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德国神话:CAP. XXIX. PERSONIFICATIONEN.
日期:2014-11-05 11:03  点击:270
Hier ist es gelegen von der mythischen personification das nähere beizubringen.
Alle gegenstände sind entweder unsern sinnen wahrnehmbar oder bloß in vorstellungen gegründet. eine haupteigenschaft der sinnlichen ist aber ins auge (εις ω̃πα, πρὸς ω̃πα) zu fallen, wofür uns ehmals der schöne ausdruck äugen, ahd. ougan, goth. áugjan, erscheinen, sich zeigen (gramm. 1, 226) zu gebot stand. form und gestalt dieses erscheinens hieß goth. siuns, altn. sŷn, ahd. gisiuni, die von saíhva, wie species von specio, visus von video, ει̃δος vom verlornen είδω zu leiten sind und das gesehene, gegenwärtige bezeichnen [Fußnote]; vaíhts, dessen sich Ulfilas gleichfalls für ει̃δος bedient (s. 364), ist auf veiha (facio s. 54) zurückzuführen. noch üblicher waren zusammensetzungen: goth. anádugi, andvaírþi, ahd. antwerti, goth. andavleizn, ags. andvlite, ahd. anasiuni, anasiht, gisiht, die gebildet wie das gr. πρόσωπον bald aspectus, obtutus, bald den engeren begrif von facies, vultus, frons (goth. vlits von vleita) ausdrücken, weil der anblick vor allem auf gesicht und antlitz gerichtet wird. so dunkler abkunft das lat. persona [Fußnote] scheint, entspricht es ihnen in der anwendung, nur daß siuns und πρόσωπον auf jeden anblick, vlits und persona mehr auf die menschliche bildung zu gehn pflegen [Fußnote].
Freieste persönlichkeit steht den göttern und geistern zu, die plötzlich ihre gestalt zeigen oder bergen, erscheinen und verschwinden können (s. cap. xxx). dem menschen mangelt diese gabe, der nur langsam nahen und sich entfernen kann und in seinem leib, außer wenn zauber dazwischen tritt, beharren muß; er ist darum im strengsten sinne person, seine selbstheit wird in der alten sprache durch den ausdruck lîp (gramm. 4, 296) hervorgehoben. Rede und ofne stirn unterscheidet ihn aber von den thieren, welchen nur stimme und προτομή, kein eigentliches πρόσωπον oder antlitz gebührt. Noch unpersönlicher sind die stummen, im boden festgebannten pflanzen. Beide jedoch, thiere und pflanzen, haben mit dem menschen unterscheidung des geschlechts und vermögen der fortzeugung gemein, beiden wird von der sprache natürliches und nur, wo dieses verborgen bleibt, grammatisches genus überwiesen. Sie schreitet noch weiter, indem sie es selbst todten werkzeugen und unsichtbaren, unsinnlichen dingen einräumt.
Poesie und fabeln beginnen nun zu personificieren, d. h. göttern, geistern und menschen allein zukommende persönlichkeit auf thiere, pflanzen, sachen oder zustände, denen die sprache genus verleiht, zu erstrecken. Alle diese sehen wir bei Aesop mit menschlicher rede begabt und neben göttern und menschen handelnd auftreten, nicht bloß bäume und sträuche (wie im märchen bohne und strohhalm), sondern auch geräthe wie topf und feile (χύτρη, ρίνη), tage und jahrszeiten (εορτή, υστέρα, χειμών, έαρ), ja bloße leidenschaften, wie liebe oder scham (έρως, αισχύνη). unser naives alterthum liebt es solche belebung durch die gebräuche der anrede und verwandtschaft hervorzuheben: pferd, schif, schwert werden von dem helden feierlich angeredet (gramm. 3, 331. 434. 441); dergleichen wesen empfangen den titel herr oder frau (3, 346); wie zwischen thieren gevatterschaft und brüderschaft eintritt (Reinh. s. xxvii), ist in der edda alr (die ahle) bruder des knifr (kneifs) genannt (Sn. 133). hierher ziehe ich auch die anwendung der begriffe vater und mutter auf sachen (gramm. 4, 723).
Was in sprache und sage tief verwachsen ist kann der mythologie niemals fremd geblieben sein, es muß auf ihrem grund und boden eigenthümliche nahrung gesogen haben, und jene grammatische, dichterische allbelebung darf sogar in einer mythischen prosopopöie ihren ursprung suchen. Da alle einzelnen götter und göttlichen eigenschaften auf der idee eines elements, eines gestirns, einer naturerscheinung, einer kraft und tugend, einer kunst und fertigkeit, eines heils oder unheils beruhen, die sich als gegenstände heiliger anbetung geltend gemacht haben; so erlangen auch ihnen verwandte, an sich unpersönliche und abgezogne vorstellungen auf vergötterung anspruch. thieren, pflanzen, sternen, die sich auf besondere götter beziehen oder aus verwandlung entstanden sind, wird eine bestimmte persönlichkeit gebühren. Man könnte sagen, die götter des heidenthums seien überhaupt hervorgegangen aus den verschiednen personificationen, die der sinnesart und entwicklung jedes volks zunächst gelegen haben; nur daß den einzelnen gestalten durch vereinigung mehrerer eigenschaften und lang fortgetragne überlieferung höheres ansehn bereitet werden muste.
Dabei ergibt sich aber für das geschlecht ein bedeutsamer unterschied: starke, heftige kräfte und wirkungen werden vorzugsweise auf götter, milde und liebliche auf göttinnen angewandt, wodurch sich schon im allgemeinen das höhere walten jener, das geringere dieser entscheidet. dies zurücktreten und ihre anmut hat aber, wie schon einigemal gesagt worden ist, den stand der heidnischen göttinnen länger geschützt, während die strenge gewalt der götter verfolgt wurde.
In allen reichen treten beide geschlechter neben einander auf, damit aus ihrer verbindung nach menschlichem begrif neue zeugungen und verwandtschaften hervorgehn können. Da wo keine personification entschieden gedacht wird, pflegt unsere sprache das unentwickelte, unentfaltete neutrum zu gebrauchen.
