praecipuas esse vires. 25. 13; ajunt si quis ante solis ortum eam (chamelaeam) capiat, dicatque ad albugines oculorum se capere, adalligata discuti id vitium. 24, 14; et hanc (Samolum herbam) sinistra manu legi a jejunis. 24, 11; radicem (pistolochiae) ante solis ortum erutam involvunt lana. 20, 4. Den viscus suchte man im neumond, prima luna, Plin. 24, 4; die verbenaca circa canis ortum, ita ut ne luna aut sol conspiciat. 25, 9. Von menschen und gestirnen ungesehn, ungesprochen und ungegessen, soll der sammler sich den heiligen kräutern nahen. Maiblumen sind vor sonnenaufgang, teufelsabbiß vor Johannismitternacht zu brechen (abergl. 190. 1075).
Plin. 25, 3 gibt nachricht von einem kraut, welches die Römer herba britannica nannten, weil sie aus den zwischen Germanien und Britannien gelegnen inseln (ex oceani insulis extra terras positis 27, 1) gebracht wurde: florem vibones vocant, qui collectus priusquam tonitrua audiantur (d. h. doch zwischen blitz und donner?) et devoratus securos a fulminibus in totum reddit. Frisii, qua castra erant, nostris demonstravere illam, mirorque nominis causam, nisi forte confines oceano Britanniae velut propinquae dicavere. non enim inde appellatam eam quoniam ibi plurima nasceretur certum est, etiamnum Britannia libera. Hier haben wir eine schon von den alten Germanen beachtete pflanze, und die bestimmung, daß sie vor dem ersten im jahr (?) gehörten donnerschlag gebrochen werden müsse, klingt ganz deutsch. sie schützte gegen blitz, war also dem donnergott heilig, gleich der hauswurz (s. 152), die auch donnerwehr heißt. ags. glossen übersetzen die britannica hæven hŷđele; hæven ist glaucus, das zweite wort entw. von hûđ praeda oder hŷđe portus abzuleiten, im letzten fall läge der begrif einer blauen seeblume nah. ein wassergewächs war es auf jeden fall, man meint hydrolapathum. gern möchte ich darin das den Friesen und Seeländern heilige seeblatt (s. 545) wieder erkennen, dessen blume weiß oder gelb sein soll; der name nixblume, mummel könnte an die indischen des lotus gemahnen: Ramâprija (der Rama, d. i. Lakschmi lieb), Srîvâsa (haus der Srî = Lakschmi, der aus dem meer gestiegnen) [Fußnote]
Über lotus s. Klemm 1, 112. 113. lotus caerulea. Bopp gl. 39b 46. Sprengels Diosc. 2, 622. weißer und blauer lotus. Fries udfl. 1, 107.
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Wurde ein kraut ausgegraben, so war es römischer gebrauch, vorher rings um in die erde meth und honig, gleichsam zur sühne, einzugießen, dann die wurzel mit dem schwert zu umschreiben, gegen morgen (oder abend) zu schauen, und die gegrabne alsbald in die höhe zu heben, ohne daß sie die erde berührte. favis ante et melle terrae ad piamentum datis, circumscriptam ferro (verbenacam) effodi sinistra manu et sublime tolli, Plin. 25, 9; et fossuri (iridem) tribus ante mensibus mulsa aqua circumfusa hoc veluti placamento terrae blandiuntur, circumscripta mucrone gladii orbe triplici, et cum legerint eam protinus in coelum attollunt. 21, 7; nigrum elleborum melampodion vocant, quo et domos suffiunt purgantque spargentes et pecora cum precatione solemni, hoc et religiosius colligitur. primum enim gladio circumscribitur, dein qui succisurus est, ortum spectat et precatur, ut id liceat sibi concedentibus diis facere, observatque aquilae volatus; fere enim secantibus interest, et si prope advolavit, morituram illo anno qui succedat augurium est. 25, 5; cavent effossuri (mandragoram) contrarium ventum et tribus circulis ante gladio circumscribunt, postea fodiunt ad occasum spectantes. 25, 13. Auch wurde zuweilen die gegrabne wurzel nach gemachtem gebrauch wieder eingegraben, damit sie leben bleibe: hanc (senecionem) si ferro circumscriptam effodiat aliquis tangatque ea dentem et alternis ter despuat, ac reponat in eundem locum ita ut vivat herba, ajunt dentem eum postea non doliturum. 25, 13.
Es galt zu verhüten, daß kaltes eisen an die wurzel komme (daher man sich des goldes, oder geglühten eisens zum schneiden bediente) und daß das ausgezogne kraut, der geschnittne zweig die erde berühre [Fußnote]: radicem (pistolochiae) ante solis ortum erutam involvunt lana coloris, quem nativum vocant. quidam auro effodiendam censent, cavendumque ne terram adtingat. 20, 4; (viscum) collectum e robore sine ferro, si terram non attigit, comitialibus mederi (putant). 24, 4; virgam e myrice defractam, ut neque terram, neque ferrum attingeret. 24, 9: cavendum ne avulsa herba terram tangat. 25, 13; herba juxta quam canes urinam fundunt, evulsa ne ferro attingatur, luxatis celerrime medetur. 24, 19.
Mit der linken hand wurde gebrochen oder ausgezogen; zuweilen geschah es entgürtet und entschuht, und in dem brechen muste ausgesprochen werden für wen und zu welchem behuf: si quis unum ex his (pomis punici mali) solutus vinculo omni cinctus et calceatus atque etiam anuli decerpserit duobus digitis, pollice et quarto sinistrae manus atque ita lustratis levi tactu oculis, mox in os additum devoraverit, ne dente contingat, affirmatur nullam oculorum imbecillitatem passurus eo anno. 23, 6; praecipitur ut sinistra manu ad hos usus eruatur (iris rufa) colligentesque dicant cujus hominis utique causa eximant. 21, 20; parthenium . . . . magi contra tertianas sinistra manu evelli eam jubent, dicique cujus causa vellatur, nec respicere. 21, 30; pseudanchusa . . . folium ejus sinistra decerpi jubent magi et cujus causa sumatur dici. 22, 20: praecipitur ut qui colligit thlaspi, dicat sumere se contra inguina et contra omnes collectiones et contra vulnera, unaque manu tollat. 27, 13; autumnalis urticae radicem alligatam in tertianis, ita ut aegri nuncupentur cum eruitur ea radix, dicaturque cui et quorum filio eximatur, liberare morbo tradiderunt. 22, 14; buglosso inarescente, si quis medullam e caule eximat, dicatque ad quem liberandum febre id faciat. 26, 11. Columella 6, 5 von der radicule, quam pastores consiliginem vocant. ea in Marsis montibus plurima nascitur, omnique pecori maxime est salutaris. laeva manu effoditur ante solis ortum, sic enim lecta majorem vim creditur habere.
Dergleichen angaben vermag ich freilich aus unserer einheimischen armen und abgeblaßten überlieferung wenig gegenüber zu stellen. bedeutend ist Burcards nachricht von der bilisa (dem hyoscyamus), quam virginem nudam minimo digito dextrae manus eruere faciunt et radicitus erutam cum ligamine aliquo ad minimum digitum dextri pedis ligare; der zweck wurde schon s. 493 angezeigt. die nacktheit des sie ausreißenden mädchens stimmt zu jenem gürtelablegen und entschuhen, doch die rechte hand und der rechte fuß weichen ab von der verwendung linker glieder bei den Römern. der ganze gebrauch scheint aber auch in Gallien bekannt gewesen, wo bereits die Römer ausgebildeten kräutercultus wahrnahmen, wie sich nachher noch zeigen soll. Ein ags. kräuterbuch hat folgendes gegen augenschmerz, viđ eágena sâre: ær sunnam upgange ođđe hvene ær heo fullîce gesîgan onginne, gâ tô þære ylcan vyrte Proserpinacam and bevrît hî âbûtan mid ânum gyldenum hringe and cveđ þät þû hî tô eágena læcedôme niman ville, äfter þrim dagon gâ äft þær tô ær sunnangancge and genim hî and hoh onbûtan þäs mannes svyran. heo framađ vel. Gegen älfâdle: gang on þunresæfen, þonne sunne on setle sie, þær þû vite Elenan standan, sing þonne benedicite et pater noster and sting þîn seax on þâ vyrte. læt stician eft tô þonne däg and niht furdum scâde on þam ilcan ahte, gang ærest tô ciricean and þe gesena and gode bebeod. gang þonne svîgende and þeah þe hväthvega egeslîces ongean cume ođđe man, ne cveđ þû him ænig vord tô, ær þû cume tô þære vyrte, þe þû on æfen ær gemearcodest. sing þonne benedicite el pater noster. âdelf þâ vyrt. læt stician þät seax þæron. gange eft svâ þû radost mäge tô ciricean and lege under veofod mid þâm seaxe. læt licgean ođđät sunne uppe sie. âwäsc siđđan, dô tô drence and bisceopvyrt and Cristes mæles ragu, âvyl þriva on meolcum, geot þriva hâlig väter on: sing on pater noster and credan etc. and hine eác ymbvrît mid sveorde on iiii healfa on cruce and drince þone drenc, siđđan him biđ sona sæl. Hier scheint die lateinische grundlage, mit einschaltung christlicher gebräuche, offenbar. Thiers im traité des superstitions sagt: quelques uns pour se garantir de maléfices ou de charmes vont cueillir de grand matin, à jeun, sans avoir lavé leurs mains, sans avoir prié dieu, sans parler à personne et sans saluer personne en leur chemin une certaine plante, et la mettent ensuite sur la personne maléficiée ou ensorcelée. Ils portent sur eux une racine de chicorée, qu'ils ont touchée à genoux avec de l'or et de l'argent le jour de la nativité de saint Jean baptiste, un peu avant le soleil levé et qu'ils ont ensuite arrachée de terre avec un ferrement et beaucoup de cérémonies, après l'avoir exorcizée avec l'epée de Judas Machabée. das mag wieder celtisch sein und gleicht doch den römischen hergängen, Judas heldenschwert vertritt das kreisziehende ferrum. mit gold statt eisen abgeschnitten wird auch abergl. 581. Als Renart auf der wiese die gesuchte pflanze findet und behutsam auszieht, heißt es ›ne l'a triblée n'esquachie, ençois la menja sanz tribler, del remanant ala froter trestotes les plaies qu'il ot et li cuir maintenant reclot et fugariz et trestoz sains‹ (25105–11). das kraut sollte weder gerieben noch gequetscht werden (vgl. Michels Trist. 2, 50). Wenn in Thurneissers erkl. der archidoxen, Berlin 1575 bl. 76 gesagt wird: ›verbeen, agrimenia, modelger charfreytags graben hilfft dich sehr, das dir die frawen werden holdt, doch brauch kein eisen, grabs mit goldt‹; so scheint das aus lat. quelle geflossen. Viel merkwürdiger heißt es in einem liede des hätzlerischen buchs von dem ›kraut hoffen‹ 137. 294; ›daz ist gar ein edel krût, grab ez stille, nicht ze lût, schützen sind darüber gesetzt, begrif man dich du wurdst geletzt an dîner sælden hôhstem pfant‹. solche schützen und hüter des krauts vergleichen sich jenem die paeonia bewachenden specht; gern aber möchte man von ihnen genaueres wissen [Fußnote].
Über das anbinden (alligare, gewöhnlich adalligare [Fußnote]) der gebrochnen oder gegrabnen kräuter ertheilt Plinius folgende vorschriften: herba adalligata laevo brachio ita ut aeger quid sit illud ignoret. 24, 19; magi heliotropium quartanis quater, in tertianis ter allligari jubent ab ipso aegro, precarique eum soluturum se nodos liberatum, et ita facere non exemta herba. 22, 21; sunt qui genicula novem vel unius vel e duabus tribusve herbis ad hunc articulorum numerum involvi lana succida nigra jubeant ad remedia strumae panorumve. jejunum debere esse qui colligat, ita ire in domum absentis cui medeatur, supervenientique ter dicere, ›jejuno jejunum‹ medicamentum dare, atque ita adalligare, triduoque id facere. quod e graminum genere septem internodia habet, efficacissime capiti intra dolores adalligatur. 24, 19; alliget ei septem folia. 26, 11; verbenaca jumentorum febribus in vino medetur, sed in tertianis a tertio geniculo incisa, quartanis a quarto. 26, 11 [Fußnote]. statt des anbindens legte man auch unter des kranken hauptkissen: sedum, si involutum panno nigro ignorantis pulvino subjiciatur. 26, 10; somnos allicit olfactum, aut inscio sub capite positum. 27, 7. Der kranke sollte in der regel nicht wissen, was ihm angebunden oder untergelegt wurde; gelenke und knoten der kräuter standen in bezug auf art und wiederholung des bandes. Oft reicht es hin, das schützende gewächs in der hand zu halten oder bei sich im gürtel zu tragen: virgam populi in manu tenentibus intertrigo non metuatur. 24, 8; virgam qui in manu habeant aut in cinctu, negantur intertriginem sentire. 24, 9; intertrigines negat fieri Cato absinthium ponticum secum habentibus. 26, 8. aber auch wer die nymphaea in der hand haltend fiel, wurde epileptisch (s. 545).
Man pflegte aber in vielen gegenden Deutschlands kräftige kräuter oben an der bühne an dem hauptbalken, oder über thür und thorweg aufzuhängen, wo sie das jahr hindurch blieben, bis sie durch frische ersetzt wurden.
Seltsam war der römische brauch ein sieb irr den weg zu legen und mit den hindurch wachsenden grashalmen zu heilen: cribro in limite adjecto herbae intus exstantes decerptae adalligataeque gravidis partus accelerant. 24, 19. das sieb war heiliges geräth (s. 927. 931). extare ist extra stare, prominere. mich erinnert das an unsere weisthümer, welche die dünne eines gewobenen tuchs danach bestimmen, daß die halme (wie bei jenem sieb) hindurch stechen: item es sprechint ouch die hoflüt, das si hundert und sibentzig eln huobtuochs gebint dem von Hünwil, das selb huobtuoch sölli so swach sin, wenn man das spreit uf ein wasen, das gens gras und bollen durch das tuoch mugint essen. 1, 12; und das selb tuch sol man auf einen wasen spreiten und sol das in der maß sein, das die gens dadurch wol gras mögind essen und nicht hunger sterbind. 1, 254. hier ist von keinem heilen die rede, aber die betrachtungsweise ähnlich.
Nach diesen allgemeinen erörterungen will ich einzelne berühmte heilkräuter durchgehn. einige scheinen jedoch absichtlich keinen bestimmten namen zu führen; dahin gehört das kraut, welches die vögel von hirsen und penich abhielt: pestem a milio atque panico, sturnorum passerumque agmina, scio abigi herba cujus nomen ignotum est, in quatuor angulis segetis defossa, mirum dictu ut omnino nulla avis intret. Plin. 18, 17. Ein gedicht Ls. 1. 211–18 erzählt von einer jungfrau, die sich auf dem anger blumen zum kranz gebrochen und von ungefähr ein ihr unbekanntes kraut ergriffen habe: kaum war das kraut in ihrer hand, so sah sie vor sich alle ihre liebhaber, vernahm ihre rede und wuste alle ihre gedanken. zuletzt aber schlug ihr eine gefärtin das wunderbare kraut aus der hand, daß es in einen vorüberfließenden bach fiel und fortschwamm; da war alle weissagung wieder entschwunden. Auch die ungenannte blaue wunderblume (s. 805. 811), die dem hirten, wenn er sie unversehens aufgesteckt hat, plötzlich seine augen öfnet und den bisher verborgnen eingang zum schatz entdeckt (s. 811), erscheint desto geheimnisvoller, weil sie gar nicht angegeben werden kann [Fußnote]. der name vergißmeinnicht, den sie sich gleichsam selbst beilegt, soll bloß ihre bedeutsamkeit ausdrücken, und mag erst im verlauf der zeit auf myosotis angewandt worden sein. Solch einen imperativischen krautnamen weist uns auch Plinius 27, 12 auf; circa Ariminum nota est herba quam resedam vocant, discutit collectiones inflammationesque omnes. qui curant ea, addunt haec verba: ›Reseda morbos reseda, scisne, scisne quis hic pullos egerit? radices nec caput nec pedes habeant!‹ haec ter dicunt totiesque despuunt. collectio ist geschwulst und darauf oder die entzündung muß das pullos agere gehn. was wir jetzt reseda (odorata) nennen mag ein andres kraut sein [Fußnote].
Unter allen berühmten wurzeln steht die Alrune oben an. schon ahd. gl. liefern alrûna, alrûn für mandragora (Graff 2, 523. Schm. 3, 97) und ich habe s. 334. 335 den namen der persönlich gedachten pflanze wol befugt mit dem der weisen frauen unsers höchsten alterthums zusammengestellt. H. Sachs IV. 3, 34 schildert noch die Alraun als eine am scheideweg begegnende göttin [Fußnote]
Alrawn du vil güet
mit trawrigem müet
rüef ich dich an;
dastu meinen leidigen man
bringst darzue,
das er mir kein leid nimmer tue.‹
 
Tertia igitur nocte cum mulier haec verba replicaret, vetula abscondita in canapo jacebat. prius autem informaverat praedictam mulierem, quod attentissime auscultaret, quae sibi tertia nocte dicta Alrawn insinuaret. unde in haec verba sub voce rauca et valde aliena abscondita in canapo respondebat:
fraw, du solt haim gan
und solt güeten müet han,
und solt leiden, meiden, sweigen;
thuest du das von allen deinen sinnen,
so machtu wol ein güeten man gewinnen.
 
Et sic mulier verba illius vetulae imitabatur, et viri amaritudo in dulcedinem et mansuetudinem vertebatur. die fabel hat auch Paulli schimpf und ernst. 1555. cap. 156. Ähnlich ist ein mhd. gedicht (altd. wäld. 3, 160–163) und ein märchen (KM. no. 128), wo aber der mann, statt der frau, sich am holen baum oder spindelbaum (fusarius) im garten weissagen läßt (s. 543). Der anruf ›Alrûn, dû vil guote‹ gemahnt an Walthers stelle von der kleidenden schrotenden frô Sælde 43, 7, wo gleichfalls gesagt ist: ›si vil guote‹.
. dazu kommt, daß die wurzel selbst menschlich gestaltet und ihr aus reißen folgendermaßen beschrieben ist: wenn ein erbdieb, der noch reiner jüngling ist, erhängt wird und das wasser oder den samen fallen läßt, wächst unter dem galgen die breitblättrige, gelbblumige alraun. beim ausgraben ächzt und schreit sie so entsetzlich, daß der grabende davon sterben muß. man soll also freitags vor sonnenaufgang, nachdem die ohren mit baumwolle oder wachs verstopft sind, einen ganz schwarzen hund, an dem kein weißes härchen sei, mitnehmen, drei kreuze über die alraun machen und rings herum graben, daß die wurzel nur noch an dünnen fasern hänge. dann werden diese mit einer schnur an den schwanz des hunds gebunden, dem hund wird ein stück brot gezeigt und eiligst weggelaufen. der hund nach dem brote gierig folgt und zieht die wurzel aus, fällt aber von ihrem ächzenden wehruf getroffen todt hin. hierauf wird die wurzel aufgehoben (das ist jenes in sublime tolli), mit rothem wein gewaschen, in weiß und rothe seide gewickelt, in ein kästlein gelegt, alle freitage gebadet und alle neumonde mit neuem weißem hemdlein angethan. fragt man sie nun, so offenbart sie künftige und heimliche dinge zu wolfart und gedeihen, macht reich, entfernt alle feinde, bringt der ehe segen, und jedes über nacht zu ihr gelegte geldstück findet man frühmorgens verdoppelt, doch überlade man sie nicht damit. stirbt ihr eigner, so erbt sie der jüngste sohn, muß aber dem vater ein stück brot und geld in seinen sarg legen. stirbt er vor dem vater, so geht die alraun über auf den ältesten sohn, der aber seinen jüngsten bruder eben so mit brot und geld begraben soll. Alle diese bestimmungen klingen alt und können hoch hinauf reichen. Schon jene ahd. glossen halten alrûna für die in der vulgata Gen. 30, 14 mehrmals vorkommende mandragora [Fußnote], wo der hebr. text dudaim liest die mhd. dichtung aber erdephil verdeutscht (Diut. 2, 79). vom mandragoras (gr. μανδραγόρας) aber meldet Plin. 25, 13: mandragoram alii circaeum vocant, duo ejus genera, candidus, qui et mas, niger qui femina existimatur . . . . cavent effossuri (album) contrarium ventum et tribus circulis ante gladio circumscribunt, postea fodiunt ad occasum spectantes. wichtiger sind diesmal zwei verse bei Columella 10, 19
quamvis semihominis vesano gramine foeta
mandragorae pariat flores, moestamque cicutam.
 