Von den elementen finden wir luft und feuer mehr auf götter, wasser und erde mehr auf göttinnen bezogen, Wuotan erscheint als alldurchdringende luft, als himmel und erde durchziehendes rauschen, wie in den worten wuot (s. 109) und vôma (s. 119. 120 vgl. s. 621. 622) ermittelt ist; vielleicht darf selbst wehen mit waten, beben mit Biflindi (s. 123) in verbindung gebracht werden. der windsturm des wütenden heers erlangt dadurch seinen eigenthümlichen bezug. Günstiger wind (s. 529) hieng von Wuotan und Zeus ab, Ođinn witterte und hieß Viđrir (s. 529). Die lufterschütterung durch donner wird überall auf den höchsten gott zurück geleitet, den unser alterthum als Donar, Wuotans sohn, besonders darstellt, aber Zeus und Jupiter wieder mit dem vater identificieren; Thrymr scheint mit Thôrr identisch (s. 151). Loptr (s. 204. 525) ist ein andrer ausfluß des Ođinn. Zio und vielleicht Phol als sturmwinde (turbines) müssen auf gleiche weise angesehn werden (s. 526). Unter den göttinnen kommt in betracht die welche für windsbraut und wirbelwind gelten kann, Holda, die mit im wütenden heer ziehende, und Herodias (s. 526); man erwäge, daß auch Holda und Maria gewalt über schnee und regen zusteht (s. 222. 533. 145). erst Wikram 251a läßt eine frau luft, so wie H. Sachs aer, ignis, aqua als fräulein vorkommen. Wenn zwerge, riesen und riesinnen wind, wetter und sturm erregen (s. 525. 529. 530), treten sie als diener des höchsten gottes auf. auch Kâri stellte die luft dar.
Loki und Logi (s. 200) sind feuergötter, wol war es auch aúhns, ovan, der uns das bloße element ausdrückt (s. 523). Hludana die göttin (s. 212) könnte ihm zur seite stehn. den blitzstral schleudert Donar gleich dem slavischen Perun, doch Grom, den donner stellen die Slaven als jüngling, Munja, den blitz, als jungfrau dar (s. 148). das göttliche feuer empfängt anrede (s. 500) und heißt bani viđar (holzmörder). vielleicht darf Balder und Phol als gottheit des lichtes aufgefaßt werden (s. 188. 509. 511) und von andrer seite Ostara (s. 241). Mist (nebula) wurde als valkyrie genommen (s. 349).
Hlêr (s. 199) und Oegir (s. 196. 258) sind götter der flut, Rân ist göttin (s. 258); Geban und Gefjon (s. 198. 258) schwanken zwischen beiden geschlechtern. das fem. ahva (s. 484) und die weiblichen flußnamen (s. 499) führen auf wassergöttinnen, wozu auch das vorherschen der nixen oder meerminnen (s. 403. 404) und die weichheit des elements stimmt, doch ist Ođinn als Hnikar (s. 404) aufgeführt worden. Schnee und Reif sind männlich aufgefaßt (s. 634), aber die nord. Drîfa (der lockere triebschnee) als tochter des Snior (Yngl. saga 16).
Die Erde muste wie Terra und Tellus weiblich gedacht werden, damit sie der männliche Himmel als braut umfahen könne; auch Rinda ist göttin und Nerthus (s. 207. 208), die aber in den männlichen Niörđr über schwankt. Aus der unbestimmtheit des goth. faírguni entfaltete sich ein männliches Fiörgynn (s. 143) und weibliches Fiörgyn (s. 212); jenem entspricht Perkunas (Faírguneis) und daß götter sonst nach gebirgen heißen, vgl. ans (s. 20) und Etzel (s. 141. 142). auch Hamar, der felsstein (s. 151) leidet bezug darauf. Der cap. iv nachgewiesne waldcultus muste unmittelbar die vergötterung heiliger bäume heranführen und die meisten bäume werden weiblich gedacht; wir sahen s. 542. 543. 544, daß noch der jüngeren volksanschauung frau Hasel, frau Elhorn, frau Wachholder, frau Fichte für belebt galten. Sn. 38 werden unter den asinnen Hlîn und Gnâ als dienerinnen der Frigg genannt, Hlöck Sn. 39 unter den valkyrien, diese drei namen sollen, wie Biörn angibt, zugleich bäume bezeichnen, Hlîn scheint das nhd. leinbaum, leinahorn, lenne (acer) der ableitung s. 728 zum trotz. vgl. ags. hlîn. Sn. 128 ist noch allgemeiner ausgedrückt, warum alle weiblichen baumnamen auf frauen angewandt werden dürfen, nemlich selja bedeute sowol procuratrix als salix.
Zio scheint wie Zeus ursprünglich himmel und tag (s. 160. 161. 613) zu bezeichnen, doch unsre mythologie ist seines verhältnisses zur erde uneingedenk (s. 583). sie personificiert aber noch den Tag (s. 613) und läßt ihn von der Nacht geboren werden. allein abend und morgen, Apantrod, Tagarod (s. 624) erscheinen männlich [Fußnote]. Desto auffallender ist, daß die sonne, das große licht des tages (s. 584) weiblich, der mond männlich vorgestellt werden, zumal die sonne heftig, der mond mild leuchtet; so hohes alter dieser ansicht gebührt (s. 587), läßt dennoch die zusammenstellung des goth. sáuil, ags. segil mit dem lat. sol, gr. ήλιος ahnen, daß auch bei uns in früherer zeit ein dem verhältnis der classischen sprachen analoges bestand (s. 585) und erst allmälich davon abgewichen wurde. noch im mhd. schwankt das genus von sunne, wie umgekehrt ein lat. Lunus neben Luna vorkommt. nicht anders ist das goth. staírnô, altn. stiarna gleich stella weiblich, das ahd. sterno, alts. sterro, ags. steorra gleich αστήρ männlich, und beides rechtfertigt sich durch die personificationen einzelner gestirne.
Sommer und Winter treten bei uns männlich auf (s. 632), die lat. aestas und hiems weiblich, wozu man das gr. masc. χειμών; das slav. fem. zima halte. außer Hrede und Eástre sind alle monatsnamen männlich, und zumal der Mai vertritt den Sommer. dagegen zeigt das unbestimmte neutrum jahr die abwesenheit mythischer prosopopöie [Fußnote].
Seltner scheint sie für bloßes geräthe statthaft, eine ausnahme muß schon bei dem schwert zugestanden werden. Wie dieses eigennamen und lebendigen acc. empfieng (gramm. 3, 441), der anrede theilhaft wurde (z. b. klage 847. Wigal. 6514) und gleich den altn. helden und dem feuer bani (occisor) hieß (z. b. Hialmars bani, fornald. sög. 1, 522), schlange und natter in grif und spitze des schwerts hausen (s. 573); so fügt sich hierzu die vergötterung des kriegschwertes (s. 169. 170), auf welches ich nicht das unpersönliche neutr. swert, sondern das masc. haírus, heru, cheru bezogen habe (s. 168), dem die götternamen Eor, ’Άρης und Sahsnôt begegnen: aus dem namen des göttlichen ahnherrn giengen die volksbenennungen Cherusker, Sachsen hervor, vgl. Suardones mit Sveordveras im cod. exon. 322, 13. Gegenüber dem schwert, das männer zierte, steht aber der frauenschmuck, von dem die alte sprache ähnliche bezeichnungen entnahm, und es ist bedeutsam, daß wie durch das schwert ein hoher gott durch ihr halsgeschmeide die schönste göttin hervorgehoben wird, nach der alle weiber frauen heißen (s. 248. 254. 255). in unserm ältesten recht bildete das schwert wesentlichen theil des heergewätes [Fußnote], das halsband der frauengerade (RA. 567 ff.), und da schon in der lex Angl. et Werin. 7, 3 der ausdruck vorkommt: ›ornamenta muliebria quod rhedo dicunt‹, so fragt es sich, ob nicht eine ganz andre auslegung der ags. göttin Rheda statthaft sei als die s. 240 versucht wurde? Ostara, Eástre war göttin des aufsteigenden lichtes, Hrede vielleicht die der frauenschönheit, ein andrer name für Frouwa, Freyja, oder personification des halsgeschmeides [Fußnote]; zu der wurzel mag das ahd. hrat, ags. hräd, altn. hrađr velox, celer gehören, da sich begriffe des raschen und schönen oft verknüpfen. nicht zu übersehn ist der ausdruck radelêve für gerade (RA. 567), ahd. radoleiba (Graff 3, 855) genauer hrataleipa, wobei man denken darf an das ags. sveorda lâfe, homera lâfe (Beov. 5868. 5654), also auch an einen vorstehenden gen., so daß Hredan, Hredean lâfe ursprünglich den schmuck, die hinterlassenschaft der göttin, in welche sich nachher alle frauen theilten, bezeichnet hätte. dieser auslegung kommt eben noch manches andere zur hilfe. nicht nur kann bei den nord. skalden die frau überhaupt durch jeden schmuck, den sie trägt, benannt werden; sondern Freyja selbst, deren brust das kostbare Brîsînga men (goth. Breisiggê mani?) ziert (s. 254), wie die erdmutter das iarđar men, den erdrasen trug (s. 535), zeugte eine ihr ganz identische göttliche tochter, deren namen wiederum in den des schmuckes und zierrats übergeht. nach Sn. 37 hieß sie Hnoss, und war so schön, daß alles schmucke und köstliche hnossir genannt wurde, hnossir velga Sæm. 233b bedeutet frauengeschmeide auswählen, schenken. hnoss ist entweder von hnođa glomus, nodus (wie hlass von hlađa, sess von sitja) abzuleiten, oder einer ahd. form hnust, nust, nusc (Graff 2, 1006. 1007) an seite zu stellen; in beiden stellen berührt es sich offenbar mit bris (compages, nodus) oder nusta (ansula), nuskil (fibula), steht also jenem Brîsînga oder Brîsînga men der mutter überraschend gleich. allein anderwärts sehen wir der Freyja außer Hnoss noch eine andre tochter Gersimi beigelegt (Sn. 212. Yngl. saga cap. 13), worin nochmals dieselbe vorstellung erkennbar ist, ja dieser name geht, wie jenes rhedo, in die alten rechtsbräuche ein. gersemi (fem.) bedeutet kostbaren schmuck, cimelium (gloss. zu Grâgâs s. 26), dann auch arrha und mulcta pactitia, Östgötalag giptab. 18 hat gärsimi, Vestgötalag p. 140 görsimar, die dän. volksrechte giörsum, giorsum; selbst die ags. rechtsurkunden wiederholen den ausdruck gärsuman, gersuman niman, gersumam capere im sinne von thesaurum, cimelium (Spelmann p. 263a Ducange 3, 513), bei den dichtern habe ich ihn nicht getroffen. da ags. -sum dem ahd. -sam entspricht (gramm. 2, 574), mutmaße ich die ahd. form karosemi und erkläre sie aus karo paratus, karosemi würde bedeutet haben was wîpgarawi mundus muliebris (Graff 4, 242) und wir hätten für die gerade des deutschen rechts drei gleichbedeutende benennungen kennen gelernt: rhedo, hnoss, gersemi, welche sämtlich als Hreda, Hnoss, Gersemi persönlich gedacht und vergöttert wurden. Hierbei fällt mir noch ein, daß in der dichtung von Oswald, welche reich an mythischen bezügen ist (man erwäge Tragemund und den fast odinischen raben), eine jungfrau Spange (z. f. d. a. 2, 96. 97. 105, ver Spange 103, vor Spange 115 wie ver Hilde, ver Gaue [Fußnote]) erscheint, deutliche personification des begriffes spange (armilla), der sich für die schöne königstochter vorzüglich schickt. Solche göttinnen des weiblichen schmucks und hausgeräths dürfen auch unter den bei Lasicz s. 48. 49 angeführten litthauischen gemutmaßt werden. Nâdala, die schmiegsame (s. 204) erscheint wenigstens als ahd. eigenname bei Irmino 187a, man erwäge die s. 734 berührte persönliche fassung von alr und knîfr. Hlöck wurde s. 332 vgl. 349 aus hlancha catena gedeutet [Fußnote].
Lateinische, romanische und deutsche dichtungen des mittelalters, so viel ich sehe bereits im 12 jh., führen den würfel als ein dämonisches wesen persönlich auf; cod. monac. ol. benedictobur. 160a fol. 94 enthält folgende stelle: cum sero esset una gens lusorum, venit Decius in medio eorum et dixit ›fraus vobis! nolite cessare ludere, pro dolore enim vestro missus sum ad vos‹; fol. 97b wird der secta Decii, d. h. der würfelspieler nochmals erwähnt. andere belege liefert Ducange s. v. Decius = talus, taxillus, mit der richtigen worterklärung aus dem franz. dé, altfranz. dez, prov. dat, datz, ital. span. dado = lat. datus [Fußnote], weil man dare im spiel für edere, jacere gebrauchte. derselbe Münchner cod. bietet aber fol. 95b den gleichmerkwürdigen ausdruck dar: ›nil hic expavescimus preter Hashardi minas‹, des würfels drohen, und das auch mhd. dichtern bekannte hasehart [Fußnote] kann doch nur aus dem franz. hasart, hasard verständlich werden, dessen eigner ursprung dunkel ist, dessen allgemeinere bedeutung noch leichter an personification streift. allem diesem kommt hinzu, daß auch nach dem indischen mythus Dvâpara, ein dämon, in die würfel dringt und daß die würfel in gestalt von vögeln nahen [Fußnote] [Fußnote].
Kaum erwächst aus örtlichen begriffen eine vergötterung; umgekehrt kann die vorstellung der gottheit auf den raum übertragen werden. so gieng aus der heidnischen Hali, Hel die christliche hölle hervor. ein andres beispiel gewährt vielleicht die altn. Laufey (s. 204) und mit der idee des waldes und haines fließen göttervorstellungen zusammen.