der semihomo mandragoras entspricht jener sage und selbst das vesanum gramen könnte ihr näher entsprechen, als aus den worten erhellt. Auch Hildegard phys. 2, 102 sagt: mandragora de terra, de qua Adam creatus est, dilatata est, et propter similitudinem hominis suggestio diaboli huic plus quam aliis herbis insidiatur. et ideo cum de terra effoditur, mox in salientem fontem per diem et noctem ponatur. Da franz. mandagloire für mandragore steht, ist s. 342 gemutmaßt, daß die fee Maglore aus Mandagloire entsprungen sei, und das wäre als bestätigung des analogen verhältnisses zwischen Alrûna und alrûna nicht zu verachten. Ich schließe mit einer ags. schilderung aus Thorpes anal. s. 94, die doch wol ins 10. 11 jh. zu setzen ist und jene zuziehung des hundes beim ausziehen bestätigt: đeos vyrt, þe man mandragoram (engl. mandrake) nemneđ . . . . þonne þû tô hire cymst, þonne ongist þu hî be þâm, þe heo on nihte scîneđ ealsvâ leohtfät. þonne þû hire heáfod ærest geseo, þonne bevrit þû hî vel hrađe mid îserne, þy læs heo þe ätfleo. hire mägen is svâ micel and svâ mære, þät heo unclænne man, þonne he tô hire cymeđ, vel hrađe forfleon vile. forđy þû hi bevrît, svâ ve ær cvædon, mid îserne, and svâ þû scealt onbûtan hî delfan, svâ þû hire mid þâm îserne nâ äthrine: ac þû geornlîce scealt mid ylpenbænenon stäfe þâ eorđan delfan. and þonne þû hire handa and hire fêt geseo, þonne hundes gevrîđ þû hî. nim þonne þone ođerne ende and gevrîđ tô ânes sviran, svâ þät se hund hungrig sî, vurp him siđđan mete tô foran, svâ þät he hine âhräcan ne mäge, bûton he mid him þa vyrte upâbrede. Sie scheint bei nacht wie ein licht, es wird ihr haupt, hände und füße beigelegt, sie soll erst mit eisen umschrieben werden, damit sie nicht entweiche, nicht mit eisen angerührt, sondern mit elfenbeinernem stabe gegraben; vieles gemahnt an lat. grundlage (bevrîtan circumscribere). statt an den schweif soll an den nacken des hundes gebunden werden (vgl. belg. mus. 5, 114). Plinius legt dem mandragoras vim somnificam bei [Fußnote].
Sæm. 194a wird ein svefnþorn (schlafdorn) erwähnt, mit welchem Ođinn Brynhild sticht, daß sie entschläft, wie im märchen Dornröschen auf den stich mit der spindel (s. 347). die dornrose ist hier bedeutsam, da eben ein moosartiger auswuchs am wilden rosenstrauch oder am hagedorn uns noch heute schlafapfel oder schlafkunz heißt, also schon in dem namen Dornrose bezug auf den mythus liegt. man sagt auch bloß kuenz (Schm. 2, 314), welches kaum als Konrad, vielmehr aus küenzel, küenzen (ansatz unter dem kinn) erklärbar scheint. legt man ihn schlafenden unters hauptkissen, so erwachen sie nicht, bevor man ihn weggenommen hat [Fußnote] [Fußnote].
Der schlafapfel soll aus dem stich einer wespe in den dorn hervorgehn; gleich wurzellos entsteht auf eichen der weissagende gallapfel (abergl. 968) durch solchen stich. ital. gallozza, neapol. gliantra, vgl. pentam. 2, 1 ›tre gliantre mascole‹. gewächse, deren ursprung aus samen und wurzel nicht nachgewiesen werden konnte, wie wahrscheinlich auch das vogelnest (s. 812), erschienen wunderbar und zauberkräftig, man hängt galläpfel zu des hauses sicherung am küchenbalken auf.
Namentlich galt der mistel für heilig, den man vom himmel auf die äste andrer hehrer bäume, zumal der eiche und esche, niedergefallen wähnte. ahd. mistil (nicht weiblich mistila) Graff 2, 890. mhd. mistel, Martina 161d jâmers mistel. mit einem zweige dieses krauts wurde Baldr erschossen: als Frigg allen pflanzen eide abgenommen hatte, war es ihr noch zu jung erschienen: vex viđar teinûngr einn fyrir austan Valhöll, sâ er Mistilteinn kallađr, sâ þôtti mer ûngr at krefja eiđsins. Sn. 64, und in Völuspâ wird gesungen Sæm. 6b
stôđ umvaxinn völlom hærri
mior ok miök fagur Mistilteinn,
 
hoch über das feld hinaus stand gewachsen der zarte schöne mistelstab; teinn ist der aufgeschoßne ast, goth. táins, ahd. zein, und man dürfte ein goth. mistilatáins, ahd. mistilzein annehmen. wird nun ein ags. mistiltâ angegeben, so kann es leicht aus mistiltân verderbt sein, dessen übereinkunft mit dem eddischen mistilteinn willkommen und wichtig wäre; doch läßt sich auch tâ zehe hören, und scheint durch das engl. misseltoe bestätigt. In Schweden soll die immergrüne parasitpflanze gewöhnlich einen oder zwei fuß, aber auch bis zu drei ellen hoch aufwachsen (Geijer häfd. 1, 330). F. Magn. lex. 512 führt an, daß sie in Vestergötland vespelt heiße, heiliger spelz, triticum sacrum. ein kraut, von dem der tod eines der größten, geliebtesten götter abhing, muß für hochheilig erachtet worden sein, doch seine heiligkeit war wiederum deutschen und celtischen völkern gemein. Des celtischen glaubens versichert uns Plinius 16, 44: non est omittenda in ea re et Galliarum admiratio. nihil habent druidae (ita suos appellant magos) visco et arbore, in qua gignatur (si modo sit robur), sacratius. jam per se roborum eligunt lucos, nec ulla sacra sine ea fronde conficiunt, ut inde appellati quoque interpretatione graeca possint druidae videri. enimvero quidquid adnascatur illis, e coelo missum putant signumque esse electae ab ipso deo arboris. Est autem id rarum admodum inventu et repertum magna religione petitur, et ante omnia sexta luna, quae principia mensium annorumque his facit, et seculi post tricesimum annum, quia jam virium abunde habeat, nec sit sui dimidia. omnia sanantem appellantes suo vocabulo, sacrificiis rite sub arbore praeparatis, duos admovent candidi coloris tauros, quorum cornua tunc primum vinciuntur [Fußnote]. sacerdos candida veste cultus arborem scandit, falce aurea demetit, candido id excipitur sago. tum deinde victimas immolant, precantes ut suum donum deus prosperum faciat his quibus dederit. foecunditatem eo poto dari cuicunque animalium sterili arbitrantur, contra venena omnia esse remedio. tanta gentium in rebus frivolis plerumque religio est. Dieser schönen beschreibung läßt Plinius andere nachrichten vorangehn, aus welchen hier noch einiges auszuheben ist: visci tria genera. namque in abiete ac larice stelin dicit Euboea nasci, hyphear Arcadia, viscum autem in quercu, robore, pruno silvestri, terebintho, nec aliis arboribus adnasci plerique. copiosissimum in quercu, quod dryos hyphear . . . . . adjiciunt discrimen, visco in his quae folia amittant et ipsi decidere, contra inhaerere nato in aeterna fronde [Fußnote]
quale solet silvis brumali frigore viscum
fronde virere nova, quod non sua seminat arbos,
et croceo fetu teretes circumdare truncos;
talis erat species auri frondentis opaca
ilice, sic leni crepitabat bractea vento.
 