Viel ein weiteres feld öfnet sich den personificationen unsinnlicher abstracter gegenstände; entschieden aber sehen wir auf ihm die weiblichen den männlichen vorherschen.
Die wichtigsten beispiele der letzteren scheinen mir folgende. Donar wird zugleich als vater und großvater dargestellt (s. 138. 139), auch den Lappen ist Aija, den Finnen Ukko sowol großvater als donner. Wunsch, Oski, ein name Wuotans (s. 119) bezeichnet ungefähr was die weiblichen vorstellungen Sâlida, Fruma, Χάρις ausdrücken, auch der gr. πόθος (wunsch und sehnsucht) erscheint zuweilen als Πόθος. schlagen meine deutungen von Gibika (s. 114), Gáuts (s. 19. 304. 308), Sigi (s. 22. 307) nicht fehl, so wäre es leicht auch ihnen analoge weibliche wesen an die seite zu stellen. alle diese namen standen dem höchsten gott zu, der durch schöpferische gaben beseligt, andere dem nahverwandten hehren kriegsgott: Wîg (pugna, s. 168 vgl. Graff 1, 740) und Hadu (s. 172. 184), denen sich viele weibliche wie Hilta u. s. w. vergleichen [Fußnote]. mit Yggr (s. 172) habe ich den römischen Pallor und Pavor zusammengehalten, Omi, Vôma deuten sich besser elementarisch. An Wîg und Hadu grenzt eher Tod, Dáupus (s. 702), der wiederum aus männlicher personification in weibliche übertritt, daß beide todt und hunger unmittelbar verwandt sind, zeigt unsre sprache, das goth. svults bedeutet mors, das altn. sultr fames, wie λιμός hunger, λοιμός wegraffende seuche, und die personificationen tauchen überall auf: hûngr heißt der Hel schüssel, sultr ihr messer (Sn. 33), Herbout im Renart 23362 und rom. de la rose 18097 die einbrechende hungersnoth, welchen ausdruck ich von dem ahd. namen Heribalt herleite, der Hunger fährt wie ein gewaltiger krieger durch die welt: ferid unmet grôt Hungar hêtigrim obar helido barn. Hel. 132, 8; der Hunger gie überal, breite sich in diewerlt wîte. Diut. 3, 101. die römische Fames ist weiblich, und ihre personification aus Ov. met. 8, 800 zu erkennen. Unsicher bleibt noch die s. 310 gewagte vergleichung eines mhd. Billich mit der eddischen Bil oder Bîl, deren wesen selbst unaufgehellt ist; aber daß die geschlechter wechseln, geht am sichersten aus dem neben einander auftreten identischer götter und göttinnen hervor, die sich eltern, kinder oder geschwister sind, wie Niörđr und Nerthus, Freyr und Freyja, Liber und Libera. auch Berhta ward zu Berhtolt (s. 231) [Fußnote].
Der aus sittlichen begriffen hervorgegangnen göttinnen und göttlichen frauen ist eine viel grössere schaar (s. 329). Unter vielfacher gestalt steht dem vater und großvater die göttermutter zur seite, frau Uote ist stammmutter aller heldengeschlechter (zeitschr. f. d. a. 1, 21). Holda die holde, Berhta die glänzende, Frouwa, Freyja die schöne oder frohe, Sippia, Sif die freundliche (s. 257). Folla, Fulla, Abundia, fülle des segens spendend, eher als fülle des monds bezeichnend; den Römern war Copia mit dem füllhorn heilig: aurea fruges Italiae pleno defundit Copia cornu. Horat. epist. I. 12, 28; divesque meo bona Copia cornu est. Ovid. met. 9, 85. Snotra die weise, artige Sn. 38; das adj. lebt in der sprache, goth. snutrs, ags. snotor, altn. snotr, prudens, callidus, eigentlich emunctae naris, ahd. form wäre snozar, wofür aber auch noch snotar zu gelten scheint (Graff 6, 845). jede kluge, verständige frau kann snotra genannt werden. Drei asinnen als schützende, hülende wesen, im sinn der römischen Tutela, werden Sn. 38 angeführt: Vör, ahd. zu vermuten Wara, die wahrende, gewahrende, welcher nichts verborgen bleibt; Syn, die des thüreingangs hütet, womit ich das goth. sunja veritas, sunjôns (nicht sunjô, wie s. 257 irrig steht) defensio und das aus unserm ältesten recht bekannte sunnis excusatio zusammenstelle, so daß die bedeutung abwehr, vertheidigung zu sein scheint; Hlîn, die von Frigg allen in gefahr schwebenden männern zum schutz gesetzt ist, von hlîna tueri, fovere [Fußnote]. Auch Hali, Halja ist eine bergende, hehlende, in den schoß der unterwelt aufnehmende, ursprünglich gütige gottheit.
Nach den wiederkehrenden redensarten: ›was im thiu fruma gibidig‹ Hel. 110, 2. 130, 13; ›thiu fruma ist hiar irougit‹ O. 1. 15, 32; ›thaz in thiu fruma queman was‹ O. I. 16, 17; ›sô quimit thir fruma in henti‹ O. I. 18, 42; ›nu uns thiu fruma irreimti‹ O. II. 14, 120; sollte man glauben, daß diesem fruma (lucrum, utilitas) ein früheres persönliches Fruma unterläge, zumal das alts. gibidig, gibidi, ags. gifeđe (datus, concessus) von höheren gaben des geschicks zu stehen pflegt: tir gifeđe (gloria concessa) Jud. 136, 5; eád gifeđe (opes concessae) [Fußnote]. ähnlich jenem ›thiu fruma uns irreimta‹ heißt es ›thên thiu sâlida gireim‹ O. I. 3, 17, girîman ist wieder ein höheres zu theil werden, und O. III. 9, 11. 12 werden verbunden: ›fruma thana fuarta, sâlida inti heilî‹. sâlida kommt gleich der fruma in henti, zu handen. von den unbezweifelbaren personificationen der Sâlida wurde s. 720 ff. gehandelt.
Auf eine siegverleihende walküre würde der ahd. name Sigukepa gerecht sein, wie die nord. Victoria oder Νίκη Sigrdrîfa (s. 361) heißt, drîfa die treibende, und Drîfa war mit fug einer göttin des schneesturms beigelegt, weil pfeile und geschoße im drang der schlacht gleich schneeflocken fliegen [Fußnote], Holda die flocken, Wuotan die pfeile entsendet. Bellona war uns Hiltia und Kundia (s. 350).