. omnino autem satum nullo modo nascitur, nec nisi per alvum avium redditum, maxime palumbis ac turdis. haec est natura, ut nisi maturatum in ventre avium non proveniat. altitudo ejus non excedit cubitalem, semper frutectosi ac viridis. mas fertilis, femina sterilis. aliquando non fert. Auch bei uns heißt eine drossel der mistler (Schm. 2, 645, mhd. mistelære?), engl. misselbird, und das wegtragen des samens durch vögel steigert in andern unsrer mythen die heiligkeit des frischen gewächses (s. 809); es ist dann keine menschenhand im spiel und die göttliche fügung offenbar. Viscum ist das franz. gui, und noch bis auf heute hat sich die verehrung des krauts in dem freudenruf aguilanneuf (s. 630) erhalten. in Wales pflegt man zu weihnachten den mistel über den thüren aufzustecken, er heißt nach Davies pren awyr (der lustige baum), pren uchelvar (baum des hohen gipfels), pren puraur (baum des reinen golds) und die zweite benennung erinnert an das eddische völlum hærri. sonst aber wird das welsche olhiach, bretagn. ollyiach, ir. uileiceach, gal. uileice, d. i. allheilend, von ol, uile universalis, als benennung des mistels angegeben (s. 1015). Ein bretagnisches lied (barzas breiz 1, 58. 100) läßt den Merlin frühmorgens den hohen ast auf der eiche (warhuel, huelvar ann derwen) holen. Unsre alten kräuterbücher unterscheiden eichenmistel, heselinmistel und birnbäuminmistel und keine darf die erde berühren; einige hängen sie in silber gefaßt kindern um den hals. Im preuß. Samland heißt der mistel wispe (was dem viscum, gui gleicht, doch verwechselt man auch sonst mistel mit mispel); an birken, kirschen, linden ist sie häufig, selten und wunderbar an haseln. sie wächst schnurstracks aus dem stamme, und trägt zwischen den glatten immergrünen weidenartigen blättern silberweiße beeren, wie kleine nüsse oder wie erbsen. wo die hasel wispen hat ist sicher ein schatz verborgen (Reusch no. 10). Bei den Slaven finde ich die namen böhm. melj, gmelj, omeli, russ. omela, litth. amalai, lett. ahmals, doch keine sagen [Fußnote].
An das viscum fügen sich zwei andre druidische kräuter, Plin. 24, 11: Selago legitur sine ferro dextra manu per tunicam, qua sinistra exuitur velut a furante, candida veste vestito pureque lotis nudis pedibus, sacro facto priusquam legatur pane vinoque. fertur in mappa nova. hanc contra omnem perniciem habendam prodidere druidae Gallorum. Iidem Samolum herbam nominavere nascentem in humidis, et hanc sinistra manu legi a jejunis contra morbos suum boumque, nec respicere legentenr nec alibi quam in canali deponere ibique conterere poturis. Das pflücken der selago ist eigenthümlich, mit der rechten, aber nicht der bloßen sondern von einem kleid bedeckten hand (vgl. s. 811) soll sie gelesen und dann mit der linken verstolnerweise ausgezogen werden. nach Davies br. myth. 280 ist es das von den Welschen grâs duw (gratia dei) genannte kraut. Villemarqué hält es für aour géoten (aurea herba) bretagnischer lieder 1, 58. 96, es müsse bei sonnenaufgang barhaupt und barfuß auf der wiese ausgezogen werden und leuchte von weitem wie gold. es läßt sich nur selten und von heiligen leuten auffinden. nach einigen ist es unser bärlapp (lycopodium). Samolus soll anemone pulsatilla sein, nach Davies s. 274 heißt er mit welschem namen gwlydd.
Baldrian ist entstellt aus valeriana und nicht zu ziehen auf Baldr, nach dem ein ganz verschiednes kraut, die anthemis cotula Baldrs brâ, schwed. Baldersbrå, zusammengezogen Barbro hieß. aber valeriana führt einen andern mythischen namen Velandsurt, Wielands wurz (s. 313), und ihre heilkraft ist berühmt. Die Serben nennen sie odoljan (von odoljeti überwältigen), die Böhmen odolen, und unter den serbischen vilinen pjesme (von der vila selbst gelehrten liedern) findet sich bei Vuk (1, 149 der neuen ausg.) ein spruch:
da zna shenska glava,
schto j'odoljan trava,
svagda bi ga brala,
u pas uschivala
uza se nosila,
 
d. h. wüste jede frau, was odoljankraut ist, sie würde es immer lesen, in den gürtel nähen und an sich tragen. dies kostbare kraut zu vernachlässigen warnt die vila [Fußnote].
Bilsenkraut, ahd. pilisa, belisa (hyoscyamus) s. 493. 1002 [Fußnote].
Eberwurz, schon ahd. epurwurz, carlina acaulis, Carlsdistel, auf bergen dicht am boden ohne stiel wachsend, mit silberweißen, unwelkenden blättern. Als während einer pest Carl der große in sorgen entschlafen war, erschien dem träumenden ein engel und befahl ihm einen pfeil in die luft zu schießen: auf welches kraut er niederfallen werde, das sei heilsam gegen die seuche. Carl schoß am morgen den pfeil ab, dessen spitze in einer eberwurz stecken blieb: sobald man sie ärztlich anwandte, wich die pest. Wer eberwurz bei sich trägt, und wenn er noch so lange liefe, wird niemals müde; auch entzieht er einem gesellen, der mit ihm über feld geht, alle kraft, weshalb man sie ehmals bei wettrennen den pferden anzuhängen pflegte, oder einem weib oder mann in der ehe, ohne daß sie es merkten, worauf dann der andere theil abzehren und sterben muste. auch wurde die eberwurz in den trog genägelt, daß die schweine darüber fressen, und daher soll ihr name rühren (Wolfg. Menzels literaturbl. 1844 s. 9. 10). Wahrscheinlich hat die benennung eberwurz andern grund, carlina scheint aber nach der sage gebildet. dem könig Carl erschienen oft verkündigende engel im traum, und vom kampf mit dem eber gingen schwere träume; vielleicht heilte das kraut die vom eberzahn gehaune wunde [Fußnote].
Betonica. Plin. 25, 8: Vettones in Hispania eam, quae Vettonica dicitur in Gallia, in Italia autem serratula, a Graecis cestros aut psychomorphon, ante cunctas laudatissima. exit anguloso caule, cubitorum duûm, a radice spargens folia fere lapathi, serrata, semine purpureo . . . tantum gloriae habet, ut domus, in qua sata sit, tuta existimetur a piaculis omnibus . . . . . . morsibus imponitur vettonica, cui vis tanta perhibetur, ut inclusae circulo ejus serpentes ipsae sese interimant flagellando. franz. betoine, mhd. batônie: ›altiu wîp grabent patôni‹. MsH. 3, 193b; ›sô gênt eteliche mit bœsen batânien umb‹, Berth. 58; ›ettlich kundent patoniken graben‹ Vintler abergl. G v. 41; ›die lêr ich batônien graben‹. Aw. 2, 56. ein italien. spruch empfiehlt, um jeden preis sich ihrer zu versichern: ›venda la tonica e compra la betonica‹. Wenn sie Martina 27a (Diut. 2, 129) beschrieben wird ›diu gelwe batênie hol‹, so stimmt das nicht zu jener purpurfarbe (bloß des samens?). in der Schweiz ist badönikli fluhblume, schlüsselblume, hirten bringen sie ihren mädchen mit von der alp (Stald. 1, 124. 386). vermutlich sind mehrere arten zu scheiden, poln. bukwica, böhm. brkwice bald betonica, plantago, bald primula. Die Angelsachsen nannten die betonica biscopvyrt, herba episcopi, was auf heiligkeit schließen läßt [Fußnote]
Verbena gehört nach Schwenck s. 489. 491 zu veru und Virbius, steht nach Bergk für herbena. sie ist heilig und heißt deswegen gr. ιεροβοτάνη, im lat. auch herba pura, qua coronabantur bella indicturi. Plin. 22. 2, 3. 25. 9, 59. Wolfg. Göthes dissert. s. 30. 31. sie wird bei Dioscor. 4, 60 περιστερειόν genannt, weil tauben gern dabei sitzen, auch ferraria. das. 4, 60. η σιδηρι̃τις. das. 4, 33–35. die verbena heißt ahd. îsarna, îsenîna. Graff 3, 864. 1, 491. îsincletta. Graff 4, 555. Sumerl. 24, 9. îsenarre. Sumerl. 40, 54. îserenbart. das. 66, 40. mhd. îsenhart. Mone anz. 4, 250. quellen 309b. nhd. eisenkraut, das ins Johannisfeuer geworfen wird. s. 514. vgl. lay aside the Johnswort and the vervain! Whitelaw s. 112. nnl. îzerkrůd, schwed. jernört, dän. jernurt. für das graben des eisenkrauts gab es einen segen. Mone 6, 474. ags. äscvyrt verbena. Haupts zeitschr. 5, 204. äscþrote verbene. Lye s. v. GDS. 124.
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Madalgêr in ahd. glossen basilicum, in den kräuterbüchern auch senecio. der spruch lautet ›Modelgeer ist aller wurzel ein eer‹. Im Westerrich, sobald ein sterben unter den schweinen ausbricht, hacken sie ihnen die wurzel in das aß und murmeln gebetlein; das behütet die schweine, daß der schelm (die seuche) nicht unter sie komme. Da in unsrer heldensage Heimes vater Madelgêr genannt ist (s. 321), und eben so einer merminne sohn, der die nebelkappe anlegt (Morolt 40. 41); wird die mythische bedeutsamkeit des pflanzennamens glaublich [Fußnote].
Auch Mangold lapathum ziehe ich auf den uralten namen der riesin, welche gold malen konnte (s. 440).
Ahd. faram filix, mhd. varm, varn, ags. fearn, engl. fern. von der filix meldet Plin. 27, 9 nichts mythisches. Hildegard phys. 2, 91: in loco illo, ubi crescit, diabolus illusiones suas raro exercet, et domum et locum, in quo est, diabolus devitat et abhorret, et fulgura et tonitrua et grando ibi raro cadunt. ein kräuterbuch sagt: farnkraut ist auf dem felde schwer zu tilgen, außer man reiße es um auf den tag Johannis enthauptung, dann vergeht der farn. er scheint weder blumen noch samen zu tragen; wer farnsamen holen will, muß keck sein und den teufel zwingen können. man geht ihm auf Johannisnacht nach vor tagesanbruch, zündet ein feuer und legt tücher oder breite blätter unter das farnkraut, dann kann man seinen samen aufheben. Manche heften blühendes farnkraut über die hausthüre, dann geht alles gut, so weit die peitsche beim fuhrwerk reicht (etwa auf fünf schritte hin). abergl. 988. Redekers westfäl. sagen no. 46 enthalten einige nähere auskunft: der farnsamen macht unsichtbar, ist aber schwer zu finden, denn nur in der mittsommersnacht von zwölf bis eins reift er, und fällt dann gleich ab und ist verschwunden. einem manne der gerade in dieser nacht sein verlornes füllen suchte und durch eine wiese kam, in welcher farnsamen reifte, fiel er in die schuhe (wie die knotten, s. 804). des morgens kehrte er wieder nach hause, trat in die stube und setzte sich: es dauchte ihn seltsam, daß frau und hausleute gar nicht auf ihn achteten. da sprach er, ›das fohlen habe ich nicht gefunden‹. alle in der stube anwesenden erschraken sichtlich, sie hörten des mannes stimme und sahen ihn nicht. als ihn nun die frau bei namen rief, stellte er sich mitten in die stube und sagte: ›was rufst du, ich stehe ja nahe vor dir‹. da wurde der schreck noch größer, und dem mann fiel ein, daß ihn etwas in den schuhen drückte, als wäre sand darin. kaum hatte er sie abgezogen und ausgestäubt, so stand er sichtbar da vor aller augen. Das ist der wünschelsâme des varmen (oben s. 814). Conrad von Würzburg in einem liede MsH. 3, 453a:
het ich sâmen von dem varn,
den würfe ich dar den scheiden,
daz sin verslünden, ê mîn dienest von ir solde scheiden.
 
die scheiden sind große fische, siluri, und öfter zu wortspiel gebraucht (Schm. 3, 324. Höfer 3, 65). ihnen soll farnsame zu verschlingen dargeworfen werden, eh ein liebender aus dem dienst seiner frau scheide; der same, scheint es, würde ihm anderswo glück zu wege gebracht haben, er gibt ihn fort, um ihr treue zu zu halten. unsichtbarkeit ist hier nicht gemeint. Nach Thiers soll die fougère (filix) ›cueillie la veille de la saint Jean justement à midi‹ glück im spiel bringen dem, der sie bei sich trägt.
Dies farnkraut heißt im Thüringerwalde irrkraut, manche nennen es auch atterkreutich, otterkraut. wenn man ohne es zu sehn darüber schreitet, so macht es irre und wirre, und man kennt weder weg noch steg mehr, selbst wenn man auf den bekanntesten stellen des waldes ist. um das irregehn zu verhüten oder aufzuheben muß der wandrer sich niedersetzen und die schuhe wechseln, oder wenn es ein frauenzimmer ist, die schürze abbinden und umgedreht anbinden, alsbald weiß man wieder den rechten weg (Haupts zeitschr. 3, 364. Bechsteins Franken s. 269. 286). Sicher war der irrsame in den schuh oder gürtel, beim entschuhen und entgürten wieder heraus gefallen. Man sagt auch, wer otterkraut bei sich trage, den verfolgen die ottern so lange bis er es wegwerfe. An einigen orten heißt es Walburgiskraut. Sein russ. name ist paporot, poln. paproć, altböhm. paprut, jetzt papradj, kapradj, sloven. praprat, praprot, litth. papartis, lett. papardi. Auch nach Woycicki 1, 94 erblüht es gerade auf Johannis mitternacht und schwer ist diese blume (kwiat paproci) zu erlangen, weil unter dem brechen sturm und donner sich erhebt; wer sich jedoch ihrer bemächtigt, wird reich und kann weissagen [Fußnote].
Ahd. pîpôz artemisia (Graff 3, 22 an unrechter stelle und falsch geschrieben), mhd. bîbôz (:grôz) Ls. 2, 526, nhd. verderbt in beifuß, und danach nnl. bivoet; schon gl. Jun. 406 bifuz. der name scheint echt deutsch und von pôzan cudere gebildet wie anapôz incus, mhd. anebôz, nhd. amboß, so daß nhd. beiboß gesprochen und geschrieben werden sollte. die bedeutung muß ungefähr die des nhd. beischlag sein, was bei Logau einen bastard ausdrückt. mutmaßliche alts. form wäre bîbôt, woran der lett. name bihbotes erinnert. das heutige nd. buk, bucke scheint trauliche verkürzung [Fußnote]; dän. bynke, schwed. aber gråbo (graunest). Wer beifuß im hause hat, dem mag der teufel nicht schaden. hängt die wurzel über dem thor, so ist das haus gegen alles üble und ungeheuere geschützt. Johannistag gürtet man sich mit beifuß und wirft ihn, unter sprüchen und reimen ins feuer (s. 514), daher die namen Johannisgürtel, sonnenwendgürtel, gürtelkraut, franz. herbe de s. Jean. die wurzel wird feierlich gegraben, in kränze gewunden, umgehangen und von jedem, mit dem unfall den er an sich hat, in die flamme geworfen. Wer beifuß an sich hängt, ermüdet nicht auf der reise. Megenberg 385, 16. dies letzte ist nach Plin. 26, 89: artemisiam alligatam qui habet viator negatur lassitudinem sentire. auch die ερμηνείαι παλαιαί (ed. Sillig s. 212): αρτεμισίαν τὴν βοτάνην εί τις έχει εν οδω̃, λύει τὸν κάματον. ags. heißt die artemisia mucgvyrt, engl. mugwort, muggon: viđ miclum gonge ofer land þŷlæs he teorige, mucgvyrt nime him on hand, ođđe dô on his scô, þŷlæs he mêdige, and þonne he niman ville ær sunnan upgange, cveđe þâs vord ærest: tollam te, artemisia, ne lassus sim in via. gesegna hie þonne þû upteo. Rob. Chambers theilt s. 34 schottische sagen von ihrer heilkraft mit. Als ein mädchen in Galloway beinahe der schwindsucht erlag und alle an ihrer rettung verzweifelten, sang eine meerfrau, die dem volk oft heilsamen rath ertheilte:
wad ye let the bonnie may die i' your hand,
and the mugwort flowering in the land!
 
alsbald pflückte man das kraut und gab der kranken den saft davon, und sie ward hergestellt. Eine andere jungfrau war an dieser krankheit gestorben und ihre leiche wurde am hafen von Glasgow vorbeigefahren, da streckte die mermaid das haupt aus dem wasser, und rief mit langsamer stimme:
if they wad drink nettles in march,
    and eat muggons in may,
sae mony braw maidens
    wadna gang to the clay.
 