Außer diesen göttlichen oder doch höheren wesen, von denen glanz, licht, schutz und rettung, fülle der gaben, namentlich des siegs ausgieng, gab es noch andere, die als personificationen einzelner tugenden gedacht wurden; wie sich die gottheit leiblich in besondere gewalten spaltete, erschienen auch ihre geistigen eigenschaften gleichsam in strahlen vertheilt, um dem menschengeschlecht vorzuleuchten. ehre, liebe, treue, milde, scham, mäßigkeit, erbarmen nehmen aber wiederum die gestalt von göttinnen an sich, weil das volk von altersher gewohnt war alles holde und schöne auf frauen zu übertragen [Fußnote]
O. III. 9, 11 heißt es: sô wer sô nan biruarta, er fruma thana fuarta, wie man sagt: die braut davon führen. frum und êre. Haupts zeitschr. 7, 343. 349. schön legt Cervantes D. Quij. 1. cap. 11 der hofnung bei, daß sie den saum ihres kleides zeige: la esperanza muestra la orilla de su vestido. Die ahd. Otikepa, MB. 13, 44. 46. 51 Otegebe, Outgebe vgl. mit Borggabe (anm. 703).
Wenn wir nhd. sagen: er ist die güte, die tugend selbst, beruht das auch auf personification. franz. vous êtes la bonté même. avec la biauté fu largesce sa suer et honors sa cousine. Guitecl. 1, 116.
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Es wird angenommen, daß jenen weisen frauen des heidenthums gleich (s. 329. 348) die tugenden sich ihre günstlinge auserlesen und mit ihnen hausen und verkehren. erzürnt oder verletzt sie ein frevel, so brechen sie auf und kehren in die himmlische wohnung, aus der sie abstammen, zurück. auch hierin sind sie den schwanfrauen ähnlich, die nach langem verweilen unter den menschen plötzlich in ihre bessere heimat entfliegen (s. 357).
Solche vorstellungen müssen hoch hinauf reichen und weit verbreitet sein. Hesiod έργα 198–200 meldet, daß Αιδώς und Νέμεσις (Scham und Scheu) in weißes gewand sich hüllend (mit dem schwanhemde angethan) von den menschen hinweg zu den ewigen göttern gegangen seien. so pflegen wir noch heute zu sagen: Wahrheit und Treu sind aus dem land gezogen; ein chronist des 14 jh. schreibt: ›tunc enim pax in exilium migravit‹. (Böhmers fontes 1, 2.) Kl. 1575: ›ja enwil mîn vrowe Ere belîben in dem rîche, sîd alsô jæmerlîche die êre tragende sint gelegen. wer solt si denne widerwegen, swenn ir geswîchet diu kraft? des het gar die meisterschaft mîn lieber vater Rüedegêr. vrowe Ere diu wirt nimmer mêr mit solchem wunsche getragen als er sie truoc bî sînen tagen‹. der held, dem sich frau Ehre angeschlossen hatte, verstand sich darauf ihr das gegengewicht zu halten, sie zu stützen und aufrecht zu tragen; durch seinen tod wird auch ihre kraft gebrochen: ihres bleibens ist nicht länger. Nithart 135 gedenkt eines weiblichen wesens Vrômuot auf eine weise, die lebendige person ausschließt, es muß dabei etwas mythisches im hinterhalte liegen. Hiltrât und andre jungfrauen mehr sollen sich zum tanze sammeln, mit ihnen soll Frômuot fahren, ›diu ist ir aller wîsel‹. sie brachten ihr geleite, sie kam zur frühlingszeit ins land gezogen, aber nachher wird sie vermist, sie ist aus Österreich entronnen, wahrscheinlich weil man sie nicht in ehren gehalten hatte. der dichter schließt das lied mit dem ausruf: könnte man sie wieder gewinnen, man sollte sie auf händen tragen! wie gefeierte wesen (könige, bräute) empor gehoben und herum getragen werden; an ein solches umtragen läßt auch die stelle von Rüdiger denken. In dem andern liede heißt es, Frômuot fahre traurig von land zu lande, fröhliche menschen aufzusuchen; wer ist nun seiner freude, seines glücks so sicher, daß er ihr boten senden dürfe? wol keiner als fürst Friderich, an dessen hof möge sie einkehren. Freude und frohsinn sind aus dem reich gewichen, frômüete, ahd. frawamuati, alts. frômôd (Hel. 35, 1) bedeuten frohsinnig, Frômuot erscheint aber auch als weiblicher eigenname (Graff 2, 699), den auch Sigeminnes dienstfrau in Wolfd. 673. 675–77. 719 trägt, und die personification kann ihren alten grund haben [Fußnote]. In einem gedicht aus dem beginn des 15 jh. (z. f. d. a. 1, 424) sagt frau Gerechtigkeit mit ihren gefährtinnen: ›nu werde ich in ein ander lant virtriben und gar virstoßen‹, ›wir han genommen alle die flucht und werden uß dem lande virjagit‹. Helbl. 7, 61 läßt Wârheit und Triuwe aus dem lande fahren, eigenthümlich ist aber was er von der Wârheit weiter erzählt, wie sie in einen pfaffen gefahren sei, sich in seine wange geschmiegt, zuletzt aber bei öfnung seines mundes ihn wieder verlassen habe 7, 65–102. 7, 751 werden untugenden aufgefordert in den richter zu sliefen. beide tugenden und untugenden kehren also gleich dem daemon in menschen ein und weichen wieder von ihnen. Solche vorstellungen lagen aber nah und schon ältere dichter lassen namentlich die Minne in das herz des menschen einkehren, es besetzen, z. b. Ms. 1, 26b: ›ach süeze Minne, füege dich in ihr herze und gib ir minnen muot!‹ Nicht zu übersehen ist Ms. 2, 260a die naive frage der tochter an die mutter: ›nu sage mir ob diu Minne lebe und hie bî uns ûf erde sî, ald ob uns in den lüften swebe?‹ sie weiß also von höheren wesen, die sie sich in der luft hausend denkt, wie die heidnischen walküren in der luft fuhren. der mutter antwort redet von Venus: ›si vert unsihtic als ein geist, si en hât niht ruowe naht noch tac‹, vgl. s. 377.