Warum sollte nicht schon ein goth. bibáuts gegolten haben? daß die Gothen eigne, bedeutsame namen der kräuter und sträuche besaßen, erhellt aus den vom gr. wort abweichenden übertragungen bei Ulfilas. βάτος, rubus gibt er durch aíhvatundi Marc. 12, 26. Luc. 6, 44. 20, 37, worin aíhvus equus, tundi fomes (vgl. ahd. zuntara, nhd. zunder) stecken mögen; συκάμινος báinabagms Luc. 17, 6, was beinbaum sagt, und noch heute heißt der hartriegel (ahd. hartrugil oder harttrugil? Graff 5, 501) beinholz. die ursache beider benennungen ist uns aber verloren [Fußnote]
Zu den angeführten gothischen pflanzennamen kommt noch vigadeinô τρίβολος (anm. 2950). über equisetum vgl. Potts comm. 2, 27. Ahd. grensinc nymphaea, potentilla, clavus Veneris. Graff 4, 333. mhd. grensinc. Mone anz. 4, 244. 246. der spruch in einer Stockholmer hs. lautet: Unse leve vrowe gink sik to damme, se sochte grensink den langen. do se en vant, do stunt he un bevede. se sprak: ›summe den soten Jesum Crist, wat crudes du bist?‹ ›junkfrowe, ik hete grensink, ik bin das weldigeste kint. ik kan den kettel kolen, ik kan alle dink vorsonen, ik kan den unschuldigen man van dem galgen laten gan; de mi bespreke un ineges dages up breke, dem were god holt und alle mannen, kunne un golt sulven in den namen des vaders un des sons‹ u. s. w. stammt grensinc von grans prora, weil vor dem schiffe wachsend?
Klee, trifolium, engl. clover, dän. klever. nübblättlets klee s. 903. bedeutsam ist zumal vierblättriger s. 952. klewer veer. Müllenhoff s. 410. 557. klee fünfblatt. bretagn. märch. 89. 93. kleeblatt und wein senden. arch. von Unterfranken 4, 3, 169. der klee heißt bair. himmelkraut. schön blüets himelkraut. Schm. 2, 196 vgl. himelblüe regenbogen, himelbrand (anm. 2922). hergottsbrot, kleeblütenhaupt. Schm. 2, 231. vgl. brosamkraut. abergl. 369. gotisampher alleluja. Sumerl. 54, 35. isl. smâri trifolium album. jütländ. smäre. altn. greisugras trifolium fibrinum, gegen kolik und mutterweh (anm. 2860). schwed. väpling. aberglaube vom fyrväpling, femväpling bei Dybeck 1848 s. 22. gall. visumarus. Diefenbach 1, 46. (anm. 2916. kl. schr. 2, 156. 171). ir. shamrock, bei Obrien seamrog. (kl. schr. 2, 156). GDS. 302. welsch meillionen, armor. melchen, melchon. klee wird beim persischen opfer gebraucht. Herod. 1, 132.
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Hederich ist kein alter name, sondern erst dem lat. hedera nachgebildet, nur daß darunter nicht epheu, vielmehr hedera terrestris gemeint wird, Linnés glechoma hederacea, ein unkraut mit kleinen blauen blumen. seine echte benennung lautet gunderebe, gundelrebe, donnerrebe, gundermann, ahd. gunderreba acer (Graff 2, 354), was nicht ahorn sein kann, auch steht gundereba immer unter den kräutern. sie galt für heilkräftig und gegen zauber schützend, beim ersten austrieb auf die weide werden die kühe durch einen kranz von gundermann gemolken, und wer einen solchen auf dem haupte trägt vermag die hexen zu erkennen (abergl. 462. 463). gund führt auf die alte valkyrie (s. 350), donner auf die blaue farbe des blümchens und auf Donar. dazu tritt daß den Letten der hederich pehrkones heißt nach Pehrkon dem gott. das böhm. ohnica (von ohen feuer) gilt dem gelben, ganze äcker überziehenden hederich; ruft man den bäuerinnen, die ihn im feld jäten, hederich zu, so schelten sie [Fußnote].
Eine art der scabiosa beifst succisa und morsus diaboli, teufelsbiß, teufelsabbiß, engl. devils bit, dän. diävels bid, böhm. čertkus, čertůw kus, russ. djabolshoe ukuschenie, sonst auch russ. tschertow paletz (teufelsdaume), poln. czartowe zebro (teufelsrippe). die wurzel ist unten stumpf, wie abgebissen. Oribasius sagt, daß mit diesem kraut der teufel solchen unfug trieb, daß die mutter gottes erbarmen hatte und ihm die macht benahm. ergrimmt biß er die wurzel unten ab, und so wächst sie noch heute des tages. wer sie bei sich trägt, dem vermögen teufel und böse weiber nicht zu schaden. Nach andern biß der teufel sie ab, weil er ihre heilkraft den menschen nicht gönnte. Gräbt man sie mitternacht vor Johannis, so sind die wurzeln noch unabgebissen und verjagen den teufel. unter den tisch geworfen bewirkt sie, daß die gäste sich schlagen und zanken [Fußnote]
Ags. ragu, engl. ragwort. gl. mosicum, mossiclum, vielleicht mosylicum. sonst ist ragu robigo. Lye hat noch Cristes maeles ragu, Christi crucis mosicum, herba contra ephialten valens. Schubert s. 197 ragwurz orchis.
Serb. stidak caucalis grandiflora, die verschämte, schamhafte. die pflanze hat weiße blüte und in der mitte ein wenig roth. dies roth, erzählt man, war anfangs größer und wurde jeden tag kleiner, es blieb keine scham unter den leuten zurück. Vuk s. v.
Holder über sich oder unter sich geschelt und eingenommen wirkt erbrechen oder laxieren. Judas 1, 169. Lycopodium complanatum, altn. jafni, schw. jemna, dän. jävne, vesterb. jamm.
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Einige kräuter heißen nach menschlichen eigennamen. Bertram und schon ahd. Perhtram (Graff 3, 349), mhd. Berchtram Ls. 2, 526 entspringt aus pyrethrum und soll dem fremden wort deutschen klang verleihen. merkwürdiger scheint die herba boni Henrici (chenopodium), auch bloß bonus Henricus genannt, gut Heinrich; stolz Heinrich (atriplex); roth Heinrich (abergl. 1002). ich erkläre sie aus den vorstellungen von elben und kobolden, die gern Heinz oder Heinrich heißen (s. 416. 417), was hernach auf teufel und hexen übergieng (s. 838. 888), solchen dämonischen wesen schrieb man die heilkraft des krautes zu. selbst die, ihrem ursprung nach, unerforschte sage vom armen Heinrich könnte mit einem kraut zusammenhängen, das den aussatz heilte. die herba boni Henrici soll gerade gegen diese sucht angewendet worden sein.
Wurde einem kraut allgemeine heilgabe für alle übel zugeschrieben, so hieß es wie Galliern der mistel olhiach, uileiceach, den Griechen τὸ πάνακες, η πανάκεια, woraus sich eine tochter des Asklepios Πανάκεια personificierte. in unsrer sprache finde ich keinen pflanzennamen allheil, allheila, wol aber selpheila (euphrasia) Graff 4, 864 und die kräuter heilallerwelt (Achillea, millefolium), heilallerschaden (supercilium Veneris), auch allermannharnisch und neunmannskraft. bedeutung der neunzahl zeigt sich nicht minder darin, daß man neunerlei blumen zum kranze wand. heilhoubito (Graff 4, 759) ist hermodactylus, ich weiß nicht welche pflanze, sie heißt aber auch huntlouch (Graff 2, 143) [Fußnote].
Zwei kräuter stehn in der formel alliterierend neben einander: doste und dorant (origanum, antirrhinum). ahd. dosto (Graff 5, 232), der echte ausdruck für das, was wir jetzt wilden majoran, thymian nennen oder wolgemut, böhm. dobrámysl. für dorant kommt auch vor orant, nach einigen soll es nicht antirrhinum, vielmehr marrubium sein, ahd. gotfargezzan. vor beiden kräutern fliehen wichtel und nixen; darum heißt es: ›hättestu nicht dorant und dosten, wollt ich dir das bier helfen kosten!‹ ›heb auf dein gewand, daß du nicht fallest in dosten und dorand!‹ ›stoß mir nicht an den durant, sonst kommen wir nimmer in unser vaterland‹. DS. no. 65. Jul. Schmidts. 132. Redeker no. 45 [Fußnote]
Porst, porse wird den gästen unter den tisch gestreut, um ihre eßlust zu wecken. Fries udfl. s. 109. 110. vgl. borsa myrtus. Graff 3, 215.
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Neben doste pflegt auch hartheu (hypericum), das einige harthun nennen (s. 860) die geister zu scheuchen: ›doste, harthau, weiße heid thun dem teufel alles leid‹. hypericum perforatum, fuga daemonum, teufelsflucht [Fußnote]
Ahd. reinfano (Graff 3, 521), schwed. renfane, tanacetum scheint den elben heilig (Fries udfl. 1, 109) und hilft bei schweren entbindungen. bedeutet der name eine an grenzörtern wachsende pflanze? vgl. reinfarn. kl. schr. 2, 44.
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Widertân (adiantum) mit dem part. von tuon gebildet, später in widerthon, widertod verderbt, die echte form hat noch G. Frank bei Schm. 4, 34. das kräuterbuch sagt: damit wird viel abenteuer getrieben, das lassen wir als narrenwerk und teufelsgespenst fahren. heißt auch jungfrauhaar und ist schön goldfarb. es haben die alten weiber viel fantasei mit kräutern und sprechen, das rothe steinbrechlin (saxifraga) mit den linsenblättlin heiße abthon, das nacket jungfrauhaar heiße widerthon und mit beiden können sie nach ihrem gefallen ›abthon‹ und ›widerthon‹. Soll das sagen: mannheit nehmen und geben? dann ständen sich abetân und widertân gegenüber, wie zubringen und abbringen s. 898; Frisch hat 1, 5b abthon trichomanes, polytrichon, und 2, 446b widerthon lunaria, thora salutifera [Fußnote]
grüß dich gott, ankehrkraut
ich brock dich ab und trag dich nach haus;
wirf bei meinem kuhel fingerdick auf!   Höfer 1, 36.
 
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Einige kräuter, plantago und proserpinaca, heißen danach, daß sie am wege sprießen (proserpunt) und den fußtritten ausgesetzt sind, ahd. wegarih (Graff 1, 670) nhd. wegerich; ahd. wegapreita, ags. vegbræde, engl. waybrede, dän. veibred; ahd. wegaspreiti (Graff 6, 395): ahd. wegatreta; umbitreta (Graff 5, 522) nhd. wegetritt; ahd. wegawarta, nhd. wegewarte, was man auch auf cichorium zieht. Es gibt davon einige mythen: das kraut soll eine jungfrau gewesen sein, die ihres liebsten am wege wartete (s. 690), gleich Sigunen (Tit. 117. 118). Paracelsus (opp. 1616. 2, 304) bemerkt, daß die blumen der wegwarte sich nach der sonne neigen und ihre kraft im sonnenschein am höchsten sei, ihre wurzel aber nach sieben jahren sich in eines vogels gestalt wandle [Fußnote].
Lauch, ahd. louh, ags. leác, altn. laukr ist allgemeine benennung saftiger kräuter; einige arten scheinen heilig gewesen zu sein. allium caepasque inter deos in jurejurando habet Aegyptus. Plin. 19, 6. Als Helgi geboren war und Sigmundr sein vater aus der schlacht kehrte, heißt es Sæm. 150a:
sialfr gêck vîsi or vîgþrymo
ûngom fœra îtrlauk grami.
 
Völs. saga cap. 8: Sigmundr var þâ kominn frâ orrostu ok gekk međ einum lauk îmôt syni sinum, ok hermeđ gefr hann honum Helga nafn. îtrlaukr ist allium praestans, allium victoriale: es erhellt nicht, ob der könig als heimkehrender sieger lauch trug, oder weil es sitte war beim namengeben ihn zu tragen. keinen dieser gebräuche erläutert das übrige alterthum. man warf lauch in den gesegneten becher. Sæm. 195b [Fußnote].
Die sorbus heißt altn. reynir, schwed. rönn, dän. rönne: es ist ein heiliger strauch, weil ihn Thôrr im strom faßte und sich daran hielt, weshalb gesagt wird: ›reynir er biörg Thôrs‹ sorbus auxilium Thori est. Sn. 114. Noch heute glaubt man in Schweden, daß ein stab von diesem rönn gegen zauber sichere, und am schif hat der gemeine mann gern irgend etwas von rönnholz gemacht, zum schutz gegen sturm und wassergeister, flögrönn dient zu geheimen künsten. Afzelius 1, 19 [Fußnote].
Den Serben sind samdokas und okolotschep kräuter, die in liebestränke gemischt den liebhaber zwingen zu der geliebten zu kommen. ustuk, ein kraut und der spruch, den die zauberin hersagt, um ein übel zum weichen (ustuknuti) zu bringen. Vuk s. vv.
Trojziele (dreikraut) heißt den Polen eine wunderbare pflanze mit blauen blättern und rothen blumen: sie flößt liebe ein, macht vergessen und versetzt schnell wohin man will [Fußnote] [Fußnote].
Im gedicht von Elegast 763 ff. kommt ein ungenanntes kraut vor, das man nur in den mund zu legen brauchte, um zu verstehn was die hähne krähen und die hunde bellen. Wer, nach Villemarqué 1, 62, zufällig auf das goldne kraut (s. 1010) tritt, entschläft alsbald und versteht die sprache der hunde, wölfe und vögel. Anderwärts hängt das verständnis der vögelsprache ab vom genuß einer weißen schlange (s. 820), in der edda von dem des drachenherzens. ein märchen läßt einen drei jahre lang erlernen was die hunde bellen, die vögel singen, die frösche quaken [Fußnote] [Fußnote].
Viel weniger mythisch als kräuter sind STEINE, obschon edle von den gemeinen, wie bei jenen, unterschieden werden. denn die steine wachsen nicht so lebendig und sind nicht so zugänglich wie die pflanzen; der blume kann jeder hirte und wandersmann in wald und auf wiese nahen, die edelsteine werden nicht in unserm boden gezeugt, sondern dem schoß der erde abgewonnen, aus weiter ferne eingeführt. bedeutsam galt daher kräuterkunde für heidnisch, steinkunde für jüdisch (s. 996); jüdische, maurische handelsleute holen die edelsteine aus dem morgenland. wunder und heilkraft der edelsteine waren im mittelalter frühe bekannt, nie aber volksmäßig, und darum gibt es fast auch keine deutschen namen und sagen dafür. dies verhältnis kann also zur bestätigung der heimischen mythen von den pflanzen gereichen. aus Marbods, Evax, Albertus magnus und anderer weitverbreiteten werken über die edelsteine gieng so wenig haftende sage unter das volk als aus Walahfried oder Macer Floridus, die von kräutern gelehrt und trocken, wie ärzte, meldeten. auch des Plinius nachrichten im 36 buch scheinen auf unsern aberglauben gar nicht eingeflossen zu sein [Fußnote].
Dennoch gibt es einzelne althergebrachte mythen. die edda nennt einen heiligen iarknasteinn Sæm. 137b 139a 213a 238d, der beim kesselfang in das heiße wasser geworfen wurde, und den der künstliche schmied Völundr aus kinderaugen fertigte. das ags. eorcanstân glossiert margarita und topazion, im cod. exon. 73, 27. 238, 12. 478, 7 hat es den allgemeinen sinn von edelstein, eorcnanstân scheint verderbte form. der entsprechende goth. name aírknastáins, ahd. erchanstein darf sicher vermutet werden, da goth. aírknis echt, heilig ausgedrückt und ahd. erchan in andern zusammensetzungen übrig ist (Graff 1, 468). es scheint aber der eirunde milchweiße opal, der sonst auch orphanus, pupillus, mhd. weise heißt, und so köstlich war, daß er die deutsche königskrone schmückte. Albertus M. sagt: orphanus est lapis, qui in corona romani imperatoris est, neque unquam alibi visus est, propter quod etiam orphanus vocatur. est autem colore quasi vinosus, subtilem habens vinositatem, et hoc est sicut si candidum nivis candens seu micans penetraverit in rubeum clarum vinosum et sit superatum ab ipso. est autem lapis perlucidus et traditur quod aliquando fulsit in nocte, sed nunc tempore nostro non micat in tenebris. fertur autem quod honoreni servat regalem. Hätte das ahd. weiso schon die bedeutung des steins gehabt, so würde sie kaum den glossen fehlen. desto gangbarer ist sie den mhd. dichtern, seit die sage von herzog Ernst erscholl, der im fernen ausland mit seinem schwert den edelstein von einem felsen schlug und dem könig zur gabe darbrachte (z. 3604–23 und 5543 des liedes und in Odos lat. gedicht 6, 357). ›Philippe setzen weisen ûf!‹ Walth. 9, 15; ›schouwe wem der weise ob sîme nacke stê, der stein ist aller fürsten leitesterne‹. Walth. 19, 3 vgl. Helbl. 2, 881; ›der künec alsô den weisen hât‹. Ms. 1, 15a; ›wie si durch den berc har wieder kâmen, dâ sie der krône weisen inne nâmen‹. Ms. 2, 138a; ›den weisen ie vil hôhe wac der keiser und daz rîche, dur daz nie sîn gelîche wart unter manigem steine‹. Troj. 20; ›ich stich im abe den weisen‹. Otto bart 314. man sehe auch die in Heinr. von Krolewitz V. U. bei Lisch s. 208 gesammelten stellen. Albert und Conrad erklären den namen daher, daß der stein ohne gleichen sei und wie der waise ohne verwandten stehe; so auch die glosse zu Ssp. 3, 60. in der spanischen krone befand sich ebenfalls eine prächtige perle, welche huerfana (waise) oder sola (einzige) hieß und bei der feuersbrunst des palastes 1734 verbrannte. franz. ist solitaire ein einzeln gefaßter diamant. Doch bricht eine tiefere mythische idee durch, die von Haupt in der zeitschr. 7, 278 bestritten wird. pupillus bezeichnet ursprünglich den kleinen, unmündigen knaben und geht dann in den begrif von orphanus über. pupilla und κόρη hingegen drücken mädchen und augapfel aus, in dem man das bild eines kindes wahrzunehmen glaubt (vgl. s. 903). Völundr schmiedet nun den iarknasteinn aus augen der getödteten knaben, der stein konnte pupilla oder pupillus heißen, also jenem orphanus begegnen, und so ward erchanstein zum weisen. Aus Thiassis augen wurden leuchtende sterne, alle sterne sind edelsteine des himmels; übergang auf den funkelnden stein ergibt sich leicht. Heinr. von Krolewiz will den himmel als ein haus schildern und bringt wiederum die augen mit dem weisen in beziehung (z. 1194. 1203. 1216) [Fußnote]
quattuor in cunctis sunt insita mythica gemmis,
durities, virtus, splendorque colorque perennis.   Gotfr. viterb. p. m. 367b.
 
ring und fingerlein haben bloß kraft wegen der in sie gewirkten steine. ein vingerlîn, das zauberei verjagt und erkennen läßt. Lanc. 21451 ff. und unsichtbar macht (s. 726). so macht ein gürtel mit einem edelstein gesund. Bit. 7050–55.
Des orphanus, der bei Megenberg fehlt, gedenkt Lessing 8, 175. 176. dem weisen gleicht der stein claugestian auf dem helm. Roth. 4947 ff. þaer se beorhta beág brogden vundrum eorcnanstânum eádigra gehvâm hlîfađ ofer heáfde. heáfelan lixađ þrymmê biþeahte. cod. exon. 238. his eágan ontŷnde, hâlge heáfdes gimmas. ebendas. 180, 7. is seo, eággebyrd (oculus Phoenicis) stâne gelîcast, gladum gimme. ebendas. 219, 3. hyaena bestia cujus pupillae lapideae sunt. gl. ker. 146. Diut. 1, 239. Reinharts augen sollen karfunkel sein. Reinh. 916 ff. oculus felis, oculus mundi, bellocchio heißt ein stein. Nemnich 2, 747. 748a. augen werden durch edelsteine ersetzt. Martene thes. anecd. 4, 6 (Wachsmuth sittengesch. 2, 258). so leuchten in dem nachgemachten schädel des Servatius edelsteine statt der augen. schwed. ögnasten, ögonsten pupilla oculi = lapis oculi. dän. öiesteen. altn. augasteinn. ein augenstein ist auch Alexanders edelstein, der schweres gold aufwiegt, mit einer feder und ein wenig erde bedeckt aber in der wage aufschwebt. Lampr. Alex. s. 140–143. s. Schlegels mus. 4, 131–133. Gervinus 1, 549 (3. ausg.). pupus, κόρη οφθαλμου̃. Ducange s. v., auch morgen länd. ist der ausdruck: das mädchen des auges. aber auch das männchen des auges. Gesenius 2. aufl. vorr. XLIV. GDS. 127.
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Die perle schon in den träumen vorbedeutsam mit der thräne verglichen entsprang nach dem mythus aus der Venus thräne, wie sich Freyjas thränen in goldtropfen wandelten (vorhin s. 999) [Fußnote] auch Väinämöinens zähren fallen als perlen ins meer (Kalew. rune 22). die perle ist folglich metall oder stein. unserm alterthum galt sie für einen im meer gefundnen stein, daher auch eorcanstân sie bedeuten konnte und selbst der lat. name unio an jenen sinn des unvergleichlichen waisen erinnert: in tantum ut nulli duo reperiantur indiscreti, unde nomen unioum romanae imposuere deliciae. Plin. 9, 35, 59; ideo unioes dictos quia nunquam duo simul reperiantur. Isid. or. 16, 10. Plinius fährt fort: nam id (nomen unioum) apud Graecos non est, ne apud barbaros quidem inventores ejus aliud quam margaritae. war aber perlfischenden barbaren das wort margarita, μαργαρίτης geläufig, so könnten es diesmal Römer und Griechen von deutschen stämmen entnommen haben, in deren sprache ahd. marigreoz, mhd. mergriez, alts. merigriota, ags. meregreot, meregrot völlig verständlich klingt und sabulum, calculus maris aussagt. zwar erscheint jetzt das goth. markreitus I Tim. 2, 9 nach μαργαρίτης und mit lautverschiebung gebildet, welchem ahd. marchrîz zu entsprechen hätte. entweder strebten die ahd. alts. ags. ausdrücke das fremde wort unsrer sprache nah zu bringen (was sonst gewöhnlich nur in einem dialect, nicht in dreien zusammen versucht wird), oder dem Gothen war ein marigriuts unbekannt, vielleicht ungefällig, so daß er den ausländischen namen nachahmte, der nun gar in unserm frauennamen Gretchen steckt. Das ahd. perala, berala, ags. pearl scheint aus beryllus, und trägt wieder den begrif gemmula auf das muschelgewächs über. man dürfte zu margarita auch das skr. marakata halten, welches σμάραγδος, μάραγδος bedeutet und diesem unmittelbar verwandt ist. die mhd. dichter brauchen mergrieze bald von sand, bald von perle: ›ûz der bühsen giezen stöubîne mergriezen‹ Trist. 4669; ›von glanzen mergriezen‹ Troj. 1446 [Fußnote].
Wie erchanstein aus dem menschlichen auge entsprungen war, perle aus der muschel, scheinen auch andere edelsteine die phantasie des MA. angeregt zu haben, die in und aus thieren wuchsen. was Marbod cap. 24 vom lyncurius berichtet, ist Rudlieb 3, 101–127 weit ausführlicher zu lesen. auch diese leuchtenden luchssteine geziemen in den fingerring der königin, in die krone des königs. Andere sagen reden von kräftigen steinen, die sich im haupte des hahns, der natter und kröte erzeugen. im leib eines verschnittnen dreijährigen hahns wächst der alectorius (Marbod cap. 3): ›invictum reddit lapis hic quemcunque gerentem, extinguitque sitim patientis in ore receptus‹. nach dem mhd. gedicht muß der kapaun sieben, nach Albertus neun jahr alt sein. Das gedicht des Wiener cod. 428 no. 136 (Hahns Stricker s. 48) von edelsteinen nennt aber den schlangenstein als eigentlich siegverleihenden:
ich hœre von den steinen sagen,
die natern und kroten tragen,
daz grôze tugend dar an lige.
swer si habe, der gesige;
mohten daz sigesteine wesen,
sô solt ein wurm vil wol genesen,
ders in sînem lîbe trüege,
daz in nieman erslüege;
 