Gute frau 576: ›dô kam vrou Sælde und Ere, die wurden sîne geverten, die in sît dicke ernerten von aller slahte swære‹; 611: ›im enschatte ouch niht sêre, daz vrou Sælde und vrou Ere sich sîn unterwunden, dô sin ûf der strâze vunden. vrou Sælde lôste im diu pfant, dar nâch versatzte si ze hant vrou Ere aber vürbaz‹. Dietr. 49: ›des hete diu Ere zuo im fluht, durch daz er ir sô schône pflac‹. 105: ›daz er die Ere het ze hûs‹. Ms. 2, 174a: ›vrô Ere kumt mit im gerant‹. Wartb. kr. cod. jen. 112: ›ver Triuwe nam an sich die Scham, sam tete diu Zuht, diu Kiusche, Milte und Ere alsam, si jâhen daz ir aller vriedel wære der vürste dâ ûz Düringe lant‹; aus den vorhergehenden strophen erhellt, daß frau Treue die fünf andern frauen anführt und leitet [Fußnote]
Aller Freuden füeze kêren in den hellegrunt. warn. 1206. gewunnen si der Fröiden stap. Dietr. drachenk. 200b. diu mac mir wol ze Froeiden hûse geschragen (var. mich wol ze Fr. h. geladen). MS. 1, 9a. vgl. Froeiden tor (anm. 2252). Krutschina der kummer springt aus dem ofen. Dietr. russ. märch. no. 9. Die auf händen getragene Fromuot erinnert an die levatio imperatoris et novae nuptae. RA. 433. Fromutloh, cum feris ibi nutritis, also ein thiergarten. Dronke trad. fuld. s. 63. Haupt im Neidh. 135 sieht in Fromuot bloß Frohsinn. Gherechticheit, die sware was, vlo tachterst. Rose 5143. vgl. Frauenlobs gedicht von der Gerechtigkeit. Haupts zeitschr. 6, 29. Minne, Trouwe es ghevloen. Rose 5141. diu Triwe ist erslagen. tôdes gehugde 268. Treu ein wildbret. Schweinichen 1, 13. ver Triuwe, ver Wârheit. Helbl. 7, 38. der Triuwen klûse. Engelh. 6295. der Triuwen bote. das. 6332. in Triuwen pflege. Winsbekin 8, 8. vgl. der Zühte sal. das. 8, 7. die h. Getruwe und Kümmernis. Mone 7, 581–584. nieman wil die Warheit herbergen. Müllenhoff no. 210. Pax terras ingreditur habitu venusto. archipoeta IX. 29, 3.
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Ungeschickt ist es von Otfried, der IV. 29 Karitas im sinn einer heidnischen norn die tunica des heilands [Fußnote] hatte spinnen und weben lassen, daß er ihr V. 23, 125 fridu und reht, zwei unweibliche vorstellungen zu schwestern gibt: die lateinischen Caritas, Pax und Justitia würden das mit der parzen füglicher versehn, ihnen eine deutsche Sippa und Rehtî entsprochen haben: besser weiß sich N. Cap. 133 zu helfen, wenn er Concordia, Fides, Pudicitia durch Gemeinmuoti, Triwa, Chiuski verdeutscht. Mit diesen beispielen zeige ich, wie geläufig schon im 9. 10 jh. solche personificationen waren; nicht erst von mhd. dichtern brauchen sie erfunden oder eingeführt zu sein.
Schon das ahd. minna (s. 48) konnte nicht allein caritas sondern auch amor und cupido bedeuten, es gibt keinen anstoss, daß bei Veldek Lavinia und Eneas die Venus als Minne anreden (En. 10083. 10948), bei Hartmann, Wolfram, Walther tritt frou Minne leibhaft auf (Iw. 1537. 1638. Parz. 288, 4. 30. 291–295. Walth. 14, 10. 40, 26. 55, 16) und Hartmann, der überhaupt gern gespräche knüpft, redet mit ihr Iw. 2971 ff., was in der guten frau 328. 346. 380 nachahmung findet. frowe Mâze erscheint bei Walth. 46, 33; frou Witze Parz. 288, 14. 295, 8; für frou Sælde sind s. 720. 721 für frou Ere s. 742. 743 beispiele mitgetheilt. Gotfried und Conrad bringen solche personificationen sparsamer an, doch schneidet Trist. 10929 diu Mâze ein gewand und 10900 geht die schöne stelle von Isotens gestalt vorher: ›als si diu Minne dræte ir selber zeime vederspil, dem Wunsche zeinem endezil, dâ für er niemer komen kan‹, Venus hatte sie sich zum spielwerk geschaffen, der Wunsch selbst konnte sie nicht übertreffen. Trist. 4807 diu gotinne Minne Parz. 291, 17 auch einmal frou Liebe neben frou Minne. frou Ere häufig bei Frauenlob: ›dâ hât vrou Ere ir wünschelruot‹ 41, 18; ›vroun Eren diener‹ 134, 18; ›vroun Eren bote‹ 194, 8; sie schliefst ›unwîp‹ aus ihrer burg (vesten) aus, 274, 18; ›vroun Eren straze‹ 384, 9. 385, 11 [Fußnote]
Vrô Minne MS. 1, 16a. nu sage mir, ob diu Minne lebe und hie bî uns ûf erde si, od ob uns in den lüften swebe? Winsbekin 34, 8. der Minnen bode. Partenop. 80. 84. 86. 101. der Minnen kraft. Ulr. v. Lichtenst. 35, 15. diu Minne stiez ûf in ir krefte rîs. Parz. 290, 30. der Minnen stricke. MS. 1, 61a. Minne und Wîsheit. Flore 3740 ff. frau Minne erscheint als der liebe schulmeisterin, mit einer rute (einem tosten) in der hand, zwein jungfrauen und gibt der einen streiche. Hätzl. 165. eine frau erscheint als hofmeisterin der Minne. das. 159a. sollte Lichtensteins zug als königin Venus durch das land mit mythischem brauch zusammenhängen? vgl. s. 214. Vrou Mate is ên edel vorstinne. Potter 1, 1870. Mâz aller tugende vrouwe. Pantal. 120. Maezicheit bint ûf die spen (bindet die brüste zurück, gebt nicht dem kind zu viel zu saugen?) Suchenw. XL, 144. Zuht, Mâze, Bescheidenheit. Mai 176, 13. Zucht und Schame stânt an der porte und huotent. Haupts zeitschr. 2, 229. ze hant begreif sie diu Scham. anegenge 17, 31. 18, 22. diu Riuwe was sîn frouwe. Parz. 80, 8. der Riwe tor. das. 649, 28. diu Vuoge, Füegel (s. 258). Geo. 5716 ff. wird eine wunderburg geschildert, der die Tugent pflag und deren acht allegorisch benannte kammern die Sælde gemalt hatte.
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Im 14. 15 jh. nehmen diese vorstellungen überhand und arten in bloße allegorien aus, d. h. die fräulichen tugenden werden nicht mehr einzeln in andere dichtungen zur verstärkung des eindrucks an rechter stelle, aufgeführt, sondern zum gewebe der ganzen fabel, mindestens umständlicher einleitungen und anfänge verwandt. Und doch ist nicht zu miskennen, daß in dergleichen fast allgemein hergebrachten eingängen, die noch Hans Sachs außerordentlich liebt. zuweilen sinnige und glückliche gedanken walten, denen auch ihre mythische bedeutsamkeit gelassen werden muß. allmälich waren alle poetischen behelfe so abgenutzt, die dichtkunst aller einheimischen hebel so entblößt, daß ihr kein andres mittel übrig blieb; unsere mythologie wird darauf zu achten und in einzelnen zügen nachzuckende gestalten selbst der heidnischen zeit zu erkennen haben. Wenn der dichter sich in waldes einöde verirrt und am rauschenden brunnen auf ein klagendes frauenbild stößt, die ihm rath und bescheid ertheilt, was ist sie anders als eine erscheinende wünschelfrau oder walküre, die dem helden am waldquell begegnet und einen bund mit ihm schließt? auch das, daß oft noch zwerge oder riesen als diener dieser wilden frauen dazwischen treten und auf engem pfad zu ihrem aufenthalt geleiten, scheint unerdichtet und im früheren alterthum begründet.
Aus vielen beispielen seien hier nur einige ausgehoben. Ms. 2, 136b: ›ich kam geriten ûf ein velt vür einen grüenen walt, dâ vant ich ein vil schœn gezelt, dar under saz diu Triuwe, si wand ir hende, si bôt ir leit, si schrê vil lûte . . . mîn schar ist worden al ze kleine‹, cod. berol. 284 fol. 57. 58: im grünen walde an einer steinwand hauset die Tugend, auf einem hohen felsen, daneben frau Ere, ihre schwester; bei der Ere finden sich Treue, Milde, Demut, Mannheit, Warheit und Stäte und klagen den tod eines grafen von Holland. Ls. 1, 375 ein liebliches märchen: den dichter weckt eines maimorgens ein heftiger schrei aus dem schlaf, er springt auf, geht in den wald und klimmt über jähe felsen, bis er oben in wonnigliches blumenreiches thal gelangt und im dichtverwachsnen hain ein kleines wichtel ersieht, das ihn ausschilt und für die seiner frau zertretnen rosen (wie Laurin) pfänden will. doch läßt es sich hernach beschwichtigen und erzählt ihm, daß hier auf einer unersteigbaren feste frau Ehre mit fünf jungfrauen ihres gesindes wohne, welche Adeltrût, Schamigunt, Zuhtliebe, Tugenthilt und Mâzeburc (die alten Hiltia, Gundia, Drût s. 350) heißen. Ls. 3, 83: eine frau verirrt sich auf einer betfahrt in dem waldgebirge und findet ein blaues häuslein, in dem eine blaugekleidete uralte frau sitzt, von der sie freundlich empfangen wird. das mütterchen nennt sich die alte Minne und trägt noch die farbe der treue, jetzt sei es aus der welt verdrängt. dann wandert die pilgerin zu dem zelt der jungen Minne, die gleich ihrer gespielin der Wankelmut (welcher name an jene Frohmut gemahnt) gewürfelt gekleidet und geschäftig ist, männer und frauen in ein buch zu schreiben (wie die parze und wurd s. 336) und den neuen weltbrauch verkündet. zuletzt erklärt die alte Minne, einst hoffe sie wieder unter den leuten zu erscheinen um die falsche Minne vor ofnem gericht zu belangen. MsH. 3, 437a stellt ein lied dar, wie frau Ere zu gericht sitzt, Treue, Milde und Mannheit zur rechten, Scham, Zucht und Maße zur linken. P. Suchenwirt XXIV: der dichter gelangt auf engem pfade in einen großen wald, wo ein hohes gebirg auf zu den wolken stieg: bei einer höle begegnet ihm ein zwerg, von dem er auskunft über ein gericht erhält, dem in dieser gegend frau Stäte und Gerechtigkeit vorsitzen werden. er verfolgt den weg und nahet dem gestühl, vor welchem er die klagende Minne, gefolgt von Maße, Zucht, Scham und Bescheidenheit erscheinen sieht und ihren handel vortragen und entscheiden hört; des lauschenden aber gewahrt frau Minne. H. Sachs I, 273b: zur maizeit tief im wald, auf hohem verwachsnem stein begegnet dem dichter ein rauhes holzweib, das ihn zum thurm der frau Mildigkeit geleitet und ihn dessen gemächer beschauen läßt, zuletzt aber vor die hohe frau selbst führt, von welcher er beschenkt wird. Die felsenwohnung im waldgebirg scheint allen diesen erzählungen beinahe wesentlich, es sind die burgtrümmer in denen die weiße frau erscheint, es ist der thurm der Veleda, Menglöđ, Brunhild (s. 78). Lassen sich die gefährtinnen oder gespielinnen, von welchen frau Ehre, gleichsam die höchste tugend von den niederen geleitet wird, zurückführen auf ein gefolge von priesterinnen und dienenden jungfrauen aus der heidnischen zeit? auf walküren und botinnen einer göttin? sogar namentlich kann frau Era, Aiza (s. 343) hoch hinauf reichen und in jener erzählung Suchenwirts XXIV, 68 ertönt die bedeutsame lehre ›êre all frouwen fîn!‹ (s. 329) [Fußnote].
Als gegensatz treten auch untugenden personificiert auf, doch viel sparsamer und schwächer, weil unser alterthum insgemein auf keinen dualismus ausgeht und für alle höheren wesen die vorstellung des guten überwiegt. auch erscheinen bösartige dämone lieber männlich gedacht, wie zorn, haß, neid, obschon im lat. ira und invidia weiblich sind, odium neutral gehalten wird, wie bei uns das laster allgemein gegenüber der weiblichen tugend. mir fällt auf, daß sich keine personification des christlichen begrifs der sünde bei mhd. dichtern findet, da doch das wort selbst jener heidnischen Sunja (s. 257) verwandt sein könnte, insofern aus apologie und negation fehler und sünde hervorgeht; die vorstellung der schreienden sünden, der todsünden ist biblisch. auch keine schuld (causa, debitum, crimen) tritt in person auf und ihre uralte rolle (s. 336) scheint ganz vergessen; eher wird die Schande (dedecus) zur personification neigen. Kaum aber werden unêre, unmilde, unstæte persönlich aufgeführt, bloß Untriuwe begegnet bei Frauenlob 253, 5. 14; frou Unfuoge wurde anm. 797 nachgewiesen, enthält aber vielleicht die Gefuoge ursprünglich einen sinnlichen begrif, so fällt auch jene nicht in die reihe der untugenden, sondern bezeichnet wie Unsælde (s. 731) die abwesenheit eines zustandes. In der bible Guiot (Méon 2, 344) stehn den drei jungfrauen Charité, Vérité und Droiture drei häßliche alte Traïson, Ypocrisie und Simonie entgegen; die tugend wird immer schön und göttlich, das laster häßlich und teuflisch dargestellt [Fußnote].