den hahnstein den durststillenden:
man sagt von hanensteinen
swer ir in munt nem einen,
daz er guot vür den durst im sî.
 
der heiligen schlange und natter, die goldkronen trägt (s. 571. 572) und edelsteine (gesta Rom. ed. Keller s. 68. 152), scheint der siegstein mehr als dem hahn beizulegen. Albertus führt einen stein borax an, den die kröte auf dem kopfe trage, ohne ihm wirkung des siegs zuzuschreiben: borax lapis est qui ita dicitur a bufone quod in capite ipsum portat. Otnit, Mone 557. 558. Ettm. s. 91 heißt die kröte hebräisch:
ez ist ûz dern garten ein abrahemsche krot (vgl. s. 1037),
swenne diu gewehset, si bringet einen stein
daz diu sunne ûf erden niht bezzers überschein,
 
deutlicher wird im Dresd. gedicht gesagt, daß der stein auf ihr wachse und unter allen steinen der höchste sei. Nach pentamerone 4, 1 wächst die preta de lo gallo im kopf des hahns und ist ein wünschelstein, mit dem man alles erlangt. Die morgenländische fabel von den drei lehren des gefangnen vogels (Reinh. cclxxxi und Ls. 2, 655) erwähnt eines ähnlichen, in der lerche oder nachtigall herzen oder magen wachsenden steins. Dem schlafenden Sigurđr grikr entwendet seine tochter den siegstein aus der tasche und giebt ihn an Dietleib (Vilk. saga cap. 96. 97); einen solchen besaß auch könig Nidung (das. cap. 25), doch in beiden stellen ist die natur des steins näher nicht angegeben. auch Vintler (abergl. G v. 89) beschreibt ›den sigelstein‹ nicht, es scheint aber, daß er künstlich, heimlich wie glas geblasen, wie erz gegossen werden konnte: ›ze samen si dô sâzen sam sie einen sigstein bliesen‹. Seifr. Helbl. 4, 124 von verschwornen; ›gar taugenlichen vor dem rat zusamen giengen fru und spat, pis sy gussen ain sigelstain‹. Mich. Behaim 22, 11. nach Hagens Cölner chron. 1003 ist der diamant gemeint, mit dem man siegen soll. Die gedichte melden siegbringender, unsichtbar machender fingerringe (z. b. Troj. 9198), deren kraft immer von dem in sie gefaßten stein abhängt. Marbod cap. 27 von gagathromeus: ›quem qui gestarit dux pugnaturus in hostem, hostem depulsum terra marique fugabit‹ [Fußnote].
Des vom himmel fallenden ceraunius (κεραυνίας) erwähnt Marbod cap. 28: ›qui caste gerit hunc, a fulmine non ferietur, nec domus aut ville, quibus affuerit lapis ille‹. was er hinzufügt: ›crystallo similem Germania mittere fertur, coeruleo tamen infectum rutiloque colore‹, stammt aus Plin. 37, 9, 51: est inter candidas et quae ceraunia vocatur, fulgorem siderum rapiens, ipsa crystallina, splendoris coerulei, in Germania nascens; die aufgenommne lesart hat jedoch Carmania. an der deutschheit des donnersteins (s. 149) ist nicht zu zweifeln, und Miölnir wird, gleich dem hein (s. 752), den Ođin warf und der in Thôrs haupt steckte (s. 309), über alle andern steine hinaus heilig gewesen sein. Miölnir klingt bedeutsam an die slavischen benennungen des blitzes molnija und munja, in den serbischen liedern wird letztere zur personificierten Munja, und als schwester des Donners (Grom), als braut des Mondes (Miesetz) dargestellt (Vuk 1, 151. 154 der neuen ausg.), was der personification des Hammers (s. 151. 834. 835) begegnet. um so mehr ist Molnija dem Miölnir identisch. Auch den Römern muß der donnerkeil, silex, ein Jovis lapis gewesen sein: lapidem silicem lenebant juraturi per Jovem haec verba dicentes: ›si sciens fallo tum me Dispiter salva urbe arceque bonis ejiciat, uti ego hunc lapidem!‹ aus des Juppiter feretrius tempel holten schwörende stab und ›lapidem silicem quo foedus ferirent‹, gerade wie Thors hammer bündnisse weihte. Nach Livius 1, 24 wurde das geopferte schwein mit diesem stein getroffen: ›tu illo die, Jupiter, populum romanum sic ferito, uti ego hunc porcum hic hodie feriam, tantoque magis ferito, quanto magis potes pollesque‹. id ubi dixit porcum saxo silice percussit. das gleicht unserm fluch: ›das dich der Hammer schlage!‹ Nicht anders hieß den Finnen der donnerstein Ukonkiwi, des Ukko, des altvaters stein; den Indern hîra, hîraka, Indras donnerstein (Potts forsch. 2, 421) oder vadshra, was zugleich donnerkeil und diamant bezeichnet. Wie ihm hier die natur des edelsten aller steine beigelegt ist, sahen unsere vorfahren den harten flins, die Römer den silex darin, mythe und aberglaube messen ihm die größten kräfte bei: malleum aut silicem aërium, ubi puerpera decumbit, obvolvunt candido linteo contra infestalionem fearum, albarum feminarum, strygum, lamiarum. Gisb. Voetii sel. disputat. theol. Ultraj. 1659. 3, 121 [Fußnote].
Wie es einen stein der weisen (lapis sapientum) geben soll, von dem weisheit, oder die kunst gold zu machen und leben zu verlängern abhänge (ôskasteinn, wünschelstein, s. 119), kannte der Norden auch die sage von dem lîfsteinn. in Kormakssaga cap. 12 s.  116. 118 trägt Bersi einen solchen am hals, der beim schwimmen heil bringt [Fußnote]
Der karfunkel wird aus des einhorns stirne genommen. Parz. 482, 29. hebt den moed van een Espetin, want hi draegt karbonkelen in sin hoorn. nl. Heemskind. p. m. 12. der karfunkel leuchtet in finsterer nacht und löscht andere steine. Hartm. büchl. 1500–1507. Reinh. 920. Morolt 45. gr. Rud. 8, 10. (vättelys heißen nach dän. volksglauben kleine steine, deren sich die geister als lichter bedienten. Molb. dial. 663.) er verliert den schein beim tode des helden. Rol. 196, 19. er liegt ›ze Loche in dem Rîne‹. MS. 1, 15a. Sommer zu Flore s. XXVII. 1667.
Der magnet heißt altn. leiđarsteinn. Landn. 1, 2, e. loadstone, prov. aziman, ariman, ayman, franz. aimant, span. iman. mhd. agestein. Diut. 1, 60. 61. Trist. 204, 14. 36. mnl. tôchstên diese uptôch. Maerl. 3, 124. seit dem 13. jahrh. wurde er zur schiffahrt gebraucht. bible Guiot 633–653. sage vom magnetstein. altd. w. 2, 89.
Steinkohle heißt türkenblutstein, steinöl türkenblut. Stald. 1, 329.
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Nur große steine, d. i. berge und felsen heißen nach göttern, helden, riesen, die auf ihnen hausen oder sie geschleudert haben; kaum einzelne steinarten, wenigstens keine heilkräftigen. so wurde ein gewisser schiefer riesenbrot, jyvrikling (s. 452), ein tufstein nackebröd (s. 405), ein verkohlter stein Surturbrandr (s. 675) genannt. 

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11/24 17:40