Von hohem alter ist die personification des ausgehenden gerüchtes. es lag nahe, daß man es sich als göttlichen boten dachte, der durch die lüfte entsandt wurde, um allem geschehenden zu lauschen und davon kunde den höchsten göttern zu tragen, die alles wissen müssen. Den Griechen hieß ’Όσσα (der schall, laut) Διὸς άγγελος Il. 2, 93; όσσα εκ Διὸς Od. 2, 282,
’Όσσα δ'άρ άγγελος ω̃κα κατὰ πτόλιν ώχετο πάντη.   Od. 24, 413.
 
ein andrer ausdruck ist Φήμη, dor. Φάμα, der nach Pausan. I. 17, 1 wie dem ’Έλεος, der Αιδώς und ‛Ορμή ein altar in Athen errichtet war; das wort ist mit φηί, φη̃μις wie das lat. fama mit fari und famen (in effamen) verwandt, ich hätte lust das ags. bême tuba dazu zu nehmen und diese schreibung der gewöhnlichen bŷme vorzuziehen. Da sonst in der edda dieser Fama nichts entspräche, darf ihr vielleicht die göttin Gnâ verglichen werden, nach Sn. 38 entsendet sie Frigg ›at eirindum sînum‹ in alle welttheile, sie reitet durch luft und meer auf einem pferd namens Hôfvarpnir (hufwerfend), weder fliegen noch fahren will sie, sondern durch die luft gehn, und von allem hochfahrenden gebraucht man den ausdruck gnæfa: auch Gotfried stellt in einem liede gnaben neben fliegen, fliezen, traben und kriechen. Hôfvarpnir kann geflügelt gewesen sein [Fußnote], den Griechen und Römern war aber Fama selbst geflügelt und dies scheint mir aus der vorstellung eines vogels zu entspringen, der als göttlicher bote nachrichten trug: ›ex ipsa caede volucrem nuntium mittere‹ Cic. pro Roscio 36 bezeichnet nichts als die schnellste meldung, vgl. Pertz 2, 578 ›subito venit nuntius pennigero volatu‹. In unsern volksliedern thun vögel botendienste (s. 559) und Ođinn hat sich zwei raben zu eignen boten erwählt; ihr amt durfte aber auch göttlichen wesen zweiten ranges übertragen werden, wie Zeus Iris und Ossa sendet und der begrif der engel unmittelbar aus dem der boten entstanden ist. Virgils berühmte schilderung der anfangs kleinen, dann aber schnell zu ungeheurer größe wachsenden Fama (Aen. 4, 173–187) mit zahllosen federn, augen, ohren und münden scheint fast aus dem bilde eines flück werdenden vogels entsprungen, wenigstens drückt sich der s. Galler mönch bei Pertz 2, 742 so aus: ›cum fama de minima meisa (oben s. 569) super aquilarum magnitudinem excresceret‹ und es heißt ›daz mære do vedere gewan, wîten fuor ez ze gazzen‹ Mar. 144; ›alsus flouk Morgânes tôt (d. h. die kunde davon) als ob er flücke wære‹. Trist. 5483: ›ein bœse mære wirt gar schiere vlücke‹. Renn. 18210. Veldeck aber, wo man nachahmung der virgilischen stelle erwartet hätte, sagt bloß: ›dô daz mære ûf brach‹, ›ûz quam‹, ›ûz spranc‹ En. 1903. 1916. 1997 ohne ihm flügel zu leihen, wiewol er es wachsen läßt: ›daz mæere wahsen began‹ 9185. 12575, vgl. Geo. 521 ›diu mære in der stunde (illico) wuohsen‹. Diese vorstellung des fluges genügt den meisten übrigen dichtern: ›leidiu niumâre, diu nu fliegent in diu lant‹. pf. Chuonr. 7544: ›daz mære flouc dô wîten‹ Mar. 45; ›dô daz mære chom geflogen‹. Mar. 214; ›dô flugen disiu mære von lande ze lande‹. Nib. 1362, 2; ›dô flugen diu mære von schare baz ze schar‹. Nib. 1530, 1; ›ob diz mære iht verre flüge?‹ Wh. 170, 20; ›diu mære flugen über daz velt‹. Wigal. 2930; ›sô daz mære ie verrer vliuget, sô man ie mer geliuget‹. Freid. 136, 3; ›mære vliegent in diu lant‹. Karl 116a [Fußnote]; auch mnl. dichter lassen die niemare (fem.) fliegen: ›niemare ghevloghen‹ Florîs 358, oft aber, wie Veldeck in jener stelle, einem aufgejagten wilde gleich laufen oder springen: ›die niemare liep‹ Florîs 173; ›die niemare sal lopen‹ das. 1295; und hierzu stimmt das dän. ›det springer nu saa vide‹ DV. 1, 63, vielleicht das ags. ›blæd vîde sprang‹ Beov. 36, wenn hier blæd (sonst flatus, ahd. plât) für fama genommen werden darf. in einer oben s. 63 ausgehobnen stelle wird fama gehend und ›gressus suos retorquens‹ gedacht. So lebendig nun diese auffassungen sind, liegt ihnen doch keine personification zum grunde, wie schon das unbestimmte neutrum mære, ahd. mâri zu erkennen gibt; das ahd. mârida, goth. mêriþa (usiddja mêriþa is, εξη̃λθε η ακοὴ αυτου̃ Marc. 1, 28) würde sich ihr eher gefügt haben, mhd. war aber mærde außer gebrauch, lat. wurde unbedenklich fama beibehalten, z. b. bei Helmold 1, 65: ›interim volat haec fama per universam Saxoniam‹. Hartmann personificiert Er. 2515 frowe Melde, ein dän. dichter des 17 jh. Tybo nennt sie dichterischer Fygomby (aestuans per terram, von fyge, altn. fiuka) und gibt ihr einen fiedreham. Nyerup digtek. 2, 185. Ovid met. 12, 30 ff. legt der Fama ein haus mit zahllosen zugängen bei und dies ahmt Conrad Troj. 179c 180a umständlich nach, stellt aber einen männlichen Liumet, ahd. hliumunt, nhd. leumund auf (gramm. 2, 343. Graff 4, 1100), der mit seinem gesinde gefiedert ist und ausfliegt, und mehr die auflauschende fama bezeichnet, vgl. goth. hliuma auris und Liumending für Favor N. Cap. 51. solchen männlichen wesen mag der lat. rumor an die seite gesetzt werden, von welchem es Isengr. 13 heißt: ›Rumor per saltus et arva tonans‹; oder der altn. qvittr: ›sâ kvîttr flô î bygđum‹. fornm. sög. 9, 237 [Fußnote]. 

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